Befristete Arbeitsverträge – Wie oft ist eine Verlängerung rechtlich zulässig?
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Befristete Arbeitsverträge sind in der heutigen Arbeitswelt weit verbreitet – vor allem bei Berufseinsteigern, im öffentlichen Dienst, in der Wissenschaft oder in wirtschaftlich angespannten Branchen. Sie bieten Arbeitgebern Flexibilität, bedeuten für Arbeitnehmer jedoch häufig Unsicherheit und eine fehlende Perspektive auf eine langfristige Beschäftigung. Umso wichtiger ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen. In diesem Rechtstipp erfahren Sie, wann eine Befristung zulässig ist, wie oft sie verlängert werden darf und wann ein Arbeitsverhältnis als unbefristet gilt.
1. Befristung mit oder ohne Sachgrund – was ist der Unterschied?
Das deutsche Arbeitsrecht unterscheidet zwischen zwei Formen der Befristung:
Sachgrundlose Befristung: Ein Arbeitsvertrag wird ohne Angabe eines besonderen Grundes befristet abgeschlossen. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen und ist zeitlich begrenzt.
Befristung mit Sachgrund: Hier liegt ein konkreter, rechtlich anerkannter Grund für die Befristung vor. Diese kann grundsätzlich auch über längere Zeiträume und mehrfach erfolgen – allerdings nur, wenn der Sachgrund im Einzelfall tragfähig ist.
Beide Varianten sind im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt, insbesondere in den §§ 14 ff.
2. Sachgrundlose Befristung: Höchstdauer und Verlängerungsgrenzen
Eine sachgrundlose Befristung darf höchstens zwei Jahre andauern. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Arbeitsvertrag bis zu dreimal verlängert werden. Die Verlängerung muss dabei jeweils unmittelbar an den vorhergehenden Vertrag anschließen und darf keine wesentlichen Vertragsänderungen enthalten – weder beim Aufgabenbereich noch bei den Arbeitsbedingungen.
Beispiel: Ein Arbeitsvertrag wird zunächst für sechs Monate befristet abgeschlossen. Danach folgen zwei Verlängerungen um jeweils sechs Monate und eine abschließende Verlängerung um weitere sechs Monate. Nach Ablauf der insgesamt zwei Jahre ist eine weitere sachgrundlose Befristung bei demselben Arbeitgeber nicht zulässig.
Wichtig: Zwischen zwei sachgrundlosen befristeten Arbeitsverträgen muss ein sogenannter "Wartezeitraum" von mindestens drei Jahren liegen, bevor ein neuer sachgrundlos befristeter Vertrag mit demselben Arbeitgeber abgeschlossen werden darf. Diese Frist soll Kettenbefristungen ohne Sachgrund verhindern.
3. Was passiert bei Überschreitung der zulässigen Befristungsdauer?
Wenn die Befristung unzulässig ist – etwa weil sie zu oft verlängert wurde, die Zwei-Jahres-Grenze überschritten wurde oder wesentliche Vertragsänderungen vorgenommen wurden, obwohl der Vertrag sachgrundlos befristet ist –, gilt das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes als unbefristet (§ 16 TzBfG).
Das bedeutet: Der Arbeitnehmer hat dann Anspruch auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag, ohne dass es einer gesonderten Vereinbarung bedarf. Die unzulässige Befristung wird schlicht als nichtig behandelt.
4. Sachgrundbefristung: Unbefristete Verlängerung möglich – aber nicht schrankenlos
Ist ein sachlicher Grund für die Befristung vorhanden, kann das Arbeitsverhältnis auch über einen längeren Zeitraum hinweg mehrfach befristet werden. Solche Gründe können insbesondere sein:
Vertretung eines anderen Mitarbeiters (z. B. während Krankheit, Elternzeit, Sonderurlaub)
Vorübergehender betrieblicher Bedarf an Arbeitsleistung
Beschäftigung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium zur Erprobung
Projektbezogene Tätigkeiten mit festem Endzeitpunkt
Haushaltsrechtliche Vorgaben im öffentlichen Dienst
In diesen Fällen ist die Anzahl der Verlängerungen nicht gesetzlich begrenzt. Allerdings prüft die Rechtsprechung im Einzelfall, ob ein Missbrauch durch Kettenbefristungen vorliegt. So hat das Bundesarbeitsgericht in mehreren Entscheidungen betont, dass eine jahrelange Aneinanderreihung sachgrundbefristeter Verträge im Einzelfall unzulässig sein kann – auch dann, wenn formal ein Sachgrund besteht.
Praxistipp: Wird ein Arbeitnehmer über mehrere Jahre hinweg mit immer neuen befristeten Verträgen beschäftigt, sollte genau geprüft werden, ob der Sachgrund im Einzelfall wirklich gerechtfertigt ist – oder ob sich ein Anspruch auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis durchsetzen lässt.
5. Sonderregelungen durch Tarifverträge
Tarifverträge können die gesetzlichen Vorgaben zur Befristung teilweise modifizieren. In bestimmten Branchen – etwa im öffentlichen Dienst, in der Forschung oder in der Medienbranche – erlauben Tarifverträge eine sachgrundlose Befristung von bis zu vier Jahren. Auch die Anzahl der zulässigen Verlängerungen kann höher sein als im allgemeinen Arbeitsrecht.
Wichtig: Solche abweichenden Regelungen gelten nur, wenn sie im gültigen Tarifvertrag ausdrücklich vorgesehen sind und der Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet – etwa über eine Tarifbindung oder eine Bezugnahme im Arbeitsvertrag.
6. Beendigung befristeter Arbeitsverträge – was ist zu beachten?
Ein befristeter Arbeitsvertrag endet automatisch mit dem vereinbarten Fristablauf. Eine ordentliche Kündigung ist während der Laufzeit nur dann möglich, wenn sie im Vertrag ausdrücklich vorgesehen ist (§ 15 Abs. 3 TzBfG).
Fehlt eine entsprechende Klausel, ist eine Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen. Arbeitnehmer, die das Arbeitsverhältnis vorzeitig beenden möchten, können mit dem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag schließen – dieser erfordert aber immer die Zustimmung beider Seiten.
Fazit: Befristung ist nicht beliebig – und oft angreifbar
Befristete Arbeitsverhältnisse unterliegen in Deutschland engen gesetzlichen Grenzen. Während sachgrundlose Befristungen nur maximal zwei Jahre mit bis zu drei Verlängerungen zulässig sind, bieten sachgrundbefristete Verträge mehr Spielraum – allerdings ebenfalls nicht ohne Kontrolle.
Wer über längere Zeit hinweg befristet angestellt ist, sollte seine rechtliche Situation regelmäßig prüfen – insbesondere, wenn der Arbeitgeber mehrfach befristet verlängert, keinen klaren Sachgrund nennt oder nur vorübergehende Vertretungstätigkeiten vorliegen. Nicht selten ergeben sich hier Ansprüche auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Empfehlung
Wenn Sie unsicher sind, ob die Befristung in Ihrem Arbeitsvertrag rechtlich zulässig ist, lassen Sie den Vertrag durch eine fachkundige Stelle prüfen – etwa durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, den Betriebsrat oder eine Gewerkschaft. In vielen Fällen lassen sich auf diesem Weg Ansprüche auf Entfristung oder Nachverhandlungen durchsetzen.
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. jur. Jens Usebach LL.M. von der kanzlei JURA.CC bearbeitet im Schwerpunkt das Kündigungsschutzrecht im Arbeitsrecht. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht vertritt Mandanten außergerichtlich bei Aufhebungsverträgen und Abwicklungsverträgen bei der Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber. Soweit erforderlich erfolgt eine gerichtliche Vertretung bei der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel für den Arbeitnehmer eine angemessene und möglichst hohe Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, ein sehr gutes Arbeitszeugnis für zukünftige Bewerbungen oder auch die Rücknahme der Kündigung und die Weiterbeschäftigung zu erzielen.
Mehr Informationen unter www.JURA.CC oder per Telefon: 0221-95814321
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