Begrenzter Kasko-Haftungsausschluss für Tierbissschäden im Fahrzeuginnenraum

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Das Oberlandgericht (OLG) hat im September 2018 entschieden, dass in den Fällen, in denen ein Kfz-Versicherer einen Haftungsausschluss in seinen AGB für „Tierbissschäden im Fahrzeuginnenraum“ aufnimmt, sich der Ausschluss lediglich auf die Fahrgastzelle und den Kofferraum bezieht. Sofern es sich aber um Bissschäden im Bereich zwischen Außenhaut und Innenraumverkleidung handle, haftet der Versicherer. 

Ausgangsfall war, dass der Kläger im Jahr 2014 sein versichertes Fahrzeug in einer Werkstatt überprüfen ließ. Dabei wurde festgestellt, dass die Wasserabläufe des Panoramadaches zerbissen, der Kopfairbag auf der Beifahrerseite angefressen und hinter dem Armaturenbrett starke Bissschäden an der Dämmung und an der Isolierung der Verkabelung vorhanden waren. Durch einen Sachverständigen wurden weitere Schäden festgestellt, hinter diversen seitlichen Verkleidungsteilen, oberhalb des Dachhimmels und unterhalb des Bodenbelags, die eindeutig auf Nagetiere – Mäuse – zurückzuführen waren.

Vorliegend war das klägerische Fahrzeug bei der beklagten Versicherung teilkaskoversichert. In den AGB der Versicherung hieß es: Versichert sind Schäden, die unmittelbar durch einen Tierbiss am Fahrzeug verursacht wurden. Schäden im Fahrzeuginnenraum sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen...“ 

Die Versicherung lehnte deshalb eine Leistungspflicht ab. Sie berief sich auf die AGB und wies darauf hin, dass es sich um Schäden im Fahrzeuginnenraum handele, die laut AGB vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Der Kläger wollte deshalb, dass festgestellt wird, dass die Beklagte für die „Verbissschäden durch Mäusebefall“ eintrittspflichtig ist. 

Das OLG entschied, dass ein versicherter Schaden durch Tierbiss am Fahrzeug vorliegt. Die Schäden im Bereich zwischen der Außenhaut des Autos und der Innenraumverkleidung seien laut Gericht als „am Fahrzeug“ im Sinne der AGB zu sehen, sodass nicht nur die Außenhülle des Autos gemeint ist, sondern das Fahrzeug als Ganzes. Von dieser Gesamtheit des Fahrzeugs würde die AGB zwar den Fahrzeuginnenraum ausnehmen, die vorliegenden Schäden befänden sich jedoch nicht im Fahrzeuginnenraum. 

Der Begriff „Fahrzeuginnenraum“ müsse laut OLG vielmehr aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ausgelegt werden. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer würde davon ausgehen, dass der Innenraum durch Fahrgastzelle und Kofferraum definiert wird, demnach also die durch Menschen benutzbaren und zugänglichen Bereiche umfasst wird. Innenraumschäden würde ein verständiger Versicherungsnehmer als diejenigen Schäden werten, die er ohne Demontage des Fahrzeugs als Bissspuren qualifizieren könne. 

Nicht zum Innenraum hingegen gehöre der Zwischenraum hinter der Verkleidung mit Lüftungselementen, Klimaanlage, Sicherheitseinrichtungen, Bordelektronik und anderem sowie den entsprechenden Verkabelungen. 

Deshalb müsse der in der AGB enthaltene Risikoausschluss für Innenraumschäden eng ausgelegt werden. Ein Risikoausschluss dürfe nämlich nicht weiter ausgedehnt werden, als es sein Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Zwecks erfordere.

Ferner wies das OLG darauf hin, dass der Versicherungsschutz bei einem anderen Verständnis unter Berücksichtigung der mitteleuropäischen Fauna und ihrer potenziellen Schadtiere und ihrer „Bissgewohnheiten“ andernfalls praktisch leerliefe. Tierbissschäden würden nämlich gerade im Motorraum an durchbissenen Kabeln auftreten. Der Kläger hatte somit in der Berufungsinstanz Erfolg. Die Versicherung musste für die Tierbissschäden im Fahrzeuginnenraum aufkommen. 

Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 05.09.2018

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht


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