BGH: Nach Annullierung ist Ersatzbeförderung zum Wunschtermin geschuldet

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Hintergrund – wann gilt die EU-Fluggastrechteverordnung?

Vorab sollten Sie sich bewusstmachen, dass nicht jeder Reisende bei Annullierung oder Verspätung des Fluges einen Anspruch aus der EU-Fluggastrechteverordnung hat. Lediglich Passagiere, die in der EU abfliegen (unabhängig wo die ausführende Fluggesellschaft ihren Sitz hat) und Reisende, die in der EU landen und mit einer Airline geflogen sind, die ihren Hauptsitz innerhalb der EU, Island, Norwegen, Liechtenstein oder der Schweiz haben, können ihre Rechte auf die Fluggastverordnung stützen.

Beispiel: Ein mit der Lufthansa fliegender Passagier von Australien nach Frankreich hat genauso einen Anspruch auf Entschädigung aus der EU-Verordnung wie ein mit American Airlines Reisender aus Deutschland nach Amerika. Nicht hingegen, wenn einer mit der Fluggesellschaft Ryanair von Großbritannien nach Costa Rica unterwegs ist.

Sachverhalt – Streit um Umbuchungen nach Corona-Flugausfällen

Im vorliegenden Fall hatte die Lufthansa wegen der Coronapandemie im März und April 2020 zahlreiche Flüge annulliert. Zwei Betroffene wählten gemäß ihrer Rechte nach der EU-Fluggastrechteverordnung (Art. 8 Abs. 1 lit.c)) eine Ersatzbeförderung und wünschten eine Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt im Verlauf des Jahres beziehungsweise im Folgejahr. Einen Ersatzflug ohne unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur ursprünglichen Reiseplanung wollte die Lufthansa aber nicht kostenlos, sondern nur gegen Aufpreis ermöglichen. Nachdem die dagegen gerichtete Unterlassungsklage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in den Vorinstanzen erfolglos waren, legte sie Revision ein.

BGH bejaht flexibles und kostenloses Umbuchungsrecht

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 27.06.2023 – X ZR 50/22) hat den Revisionen nunmehr stattgegeben und der Fluglinie das bisherige Vorgehen untersagt. Bei einer Flugannullierung hätten Reisende nach der EU-Fluggastrechteverordnung die Wahl zwischen der Erstattung des Flugpreises und einer Ersatzbeförderung. Dies gelte auch bei einem außergewöhnlichen Ereignis wie der Corona-Pandemie. Entschieden sie sich für eine Ersatzbeförderung, müsse die Fluggesellschaft die Umbuchung entgeltfrei und unter vergleichbaren Rahmenbedingungen auch auf einen deutlich späteren Zeitpunkt ermöglichen. Auch müsse ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ersatzflug und dem ursprünglichen Reisezeitraum nicht bestehen. Jedoch habe der Flug mit derselben Airline zu erfolgen.

Verbraucherzentrale begrüßt das Urteil

Die Verbraucherzentrale begrüßt das Urteil. „Der Wunsch des Fluggastes ist entscheidend für den Zeitpunkt der Ersatzbeförderung, wenn es verfügbare Plätze gib“, sagte Vorstand Wolfgang Schuldzinski. Damit herrsche in einer wichtigen Grundsatzfrage nun Klarheit für die Verbraucher.


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Foto(s): Foto(s): Adobe Stock - Daniela H.

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