Bei Weigerung des Herstellers eines Geschwindigkeitsmessgerätes zur Herausgabe von Messgerätedaten i

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Der Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung hat für den Betroffenen häufig nicht unerhebliche wirtschaftliche Folgen, da der Bußgeldkatalog (BKat) je nach Gewicht der Geschwindigkeitsüberschreitung neben einer erheblichen Geldbuße und der Eintragung von Punkten in das Verkehrszentralregister die Verhängung eines Fahrverbots von einem bis zu drei Monaten vorsieht.

Im Bereich der Geschwindigkeitsüberwachung im Straßenverkehr stehen verschiedene Geschwindigkeitsmessverfahren mit jeweils unterschiedlichen Messgeräten zur Verfügung. Eine fehlerhafte Aufstellung oder Bedienung des zum Einsatz kommenden Messgerätes führt häufig zu Fehlmessungen. Die Vielfältigkeit der möglichen Fehlerquellen erfordert es, sich genauestens mit den Umständen der einzelnen Messung auseinanderzusetzen und im Rahmen eines Bußgeldverfahrens rechtzeitig Akteneinsicht zu nehmen. So kann eine Überprüfung des Messprotokolls beispielsweise ergeben, dass beispielsweise in nicht ausreichender Entfernung zu einer Geschwindigkeitsbeschränkung gemessen wurde.

Fehlerhaft durchgeführte Messungen können zur Unverwertbarkeit der Messung und damit zur Aufhebung eines seitens der Bußgeldbehörde verhängten Bußgeldes sowie Fahrverbots im gerichtlichen Einspruchsverfahren führen. In der gerichtlichen Praxis kommt es häufig zur Hinzuziehung eines Sachverständigen, der auf einen entsprechenden Beweisantrag des Verteidigers hin die Einzelheiten der Geschwindigkeitsmessung im Hinblick auf Fehlerquellen überprüft.

So hat kürzlich das AG Landstuhl in einem Urteil vom 03.05. 2012 (nach Hinweis und Zurückverweisung des OLG Zweibrücken) klargestellt, dass dem Sachverständigen eine Einsichtnahme in die Messdaten und die technische Zusammensetzung des Messgerätes seitens des Messgeräteherstellers ermöglicht werden müsse, um die Messung auf ihre Plausibilität hin überprüfen zu können.

Der Entscheidung lag eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Messgerät ESO 3.0 zugrunde. Der Betroffene hatte die Fahrereigenschaft zugestanden, allerdings durch seinen Verteidiger Fehler beim Messverfahren geltend gemacht und entsprechenden Beweisantrag zur Überprüfung der Messung durch einen Sachverständigen gestellt. Da der Gerätehersteller eine Einsichtnahme in die Messdaten verweigerte, war es dem seitens des Tatgerichts hinzugezogenen Sachverständigen nicht möglich, die Richtigkeit der Messung nachzuprüfen. Das Gericht sah darin einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz die die Aufklärungspflicht des Gerichts sowie gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens, verankert in Art. 103 GG. Der Betroffene wurde daher aus rechtlichen Gründen freigesprochen.

(AG Landstuhl, Urteil vom 03.05.2012, Aktenzeichen 4286 Js 12300/10 OWi).

Unser Hinweis: Der obig geschilderte Fall zeigt, dass sich eine effektive Verteidigung auch im Falle des Vorliegens einer Geschwindigkeitsmessung mittels standardisiertem Messverfahren immer auf jede mögliche Einzelheit des Messvorgangs zu konzentrieren hat, die Unsicherheiten in die Richtigkeit der Messung begründen kann. Hier hatte der Gutachter die Umstände des Messvorgangs mit technischen Details abzugleichen, die nur dem Hersteller bekannt waren und deren Preisgabe dieser -nicht ganz unerwartet- verweigert hat, was zum Prozesserfolg führte. Wegen der allgemein verbreiteten Zurückhaltung der Hersteller bei der Offenlegung von technischen Gerätedetails dürfte das vorliegende Urteil künftig fruchtbare Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Verteidigung bieten.


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