BGH: Haftung wegen Prospektfehler auch ohne Vorlage des Prospekts möglich!

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Der Bundesgerichtshof hat in einer am 21.02.2008 veröffentlichten Entscheidung (BGH, 04.12.2007 - II ZR 21/06) festgestellt, dass Fehler in einem Emissionsprospekt auch dann zu einer Haftung führen können, wenn der Anleger vor Vertragsschluss keine Kenntnis vom Inhalt des Emissionsprospekts oder diesen überhaupt nicht erhalten hat.

In dem von dem BGH entschiedenen Fall hatte der Anleger den Prospekt weder vor der Unterzeichnung des Beteiligungsvertrages ausgehändigt bekommen, noch wurde ihm der Inhalt des Prospekts vor Vertragsschluss anderweitig zugänglich gemacht. Das Vermittlungsgespräch führte der Vermittler jedoch auf Grundlage des der Anlage zugrunde liegenden Emissionsprospekts.

Der BGH gelangt zu der Auffassung, dass es auf die tatsächliche Kenntnis des Prospektinhalts bzw. die Aushändigung des Prospekts vor Zeichnung der Beteiligung nicht ankommt, wenn das Vertriebskonzept der Fondsgesellschaft vorsieht, dass die mit der Vermittlung der Beteiligungen betrauten Vermittlungsgesellschaften anhand des Prospekts geschult werden und ausschließlich auf der Grundlage des Emissionsprospekts die Beratungsgespräche führen. Dies gelte umso mehr, wenn in dem Zeichnungsschein - wie in dem von dem BGH entschiedenen Falle - vermerkt sei, dass der Vermittler die Anlage ausschließlich auf Grundlage des Zeichnungsscheins, des Gesellschaftsvertrages und des Emissionsprospektes zu vermitteln befugt ist.

Auch wenn der Prospekt entsprechend dem Vertriebskonzept der Fondsgesellschaft von den Anlagevermittlern als Arbeitsgrundlage für das Vermittlungsgespräch verwendet worden sei, sei der Emissionsprospekt, so der BGH, konkret verwendet worden. Auch in einem solchen Falle kann sich eine Haftung nicht nur nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss, sondern zudem aus den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne ergeben. Auf eine tatsächliche Übergabe des Prospekts oder eine anderweitige Kenntnis des Anlegers von dem Inhalt des Prospekts komme es dabei nicht an, da der Prospektinhalt automatisch in das Werbegespräch einfließe und damit Grundlage der Vermittlung werde, so der BGH weiter.

Der Prospektmangel setze sich in das Beratungsgespräch hinein fort und wirke genauso, als wenn der Anleger den Prospekt rechtzeitig erhalten hätte und kein Gespräch mit dem Anlagevermittler geführt worden wäre, sondern sich allein aus dem Prospekt informiert hätte.

  

Die Entscheidung des BGH ist aus Anlegersicht zu begrüßen. Häufig wird anlässlich eines Verkaufsgesprächs dem Anleger der Prospekt durch den Vermittler nicht überreicht. Angesichts dieser Entscheidung kann einem Anleger, der sich auf einen Prospektfehler beruft nicht mehr lapidar entgegengehalten werden, er könne sich auf einen Prospektfehler nicht berufen, da ein Prospektfehler ohne Kenntnis des Prospekts nicht ursächlich sein und damit keinen Schadensersatzanspruch begründen könne. Durch diese Entscheidung des BGH verbessern sich daher die Erfolgsaussichten von Anlegern deutlich, die unter Berufung auf einen Prospektfehler Ansprüche gegen Prospektverantwortliche oder die Anlagegesellschaft geltend machen wollen.


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