Blaulicht im Straßenverkehr bei Führung eines Privatfahrzeugs – Amtsanmaßung?
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Das Kammergericht Berlin musste in dieser Sache aus dem Jahre 2014 darüber entscheiden, ob der Einsatz eines Blaulichts während des Führens eines privaten Pkws bereits ausreicht, um den Straftatbestand der Amtsanmaßung gemäß § 132 StGB zu erfüllen.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Angeklagte war auf der innerstädtischen Autobahn in Berlin unterwegs. Als der Verkehr zu stocken begann, setzte er ein im Frontbereich seines Privatfahrzeugs installiertes Blaulicht in Gang, damit die in unmittelbarer Nähe befindlichen Fahrzeugführer denken, es handelt sich um einen Hoheitsträger im Einsatz. Durch dieses Manöver konnte sich der Angeklagte für mehrere Kilometer freie Fahrt verschaffen, bis eine Polizeistreife auf ihn aufmerksam wurde.
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten vom Vorwurf der Amtsanmaßung freigesprochen. Ein Einsetzen eines Blaulichts reicht allein nicht aus, um anzunehmen, dass sich der Angeklagte als Hoheitsträger ausgegeben habe. Das Setzen von Blaulicht ist in der Allgemeinheit nicht nur Hoheitsträgern überlassen, sondern kann auch von zivilen Fahrzeugen rechtmäßig eingesetzt werden. Diese Begründung führt dazu, dass das Handeln des Angeklagten mehrdeutig gewesen sei und nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ eine Amtsanmaßung nach § 132 StGB nicht bestehen könne.
Dies war der Staatsanwaltschaft ein Dorn im Auge, welche gegen das Urteil Sprungrevision zum Kammergericht Berlin einlegte. Die erhobene Sachrüge hatte Erfolg.
Die Richter des Kammergerichts urteilten, dass das Urteil nicht den Anforderungen der Begründungspflicht aus § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO genüge. Zwar wurden Feststellungen seitens des erstinstanzlichen Amtsgerichts über die Blaulichtsituation getroffen, jedoch unterblieben weitere Details zu Zeit, Ort und Umstand der Fahrt des Angeklagten. Des Weiteren bemängelten die Richter, dass auch keinerlei Feststellungen zur Art und Aussehen des Fahrzeuges als auch zur Form und Einsatzweise des Blaulichts sowie Reaktionen der anderen Verkehrsteilnehmer getroffen wurden.
Zwar könne auch Blaulicht an privaten Kraftfahrzeugen nach § 52 Abs. 3 StVZO angebracht werden, welches unter § 38 Abs. 2 StVO sogar im öffentlichen Verkehr betrieben werden darf, jedoch reicht die Tatsache, dass auch Privatpersonen unter bestimmten Voraussetzungen solch ein Warnsignal nutzen dürfen nicht aus, um den Tatbestand einer Amtsanmaßung vollends auszuschließen.
Nach den Richtern des Kammergerichts kommt es darauf an, ob die vorgenommene Handlung des Betriebs des Blaulichts im Rahmen der sie begleitenden Umstände bei einem objektiven Betrachter den Anschein hoheitlichen Handels hervorruft und deswegen mit einem solchen Handeln verwechselbar ist.
Nach dieser Überlegung müsse der Tatrichter nämlich eine Vermutung anhand des überwiegenden Teils der mit blauem Blaulicht ausgestatteten Fahrzeuge treffen, wobei die meisten Fahrzeuge dieses Typus wohl im Rahmen hoheitlichen Handels eingesetzt werden und lediglich die Ausnahmen nach § 52 Abs. 3 StVZO sowie § 38 Abs. 1 und 2 StVO gesetzlich besonders geregelt sind.
Des Weiteren ist notwendig, dass anhand des äußerem Erscheinungsbilds des Fahrzeuges abgewogen wird, ob es sich um einen Hoheitsträger handelt. Hat das Modell des Fahrzeugs oder die Anzahl der Insassen den Anschein, dass es sich um einen Unfallhilfswagen der Verkehrsbetriebe oder eines Fahrzeuges der Rettungsdienste handelt, so liegt ein hoheitliches Handeln nicht vor. Hat das Fahrzeug jedoch Ähnlichkeit mit Fahrzeugen aus der Riege der Einsatzfahrzeuge (bspw. Polizei und Feuerwehr), so würde sich die Vermutung für ein hoheitliches Handeln verstärken. Hat das Fahrzeug ein vollkommen neutrales Erscheinungsbild und lässt keinerlei besondere Merkmale erkennen, so wird ein objektiv betrachtender Dritter wohl damit rechnen, dass es sich um ein weit verbreitetes Zivilfahrzeug der Einsatzkräfte der Polizei handelt und somit hoheitliches Handeln vermuten.
Aufgrund der mangelhaften Feststellungen des Amtsgerichts konnte keine endgültige Entscheidung getroffen werden. Das Kammergericht hat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen (KG Berlin, Urteil vom 09.01.2013 – (4) 121 Ss 247/12 (304/12).
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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