BGH vergrößert Unsicherheiten bei Gesellschafterstreit

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Unbeachtlicher Ladungsmangel führt nicht zur Unwirksamkeit von Beschlüssen

Eine jüngere Entscheidung des Bundesgerichtshof (Urteil vom 11.03.2014 – II ZR 24/13) führt zu nicht unerheblicher Rechtsunsicherheit in typischen Konstellationen eines Gesellschafterstreits.

Gegenstand der Entscheidung waren Beschlüsse einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Ausführungen sind jedoch auf alle sonstigen Personen(handels)gesellschaften übertragbar. Die Parteien des Rechtsstreits waren als Rechtsanwälte und Steuerberater in mehreren Gesellschaften miteinander verbunden. Die Beklagten haben im Rahmen einer streitigen Auseinandersetzung den Kläger per Telefax zu einer Gesellschafterversammlung geladen, in der sie – wie angekündigt – den Ausschluss des Klägers aus der Gesellschaft beschlossen haben. Die Ladung war dem Kläger am letzten Tag der Ladungsfrist – einem Freitag – per Telefax um 19.20 Uhr im Büro zugegangen. Der Kläger nahm an der Gesellschafterversammlung unter Protest unter Hinweis auf die verspätete Ladung teil.

Problematisch war hier, dass die Ladung dem Kläger nicht rechtzeitig zugegangen war. Denn vom wirksamen Zugang kann erst ausgegangen werden, wenn die Ladung in den Bereich des Empfängers gelangt ist und nach dem üblichen Geschäftsgang mit der Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Da das Fax außerhalb der normalen Geschäftszeiten einging, war mit einer Kenntnisnahme erst am nächsten Montag und damit außerhalb der Frist zu rechnen.

Da mangelhafte Ladungen „normalerweise“ zu einem Mangel der Versammlung führen, sofern nicht alle Gesellschafter der Durchführung zustimmen und da außerdem im Personengesellschaftsrecht Mängel der Versammlung an sich zur Nichtigkeit aller gefassten Beschlüsse führen, hätte man vermuten können, dass die Entscheidung des BGH ähnlich wie die der Vorinstanzen ausfallen würde, dass also die Beschlüsse nichtig sind.

Der BGH hat nunmehr ausgeführt, dass Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt der Ladung bei Personengesellschaften zur Nichtigkeit führen können (!), wenn der mit der Regelung verfolgte Zweck, dem Gesellschafter die Vorbereitung auf und die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung zu ermöglichen, vereitelt wird. Dies gelte aber nur, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Zustandekommen des Beschlusses durch den Mangel beeinflusst wurde. Da das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat, wurde das Verfahren zurückverwiesen.

Aufgrund der Entscheidung wird es nunmehr in Gesellschafterstreitigkeiten einen Unsicherheitsfaktor mehr geben. So gibt es schon keine gesetzlichen Vorgaben, wie Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu fällen sind. Aufgrund dessen enthalten die meisten Gesellschaftsverträge von wirtschaftlich tätigen Personengesellschaften hierzu Regelungen, die allerdings häufig auch nicht abschließend und nicht in sich abgestimmt sind. Viele Gerichte haben bislang – wie das Berufungsgericht hier – vorrangig geprüft, ob ein Ladungsmangel vorlag. Wurde dies bejaht, war der Beschluss nichtig. Nunmehr wird sich aber daran die wertende Frage stellen, ob der Beschluss nicht unter Umständen doch in gleicher Form geschlossen worden wäre, wenn – wie im vorliegenden Beispiel – die Einladung noch während des Geschäftsbetriebs und damit rechtzeitig zugegangen wäre. Dieser Ausschluss behandelt allerdings eine reine Hypothese, sodass wertenden Überlegungen des Gerichts Tür und Tor geöffnet sind. Dies hat zur Folge, dass das Ergebnis von Gesellschafterstreiten vor Gericht noch schlechter vorhersehbar ist als bislang.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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