Beauftragung eines Steuerberaters: Warum der Steuerberater nicht immer vor Strafe schützt!
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Stellen Sie sich vor, Sie haben die steuerlichen Unterlagen Ihrem Steuerberater gegeben und vertrauen darauf, dass die Steuererklärung korrekt ist. Plötzlich wirft das Finanzamt Ihnen ein Steuervergehen (z. B. Steuerhinterziehung) vor, weil eine falsche Erklärung eingereicht wurde. Kann man dann zur eigenen Entlastung einfach auf den Steuerberater verweisen? In diesem Beitrag erfahren Sie, wann ein Steuerberater strafrechtlich entlasten kann – und wo die Grenzen liegen.
Darf man dem Steuerberater blind vertrauen?
Wie so oft in der Juristerei lautet die Antwort: Es kommt darauf an. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung darf ein Steuerpflichtiger im Regelfall darauf vertrauen, dass der beauftragte Steuerberater die Steuererklärung richtig und vollständig erstellt (BFH vom 29. Oktober 2013 – VII R 27/10). Eine Pflicht, jede Zahl und jeden Steuerfachbegriff der Erklärung nachzuprüfen, besteht für den Laien nicht (BFH vom 29. Oktober 2013 – VII R 27/10).
Voraussetzung für den Vertrauensschutz ist v. a., dass:
- Sie Ihrem Steuerberater alle erforderlichen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung gestellt haben.
- Der Steuerberater auch für die betreffende Steuerart/Leistung beauftragt wurde (z. B. für Einkommensteuer, aber nicht für Schenkungen).
- Der Steuerberater ausreichend qualifiziert für Ihre Situation ist
Beispiel aus der Praxis: Ein ursprünglich kleines Handwerksunternehmen mit 5 Mitarbeitern und einfacher Buchführung wächst innerhalb weniger Jahre auf 50 Mitarbeiter, expandiert ins Ausland, gründet Tochtergesellschaften und hat plötzlich komplexe Verrechnungspreise und internationale Steuergestaltungen zu beachten – hier reicht der bisherige (Einzel) Steuerberater gegebenenfalls nicht mehr aus. - Es keine vorherigen Fehler oder Auffälligkeiten beim selben Steuerberater gab.
Mit anderen Worten: Sie müssen nicht schlauer sein als Ihr Steuerberater. In der Regel beauftragen Sie einen Steuerberater ja gerade deshalb, weil es Ihnen an der nötigen Expertise der komplexen Materie fehlt. Haben Sie daher alle Belege und Angaben ordnungsgemäß übergeben, kann Ihnen ein Fehler des Beraters in der Regel nicht als vorsätzliches Handeln zugerechnet werden.
Die Grenze des Vertrauensschutzes ist jedoch erreicht, wenn Sie es für möglich halten, dass die Steuererklärung fehlerhaft ist, und dennoch bewusst darüber hinwegsehen. In diesem Fall kann ihr Verhalten als vorsätzliches Handeln gewertet werden (BGH vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11; BGH vom 10. Januar 2019 – 1 StR 347/18).
Grenzen der strafrechtlichen Entlastung
Trotz der grundsätzlichen strafrechtlich entlastenden Wirkung des Steuerberaters bietet dieser keine Garantie gegen Strafverfolgung. Blindes Vertrauen bis zur „groben Blindheit oder Ignoranz" ist gefährlich. In der Praxis bedeutet das:
Offensichtliche Unstimmigkeiten in Ihrer Steuererklärung dürfen Sie nicht einfach übergehen. Beispiele hierfür sind:
- Wenn Ihnen Ihr Einkommen in der Erklärung viel zu niedrig erscheint.
- Wenn wichtige Steuerposten fehlen.
- Wenn ohne erkennbaren Grund wesentliche steuerliche Parameter stark abweichen.
Beispiel aus der Praxis: Wenn Sie als Unternehmer in den letzten drei Jahren stets Steuernachzahlungen zwischen 40.000 € und 60.000 € hatten und plötzlich ohne wesentliche Änderung Ihrer Geschäftstätigkeit oder gesetzlicher Neuerungen eine Steuererstattung von 200.000 € in der Erklärung ausgewiesen wird.
In diesen Fällen ist es erforderlich, den Steuerberater aktiv auf die Unstimmigkeiten aufmerksam zu machen und diesen nachzugehen. Wer (offensichtliche) Warnsignale ignoriert, kann sich im Ernstfall nicht mit dem pauschalen Verweis auf den Steuerberater entlasten.
Häufig besteht zudem die Fehlvorstellung, der Steuerberater sei allein für die fristgerechte Abgabe der Steuererklärung verantwortlich. Tatsächlich trägt jedoch der Steuerpflichtige die letztendliche Verantwortung für die Einhaltung der Fristen. Bloßes Vertrauen darauf, dass der Steuerberater dies im Blick hat, entbindet nicht von dieser Pflicht, insbesondere, wenn die Frist deutlich überschritten ist. Im Zweifel sollten Sie aktiv beim Steuerberater nachfragen, ob die Frist eingehalten wird oder ob eine Fristverlängerung beantragt werden kann. Dies sollte aus Beweiszwecken möglichst schriftlich (z. B. per E-Mail) erfolgen.
Pflichten des Mandanten: Mitwirkung und Kontrolle
Wichtig ist daher zu verstehen, welche Pflichten trotz Beauftragung eines Beraters beim Mandanten verbleiben:
- Vollständige und wahrheitsgemäße Angaben: Sie müssen für vollständige und wahrheitsgemäße Angaben sorgen – kein Steuerberater kann zaubern, wenn Daten fehlen oder falsch sind. Geben Sie Ihrem Berater alle Unterlagen, Belege und Informationen lückenlos. Kommen Rückfragen vom Steuerberater, beantworten Sie sie ehrlich und präzise.
- Plausibilitätsprüfung: Sie müssen die fertige Steuererklärung plausibilisieren. Sie müssen keine Detailprüfung machen, aber prüfen Sie die Plausibilität: Stimmen die Grunddaten (Einnahmen, Ausgaben, Gewinne) ungefähr mit Ihren Erwartungen überein? Fallen Ihnen auffällige Abweichungen oder Ihnen unbekannte Angaben auf? Wenn Sie Angaben gar nicht verstehen, fragen Sie im Zweifel nach.
Diese Erkundigungspflicht stellt sicher, dass Sie nach bestem Wissen und Gewissen unterschreiben. Sie erklären mit Ihrer Unterschrift nämlich, dass die Angaben nach Ihrer Kenntnis richtig sind – nicht, dass Sie persönlich jede steuerliche Feinheit geprüft haben.
Solange Sie nach bestem Wissen handeln, dürfen Sie sich auf Ihren Berater verlassen. Aber Sie bleiben formell Verantwortlicher gegenüber dem Finanzamt, gerade weil Sie die Erklärung unterschreiben. Deshalb: Mitdenken und Nachfragen, wenn etwas offenkundig nicht passt.
Fazit: Der Steuerberater hilft – ersetzt aber nicht Ihre Wachsamkeit
Ein guter Steuerberater ist ein wichtiger Verbündeter und kann Sie in vielen Fällen strafrechtlich entlasten, wenn bei der Steuer etwas schiefgeht. Haben Sie alle Pflichten erfüllt und keine Warnsignale übersehen, wird man Ihnen in aller Regel keine Vorsatzhandlung vorwerfen können.
Unser Tipp: Sobald sich Probleme andeuten – etwa Unstimmigkeiten in der Steuererklärung oder sogar ein Anhörungsschreiben der Steuerfahndung – wenden Sie sich frühzeitig an uns. Als erfahrene Kanzlei für Steuerstrafrecht beraten und verteidigen wir Sie, bevor es kritisch wird.
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