BGH stärkt Anlegerschutz: Ansprüche wegen Falschgold nicht verjährt

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Mit aktuellem Urteil vom 20.10.2022 (Az. III ZR 88/21) hat sich der Bundesgerichtshof zu der Frage geäußert, wann die Verjährungsfrist bei Ansprüchen wegen fehlerhafter Anlageberatung zu laufen beginnt. Warum die Entscheidung die Rechte von Verbraucher:innen stärkt, lesen Sie in diesem Artikel.

Modell "Gold Standard" ist Falschgold

In dem Fall vor dem Bundesgerichtshof hat ein Anleger einen Finanzdienstleister wegen fehlerhafter Anlageberatung verklagt, nachdem er und seine Frau Investitionen getätigt hatten. Das Unternehmen hatte für das Modell "Gold Standard" zugesichert, dass es von den eingezahlten Geldern der Anleger Gold mit einer Reinheit von 99,9 Prozent erwirbt und dieses für die Sparer einlagert. Nach den entsprechenden Presseberichten sollte das Gold kostenlos aufbewahrt und zum jeweiligen Laufzeitende zu einem Festpreis zurückgekauft werden - und zwar unabhängig vom Goldkurs. Das Unternehmen versprach seinen Anlegern bis zu 180 Prozent Rendite. Diese sollten angeblich durch Geschäfte mit Juwelieren erwirtschaftet werden. Die Anleger des Unternehmens investieren zusammen der Firma insgesamt ein Vermögen in Höhe von 57 Millionen Euro. Im Jahr 2015 wurde im Rahmen einer Durchsuchung festgestellt, dass nur 324 Kilogramm echtes Gold im Wert von ca. 10,5 Millionen Euro tatsächlich vorhanden waren. Die restlichen 95 Prozent waren zum Ärger der betroffenen Anleger Falschgold. 

Im Jahr 2019 klagte der Anleger aus dem oben genannten BGH-Fall gegen das Unternehmen auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung. Das Landgericht Köln gab ihm in erster Instanz Recht. Das Oberlandesgericht Köln beurteilte den Fall als Berufungsgericht jedoch anders und ging von einer Verjährung der Ansprüche des Anlegers aus. Dem Kläger und seiner Frau sei im Juni 2015 die Insolvenzeröffnung über das Unternehmen bekannt gewesen. Im selben Jahr habe sich zudem der Insolvenzverwalter geweigert, das Gold der beiden Anleger auszusondern. Der Geschäftsführer sagte dem Ehepaar zu, dass es sich um insolvenzfestes Sondervermögen handele. Das Oberlandesgericht urteilte in der Berufung, dass sich der Kläger darauf nicht habe verlassen dürfen. Die Verjährung der Ansprüche habe deshalb bereits im Jahr 2015 begonnen und Ende 2018 geendet. Die Klageerhebung erst im Jahr 2019 sei daher zu spät erfolgt.    

Revision des Sparers beim BGH erfolgreich

Gegen das Berufungsurteil und die Annahme der Verjährung legten der Anleger und seine Frau Revision vor dem Bundesgerichtshof ein. Das oberste Gericht gab dem Ehepaar Recht: der Anspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2019 noch nicht verjährt gewesen. Der Bundesgerichtshof führt in den Entscheidungsgründen aus, dass das Oberlandesgericht richtig gesehen habe, dass es für den Beginn der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist auf die Kenntnis der Tatsachen ankomme und nur in Ausnahmefällen auf eine zutreffende rechtliche Wertung. Das Oberlandesgericht habe jedoch in seiner rechtlichen Wertung übersehen, dass hier ein solcher Ausnahmefall anzunehmen ist. 

Die reine Kenntnis von der Tätigkeit reiche demnach nicht aus, wenn die Grundlage der Haftung in einer falschen Rechtshandlung des Schuldners liege. Ein juristischer Laie könne daraus nicht schließen, ob diese Rechtshandlung pflichtwidrig oder fehlerhaft gewesen ist. Zwar hatte das Ehepaar Kenntnis von der abweichenden Rechtsauffassung des Insolvenzverwalters, jedoch folge daraus keinesfalls eine grob fahrlässige Unkenntnis von den bestehenden Ansprüchen. Grundsätzlich - so die Karlsruher Richter - sei es nicht unentschuldbar, wenn Anleger aufgrund eines bestehenden Vertrauensverhältnisses eher den Beschwichtigungen ihres Beraters oder Vermittlers glauben. 

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Foto(s): Bild von Steve Bidmead auf Pixabay


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