BGH urteilt im Abgasskandal: Anspruch auf sog. Restschadenersatz verjährt in 10 Jahren nach Neuwagenkauf

  • 2 Minuten Lesezeit

Der Bundesgerichtshof hat bejaht, dass im VW-Diesel-Abgasskandal der Anspruch auf den sog. Restschadenersatz nach § 852 BGB besteht (BGH, Urteile vom 21.02.2022 – VIa ZR 8/21 und VIa ZR 57/21).

Dieser Anspruch verjährt erst zehn Jahre nach Kauf des Autos. Heißt: Auch geschädigte Autokäufer, die bisher noch keine Schadenersatzansprüche geltend gemacht haben, müssen nicht leer ausgehen. Haben sie vor dem Bekanntwerden des Dieselskandals am 22.09.2015 einen VW, Audi, Seat oder Skoda mit dem Dieselmotor EA 189 als Neufahrzeug erworben und ist der Kauf nicht länger als 10 Jahre her, kann der Anspruch auf den sog. Restschadenersatz geltend gemacht werden.

„Von dem Begriff Restschadenersatz sollten sich die geschädigten Autokäufer nicht irritieren lassen. Unterm Strich erhalten sie das Gleiche wie nach dem – inzwischen verjährten – Schadenersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Gegen Rückgabe des Fahrzeugs können sie die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer verlangen. Weitere Kosten für Herstellung oder Bereitstellung kann VW nach der Rechtsprechung des BGH jedoch nicht abziehen“, sagt Rechtsanwalt Michael Staudenmayer, der bereits zahlreiche Mandanten im Abgasskandal vertreten hat.

Der BGH hat im Mai 2020 entschieden, dass sich VW im Diesel-Skandal wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB grundsätzlich schadenersatzpflichtig gemacht hat (Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19). Das Urteil kam allerdings für viele geschädigte Autokäufer zu spät, denn aufgrund der dreijährigen kenntnisabhängigen Verjährungsfrist hätten die Ansprüche in der Regel bis Ende 2019 geltend gemacht werden müssen.

Das hatten die Kläger in den gegenständlichen Verfahren vor dem BGH versäumt. Sie kauften 2012 und 2013 einen VW Golf bzw. einen VW Eos mit dem Dieselmotor EA 189 als Neuwagen. Nachdem ihre Fahrzeuge aufgrund der Abgasmanipulationen zurückgerufen wurden, ließen sie das Software-Update zwar aufspielen, Klage auf Schadenersatz erhoben sie 2020. Zu spät, wie die Oberlandesgerichte Koblenz bzw. Oldenburg entschieden. Es habe zwar ein Anspruch auf Schadenersatz bestanden, dieser sei jedoch bereits verjährt.

In dem angestrengten Revisionsverfahren erhielten die Kläger vor dem BGH dennoch schlussendlich Recht. Der VIa. Zivilsenat des BGH bestätigte zwar, dass die Schadenersatzansprüche nach § 826 BGB verjährt seien. Jedoch sprach der BGH den Klägern den Anspruch auf den Restschadenersatz gemäß § 852 BGB zu. VW habe die Fahrzeuge mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht und die Käufer dadurch geschädigt. Gemäß § 852 BGB müsse VW daher das durch unerlaubte Handlung Erlangte wieder herausgeben und den Schaden ersetzen. Die Bereicherung beziehe sich dabei nicht nur auf den Gewinn von VW, sondern auf den gesamten Kaufpreis, so der BGH. Gegen Rückgabe der Fahrzeuge können die Kläger daher die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung verlangen. Die Höhe der Nutzungsentschädigung muss das jeweilige Oberlandesgericht noch feststellen.

Der Anspruch auf Restschadenersatz verjährt erst nach zehn Jahren. Er besteht allerdings nur bei Neuwagen und nicht wenn die Fahrzeuge bereits gebraucht gekauft wurden. Das hat der BGH kürzlich so entschieden (Urteile vom 10.02.2022 - VII ZR 365/21 u.a.).

„In den Verfahren ging es um Fahrzeuge des VW-Konzerns mit dem Dieselmotor EA 189. Die Entscheidung des BGH, dass im Abgasskandal der Anspruch auf Restschadenersatz bis zu 10 Jahre ab Neuwagenkauf besteht, lässt sich aber auch auf andere Motoren und Hersteller ausweiten“, so Rechtsanwalt Staudenmayer.

Mehr Informationen: https://www.ra-staudenmayer.de/t%C3%A4tigkeitsschwerpunkte/abgasskandal



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Michael Staudenmayer

Beiträge zum Thema