BGH - Dieselgate - Neue Klagewelle

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Es sind drei Urteile (VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VIa ZR 1031/22), die der Bundesgerichtshof am 26.06.2023 verkündet hat, die für die meisten Fahrzeughersteller massive negative Folgen haben dürften.


Bereits jetzt spricht nahezu jeder von einer nunmehr bevorstehenden Klagewelle unbekannten Ausmaßes, die sogar die Klagewelle nach der ersten Dieselgeldaffäre in den Schatten stellen könnte.


Letztgenannte startete im Jahr 2015, als bekannt wurde, dass der Konzern Volkswagen eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut haben sollte. Die Besonderheit lag darin, dass die Rechtsprechung im Ergebnis nahezu einhellig zu dem Ergebnis kam, dass bezüglich dieser Abschalteinrichtung eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Volkswagenkonzerns vorläge.


Dies eröffnete den Fahrzeugbesitzern die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche gestützt auf eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB gegen den Volkswagenkonzern und seine Tochterunternehmen geltend zu machen. In einer Vielzahl der Fälle bestätigten die Gerichte diese Schadensersatzansprüche. Betroffen war nahezu immer der Motor mit der Typenbezeichnung EA189.


Auch andere Motoren des Volkswagenkonzerns, so beispielsweise der Motor mit der Bezeichnung EA288, sowie Motoren anderer Hersteller gerieten unter Verdacht, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu enthalten.


Dies wurde auch gerichtlich bestätigt, Schadensersatzansprüche scheiterten allerdings lange Zeit daran, dass bezüglich dieser Motoren nicht die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung als erfüllt angesehen wurden.


Am 21.03.2023 entschied dann allerdings der Gerichtshof der Europäischen Union (C-100/21), dass es sich definitiv um eine unzulässige Abschalteinrichtungen handeln würde und dass die entsprechenden europarechtlichen Vorschriften sogenannte drittschützende Normen darstellen würden. Dies führte sofort zu der Annahme einer richtungsweisenden Veränderung der Beurteilung auch im nationalen Recht, denn unter der Voraussetzung einer drittschützenden Norm kam ab dieser Entscheidung eine deliktische Haftung aller Hersteller auch bei bloßer Fahrlässigkeit in Betracht.


Ab März 2023 warteten also alle auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Nachgang zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Mit drei Entscheidungen liegt nunmehr das Ergebnis des Bundesgerichtshofs vor und es bestätigt, dass eine Haftung der Hersteller bereits bei bloßer Fahrlässigkeit in Betracht kommt. In den drei zur Entscheidung anstehenden Verfahren verwies der Bundesgerichtshof die Rechtsstreite an die vorherige Instanz zurück, damit der Sachverhalt von dort weiter aufgeklärt werden kann.


Die Instanzgerichte werden nunmehr zu überprüfen haben, ob die Hersteller fahrlässig verkannt haben, dass das Fahrzeug den unionsrechtlichen Vorgaben nicht entspricht. Laut Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs obliegt es der Darlegungs- und Beweislast des Fahrzeugherstellers, dass kein fahrlässiges Handeln vorliegt, sobald das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung festgestellt wurde.


Auch die Rechtsfolge wurde vom BGH dahingehend vor diktiert, dass keine Rückabwicklung des gesamten Vertrages, also der sogenannte große Schadensersatz gefordert werden kann, sondern nur der Vertrauensschaden in Gestalt des kleinen Schadensersatzes, wobei dieser bei wenigstens 5 % und höchstens 15 % des Kaufpreises anzusetzen sei.


Die vollständige schriftliche Begründung der Urteile steht noch aus. Wir halten Sie auf dem Laufenden, sobald diese vorliegen.


Von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs sind sowohl ältere Fahrzeuge als auch eine Vielzahl neuer Fahrzeuge betroffen. Für eine erhebliche Zahl der Käufer kommen daher jetzt Schadensersatzansprüche in Höhe mehrerer tausend Euro in Betracht. Wenn Sie überprüfen möchten, ob auch Ihnen Schadensersatzansprüche zustehen könnten, stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.



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