Befristete Arbeitsverträge mit Sachgrund – Was Arbeitgeber beachten und Arbeitnehmer wissen sollten

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Befristete Arbeitsverträge finden bei Arbeitgebern große Beliebtheit: Ob im öffentlichen Dienst, z. B. der Bundesagentur für Arbeit, Deutschen Rentenversicherung, Krankenkassen, Berufsgenossenschaften oder in Krankenhäusern. Das Bundesarbeitsgericht hat nun klare Grenzen für befristete Arbeitsverträge aufgestellt.

Problemfall: Kettenbefristung

Grundsätzlich ist es rechtlich zulässig, einen befristeten Arbeitsvertrag bei Vorliegen eines Sachgrundes mehrfach abzuschließen. Es bestehen dabei weder eine gesetzlich geregelte Obergrenze für die Anzahl der Vertragsverlängerungen noch für die Vertragszeit.

Bei einer rechtlichen Überprüfung wird dabei lediglich der Sachgrund der jeweils letzten Befristung geprüft; es erfolgt keine Gesamtbetrachtung aller befristeten Arbeitsverhältnisse.

-> Was können Arbeitnehmer tun?

Im Einzelfall kann eine Kettenbefristung jedoch rechtsmissbräuchlich sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber bei der immer neuen Befristung des Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitnehmer seine Interessen auf Kosten des Arbeitnehmers einseitig durchsetzt.

Das Bundesarbeitsgericht hat im März 2017 seine Rechtsprechung zu einem dreistufigen Prüfungsschema hinsichtlich der Rechtsmissbräuchlichkeit von Kettenbefristungen konkretisiert. Dabei hat es insbesondere zeitliche Grenzen für die wirksame Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit Sachgrund aufgestellt. Dies führt im Ergebnis zwar zu einer Einschränkung der Vertragsfreiheit, bringt jedoch auch erheblich mehr Rechtssicherheit für die betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

So stellt das Bundesarbeitsgericht fest, dass die Befristung des Arbeitsvertrages mit Sachgrund nur in den Fällen wirksam ist, wenn

  • die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses 8 Jahre nicht übersteigt

oder

  • die Anzahl der befristeten Verträge nicht höher als 13 Verträge ist (Dies bedeutet ein Vertrag und 12 Verlängerungen)

oder

  • die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses 6 Jahre nicht übersteigt, wobei in dieser Zeit nicht mehr als 10 Verträge geschlossen wurden (dies heißt ein Vertrag und 9 Verlängerungen).

Bewegt sich der Vertrag außerhalb einer dieser Grenzen, so ist die Rechtsmissbräuchlichkeit der Kettenbefristung indiziert. Das geschlossene Arbeitsverhältnis ist dann jedoch nicht etwa unwirksam. Vielmehr besteht sodann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Beteiligten.

Ist eine Befristungsvereinbarung unwirksam, gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er kann vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden, falls die ordentliche Kündigung nicht zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist.

Was ist bei der Verlängerung von befristeten Arbeitsverhältnissen zu beachten?

Insbesondere bei der Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen unterlaufen den Arbeitgebern häufig Fehler.

Nach der Rechtsprechung wird in einem solchen Fall vorausgesetzt, dass die Vertragsparteien ausschließlich den Beendigungstermin hinausschieben. Dies bedeutet, dass es zusammen mit der Verlängerung zu keinerlei Änderung der sonstigen Vertragsbedingungen kommt. Ferner hat dies in rechtverbindlicher Art und Weise, schriftlich, vor Ablauf der Vertragslaufzeit zu erfolgen.

Liegen auch nur einige Tage zwischen dem Ende des ersten und dem Beginn des zweiten Zeitvertrags oder wird die Vergütung zusammen mit der Vertragsverlängerung erhöht, liegt nach der Rechtsprechung keine „Verlängerung“ des befristeten Vertrags vor.

Vielmehr haben die Parteien dann einen neuen befristeten Vertrag abgeschlossen, welcher nicht mehr ohne Sachgrund zulässig ist, derweil zwischen den Parteien bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hatte.

Welche Unterschiede gibt es bei der Befristung von Arbeitsverträgen?

Zu unterscheiden sind dabei dem Zweck und der Zeit nach befristete Arbeitsverträge. Ihnen gemein ist zunächst, dass ihre jeweilige Beendigung automatisch und nicht durch die Vornahme z. B. einer Kündigung erfolgt.

Bei Ersteren hängt das Ende des Arbeitsverhältnisses von dem Eintritt eines künftigen Ereignisses, in der Regel von dem Erreichen eines bestimmten Zweckes ab. Ein Beispiel aus der Praxis sei dabei die Vertretung eines vorrübergehend erkrankten Kollegen. Zweck ist dabei lediglich die Vertretung während der Abwesenheit des Kollegen; mit dessen Genesung trifft auch Zweckerreichung ein und das Arbeitsverhältnis endet automatisch.

Bei Letzteren endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Zeit, für die es eingegangen wurde. Diese Form der Befristung heißt Zeitbefristung, weil der Vertrag mit einem bestimmten Datum bzw. Zeitpunkt endet. Man spricht auch von einem „kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrag“

Bedürfen befristete Arbeitsverträge der Schriftform?

Befristete Arbeitsverträge bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Schriftlich bedeutet dabei, dass der Vertragsinhalt in einer Urkunde festgehalten werden muss und beide Vertragsparteien ihre Unterschrift unter den Vertragstext setzen. Die Schriftform wird demzufolge nicht gewahrt, wenn die Befristung mündlich, per Handschlag, per E-Mail, per Fax oder per SMS vereinbart wird.

Wird eine Befristungsvereinbarung nicht schriftlich getroffen (bzw. in elektronischer Form oder notariell), ist nicht etwa der gesamte Arbeitsvertrag unwirksam, sondern nur die Befristung. Der Arbeitsvertrag als solcher ist daher wirksam und zwar als unbefristeter Vertrag.

Gibt es weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen für ein befristetes Arbeitsverhältnis?

Damit ein befristetes Arbeitsverhältnis zur Wirksamkeit gelangen kann, bedarf es sowohl hinsichtlich der nach dem Zweck nach, als auch bezüglich der nach der Zeit befristeten Arbeitsverhältnisse eines sachlichen Grundes. Eine Ausnahme sieht der Gesetzgeber vor – nämlich, wenn es sich um eine Neueinstellung handelt und die Befristung nicht länger als zwei Jahre andauern soll. Grundsätzlich bedarf es also eines Sachgrundes für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses.

Gibt es Ausnahmen von dem Sachgrund-Grundsatz?

Eine für den Arbeitgeber erleichternde Vorschrift bildet § 14 III TzBfG, welche auch als sogenannte „52er-Regelung“ bekannt ist. Die sachgrundlose Befristung wird bei Anwendung der Vorschrift für die Arbeitgeber erheblich vereinfacht.

Ist man mindestens 52 Jahre alt und gibt es Anhaltspunkte dafür, dass man nicht mehr so leicht eine neue Arbeit findet, ist man ein möglicher Fall für eine Altersbefristung gemäß § 14 Abs.3 TzBfG. Auf der Grundlage dieser Vorschrift gilt für sachgrundlose Befristungen statt einer Höchstdauer von zwei Jahren eine Höchstdauer von fünf Jahren.

Ferner ist die Anzahl der Vertragsverlängerungen nicht begrenzt, d. h. theoretisch könnten Arbeitgeber mit 52jährigen oder älteren Arbeitnehmern täglich neue Befristungsvereinbarungen treffen, jeweils befristet auf einen Tag.

Wann rechtfertigt ein Sachgrund die Befristung des Arbeitsverhältnisses?

Ein sachlicher Grund für eine Zeit- oder Zweckbefristung liegt gemäß § 14 I TzBfG „insbesondere“ vor, wenn

  • der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
  • die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
  • der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
  • die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
  • die Befristung zur Erprobung erfolgt,
  • in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
  • der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind und er entsprechend beschäftigt wird oder
  • die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

Das Vorliegen eines solchen Sachgrundes führt zur Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses. Dabei ist die vom Gesetzgeber vorgenommene Aufzählung nicht abschließend.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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