BGH entscheidet in Tauschbörsenverfahren erneut zugunsten geschädigter Rechteinhaber

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Bundesgerichtshof vom 22.03.2018, Az. I ZR 265/16

Mit Urteil vom 22.03.2018 hat der Bundesgerichtshof eine weitere bislang umstrittene Frage in sog. Tauschbörsenverfahren geklärt (Az. I ZR 265/16 – Riptide). Gegenstand des Verfahrens war das illegale Angebot eines Computerspiels in einem Filesharing-System. Der geschädigte Rechteinhaber ließ zunächst den Anschlussinhaber abmahnen. Dieser gab zwar eine Unterlassungserklärung ab, teilte aber mit, nicht er, sondern sein 15-jähriger Sohn habe die Urheberrechtsverletzung begangen. Der Rechteinhaber mahnte daraufhin den Täter ab. Nachdem eine außergerichtliche Einigung mit diesem scheiterte, machte der Rechteinhaber seine Ansprüche klageweise geltend.

Mit der Klage verlangte der Rechteinhaber u. a. Unterlassung, Kosten und Schadensersatz. Die Besonderheit des Verfahrens lag darin, dass auch die Kosten der ersten, an den Anschlussinhaber gerichteten Abmahnung als Schadensersatz geltend gemacht wurden. Sowohl das Land- als auch das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilen den Beklagten zur Unterlassung, zur Zahlung von Schadensersatz sowie zur Erstattung der Kosten der an ihn gerichteten (zweiten) Abmahnung. Die Kosten der ersten, an den Anschlussinhaber gerichteten Abmahnung hielten die Gerichte jedoch nicht für erstattungsfähig. Sie begründeten dies mit der Ansicht, die Abmahnung des Anschlussinhabers sei im Verhältnis zu dem Beklagten nicht erforderlich gewesen, da eine bloße Anfrage an Stelle der Abmahnung genügt hätte.

Der BGH hob das Urteil des OLG Düsseldorf auf und entschied, dass der Beklagte auch die Kosten der ersten, nicht an ihn gerichteten Abmahnung als Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG schuldet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind auch die durch das Schadensereignis verursachten Rechtsverfolgungskosten vom Schadensersatzanspruch umfasst. Dies gilt jedenfalls für solche Kosten, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.

Nach diesen Grundsätzen sei die Abmahnung des Anschlussinhabers als „Mittel der Sachverhaltsaufklärung“ erforderlich gewesen. Der verletzte Rechtsinhaber müsse insbesondere nicht „zunächst eine schlichte Anfrage mit der Bitte um Informationserteilung an den Anschlussinhaber richten, weil eine solche Anfrage nicht hinreichend zur Zweckerreichung geeignet“ sei.

Gegen den – in aller Regel privat handelnden – Anschlussinhaber bestünde nämlich kein Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG. Der Rechtsinhaber könne aber gegen eine Urheberrechtsverletzung, die nicht vom Anschlussinhaber selbst begangen wurde, nur auf der Grundlage von Informationen vorgehen, die er „ausschließlich vom Anschlussinhaber erlangen“ könne. Der Abmahnung komme in einem solchen Fall die „Funktion eines nachdrücklichen Auskunftsverlangens“ zu. Aus Sicht des Rechtsverletzers sei damit zu rechnen, dass der Geschädigte (kostenpflichtige) Anstrengungen unternimmt, um den Rechtsverletzer zu ermitteln. Der hierzu eingegangene Kostenaufwand stelle daher einen adäquat kausalen Schaden der Rechtsverletzung dar, der zu erstatten sei.

Abschließend betont der BGH noch, dass das Angebot eines urheberrechtlich geschützten Werkes in einer Internettauschbörse regelmäßig „keine nur unerhebliche Rechtsverletzung“ im Sinne des § 97a Abs. 2 UrhG (in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung) darstelle. Eine Beschränkung der zu erstattenden Abmahnkosten auf die dort vorgesehenen EUR 100,00 komme deshalb nicht in Betracht. In welcher Höhe genau der Verletzer die Kosten nun zu erstatten hat, muss das OLG Düsseldorf entscheiden, an das der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde. Der BGH hat mit Blick auf das Angebot eines aktuellen Computerspiels in einer Tauschbörse bereits in der Vergangenheit entschieden, dass ein Streitwert von nicht unter EUR 15.000,00 angemessen sei.

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