Besichtigungsrecht des Vermieters - Wieviel hat der Mieter zu dulden?

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Die Ansicht, wonach der Vermieter die Wohnung regelmäßig, alle 1 bis 2 Jahren besichtigen darf, ist falsch. Es gibt kein generelles oder automatisches Besichtigungsrecht des Vermieters.

Vermieter muss den Mieter in Ruhe lassen 

Vielmehr hat der Mieter ein Recht in seiner Wohnung in Ruhe gelassen zu werden. Dieses Recht wurde am 4.6.2014 vom Bundesgerichtshof bestätigt. (BGH AZ: ZR VIII 289/13) An diese Entscheidung müssen sich auch die zuständigen Amtsgerichte orientieren. Mir ist nur eine einzige anders lautende Entscheidung bekannt. Das Amtsgericht München hat in einem Fall entschieden, dass der Vermieter alle fünf Jahre die Wohnung ohne konkreten Anlass besichtigen darf. Nach Ansicht des Amtsgerichtes München wäre eine solche Kontrolle notwendig, um die Mietsache in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten, wozu der Vermieter gesetzlich verpflichtet sei. 

Eine ordnungsgemäße Ankündigung darf der Mieter nicht ignorieren. 3 Voraussetzungen müssen vorliegen.

Hält sich der Vermieter nicht an den nachfolgenden 3 Voraussetzungen, darf der Mieter die Ankündigung ignorieren, sonst nicht. Ignoriert der Mieter einen ordnungsgemäßen und nachvollziehbaren Besichtigungswunsch des Vermieters, muss er dem Vermieter Schadensersatz leisten und unter Umständen mit einer Kündigung rechnen.

1.Voraussetzung ist das Vorliegen eines konkreten Grundes und/oder eines konkreten Anlasses:   

Solche Gründe sind z.B. Mängel oder Schäden in der Wohnung, wenn Reparaturen notwendig sind oder die Zähler für die Heizung und Wasser abgelesen werden müssen. Auch die Überprüfung konkreter Vertragsverletzungen, wie z.B. unerlaubte Tierhaltung oder unerlaubte Untervermietung stellen auch einen solchen Grund dar.  Wurde der Mietvertrag gekündigt oder möchte der Vermieter das Haus verkaufen, kann er mit Interessenten oder mit einem Makler die Wohnung betreten und besichtigen. Der Mieter ist jedoch nicht verpflichtet einen Miet- oder Kaufinteressenten ohne den Vermieter in seine Wohnung zu lassen. Der Vermieter kann sich unter Umständen durch einen Makler oder Hausverwalter etc. vertreten lassen.

2. Voraussetzung ist die rechtzeitige Ankündigung:

Überraschungsbesuche muss der Mieter nicht dulden. Sind dringende Handwerksarbeiten notwendig genügt eine Ankündigung von 24 Stunden. Nach Ansicht vieler Gerichten müssen Besichtigungstermine mindestens 3/4  Tagen bis zu 14 Tage im Voraus angekündigt werden. Es reicht wenn der Mieter sich für einen Besichtigungstermin in der Woche mit maximal 3-4 Interessenten einverstanden erklärt. Massen- oder Dauerbesichtigungen müssen Mieter nicht akzeptieren.

3. Voraussetzung: Die Besichtigung darf nur an Werktagen zu den üblichen Tageszeiten stattfinden unter Berücksichtigung der konkreten Belange des Mieters.

Die allgemeinen Ruhezeiten hat der Vermieter zu berücksichtigen. Deshalb sollte der vorgesehene Termin in der Regel werktags zwischen 10:00 Uhr und 13:00 Uhr oder 15 bis 18:00 Uhr liegen, wobei der Samstag als Werktag gilt. Ist der Mieter berufstätig, muss der Vermieter darauf Rücksicht nehmen. In diesen Fällen muss der Vermieter Verständnis haben für Termine z. B. ab 18:00 Uhr oder an Samstagen. 

Ausnahme: Wenn es sich um einen Notfall handelt, darf der Vermieter ausnahmsweise ohne Ankündigung die Wohnung betreten. „Gefahr in Verzug“ besteht immer wenn ein erheblicher Schaden einzutreten oder sich auszuweiten droht, wenn nicht sofort gehandelt wird, z. B. bei einem Wasserrohrbruch oder Brand. In diesen Fällen kann der Vermieter ausnahmsweise auch unangekündigt und außerhalb der sonst üblichen Besichtigungszeiten, auch an Feiertagen, vor der Tür stehen.

Falls der Mieter im Urlaub ist, ist der verpflichtet den Zugang zu den Mieträumen zu ermöglichen. In diesen Fällen muss er einem Nachbarn einen Schlüssel hinterlassen und den Vermieter informieren.


No-Gos der Besichtigung:

Fotografieren der Wohnung: Weder der Vermieter noch der Miet- oder Kaufinteressent darf die Wohnung ohne Einverständnis des Mieters fotografieren. Der Mieter muss einer solche Aufnahmen nicht zustimmen. Ausnahme: es sind Mängel in der Wohnung vorhanden, die dokumentiert werden müssen, z.B. für eine Beweissicherung. Diese Stellen können diese partiell fotografiert werden.

Hausrecht des Mieters beachten: der Vermieter muss die Gepflogenheiten und das Hausrecht des Mieters beachten wie zum Beispiel Schuhe vor der Tür ausziehen.

Schränke der Mieter in der Wohnung öffnen.

Hausfriedensbruch: Vermieter darf nicht mit Gewalt eindringen und muss die Entscheidung des Mieters respektieren. Wenn er ohne die Zustimmung des Mieters in die Wohnung ein dringend die Wohnung betritt, stellt das einen ein Hausfriedensbruch darum ist strafbar. Dieses Recht muss der Vermieter gerichtlich durchsetzen.

Vertreter/ Vertretung: der Vermieter kann sich bei der Besichtigung vertreten lassen, nicht jedoch durch eine Person die zum Beispiel mit dem Mieter in Streit steht.

Zweck der Besichtigung: erfolgt die Besichtigung wegen eines mangels in der Wohnung dann darf der Vermieter nur den Raum betreten, in dem sich ein Mangel befindet. Ist der Mieter nicht einverstanden darf der Vermieter nicht die gesamte Wohnung in Augenschein nehmen.

Was kann der Vermieter tun, wenn der Mieter sich weigert ?

Besteht ein konkreter Anlass und wurden zulässige Besichtigungszeiten vorgeschlagen, dann muss der Mieter darauf reagieren. Lehnt der Mieter grundlos Besichtigung(en) ab, darf der Vermieter eine Duldungsklage erheben, um damit den Mieter zu verpflichten ihm Zutritt zu gewähren.

Mit Hilfe eines Gerichtsvollziehers kann der Vermieter sich anschließend gewaltsam Zutritt zur Wohnung verschaffen und die verschlossene Tür öffnen lassen ( 890 ZPO).

Ist Gefahr in Verzug, z. B. wenn es in der Wohnung brennt, ein Wasserrohrbruch im Haus oder Gas unkontrolliert ausströmt, darf der Vermieter sich auch ohne Erlaubnis und sogar gegen den Willen des Mieters Zutritt zur Wohnung verschaffen. In diesen Fällen darf er mit Hilfe von Ordnungsbehörden, Polizei oder Feuerwehr die Wohnung gewaltsam öffnen lassen.

Schadensersatz

Erleidet der Vermieter durch die unberechtigte Weigerung des Mieters einen Schaden, muss der Mieter ihm diesen ersetzen. Scheiterte die Weitervermietung der Wohnung daran, dass der Mieter keine Besichtigungen zugelassen hat, muss er dem Vermieter den Mietausfall erstatten, bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Wohnung weiter vermietet werden kann. (Amtsgericht Wedding 20.5.1997 -11 C2 111,96)

Vergebliche Fahrtkosten sind ebenso ein möglicher Schaden des Vermieters. Unter Umständen kann der Vermieter deswegen kündigen.
Der Mieter verliert sein Minderungsrecht, wenn er dem Vermieter nicht Zutritt zum Mangel im der Wohnung gewährt, um diesen beseitigen zu können.

Fazit:  Es gibt kein generelles Besichtigungsrecht. Wurde im Mietvertrag ein Besichtigungsrecht vereinbart, muss der Vermieter dennoch die 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, um sein Besichtigungsrecht durchzusetzen. Es gibt zwar Grenzen für das Besichtigungsrecht, aber der Mieter darf eine ordnungsgemäße Besichtigung nicht ohne Grund ablehnen. Bleibt abzuwarten, ob mehrere Gerichte sich einem periodischen Besichtigungsrecht von 5 Jahren anschließen werden.


Foto(s): Pexels/MART PRODUCTION

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