BGH zu Teilgewinnabführungsvertrag und Veräußerung von betriebsnotwendigem Vermögen

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Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit ist schnell gemacht. Manchmal auch zu schnell, wie ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2019 zeigt (Az.: II ZR 426/17). Der BGH stellte klar, dass ein Rechtsgeschäft sittenwidrig ist, wenn es nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dazu reiche es im Allgemeinen nicht aus, dass eine vertragliche Pflicht verletzt wird, sondern es müsse eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten. 

Dies sei aber nicht schon dann gegeben, wenn eine GmbH, die aufgrund eines Teilgewinnabführungsvertrags verpflichtet ist, 20 Prozent ihres Jahresüberschusses abzuführen, betriebsnotwendiges Vermögen an eine andere Gesellschaft mit den gleichen Gesellschaftern verkauft. Eine sittenwidrige Verletzung der Leistungstreuepflicht sei darin nicht zu sehen, so der BGH.

Mit der deutschen Einheit brachen für Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) andere Zeiten an. Umstrukturierungen wurden nötig und Altverbindlichkeiten belasteten vielfach die neuen Gesellschaften. Eine Folge davon war häufig, dass die ehemalige LPG Wirtschaftsgüter verkaufte und der Käufer für die Altverbindlichkeiten eintrat. So war es auch im konkreten Fall. Hier hatte sich die GmbH, die landwirtschaftliche Flächen von der ehemaligen LPG übernommen hatte, im Rahmen eines Teilgewinnabführungsvertrags dazu verpflichtet, 20 Prozent ihres erzielten Jahresüberschusses abzuführen.

Die GmbH verkaufte die Nutzflächen nun an eine andere Gesellschaft, wobei die Gesellschafter identisch waren. Der Unterschied: Die GmbH, die die Grundstücke gekauft hatte, war nicht dazu verpflichtet, einen Teil der Gewinne abzuführen. Dagegen klagte die ehemalige LPG. Die Kaufverträge seien wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Die Beklage habe durch die Übertragung auf Parallelgesellschaften nur versucht, sich aus ihrer Verpflichtung zur Teilgewinnabführung zu stehlen.

Sowohl Landgericht als auch Oberlandesgericht gaben der Klage statt. Der BGH hob das Urteil jedoch auf und verwies den Fall zur neuen Entscheidung zurück an das OLG.

Nach Ansicht des BGH sei die Sittenwidrigkeit der Kaufverträge und Auflassungen nicht hinreichend festgestellt worden. Schon ein Verstoß gegen die Leistungstreuepflicht aus dem Teilgewinnabführungsvertrag sei nicht hinreichend klar zu erkennen. Es sei nicht geklärt worden, welche Auswirkungen die Grundstücksverkäufe auf die Ertragssituation der beklagten GmbH haben und somit auch nicht, welche Nachteile sich für die Klägerin daraus ergeben.

Zudem sei eine Verletzung der Pflichten aus dem Teilgewinnabführungsvertrag nicht automatisch eine den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründende Verletzung der Leistungstreuepflicht, stellte der BGH weiter klar. Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit hänge dabei nicht nur von formalen Regelungen, sondern auch davon ab, welchen Anteil der Altschulden die Beklagte überhaupt zu tragen hat und wie viel bisher schon durch Gewinnabführungen getragen wurde. Das wird das Berufungsgericht erneut feststellen müssen.

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