Bundesgerichtshof folgt der Ansicht von Pfando und verneint Rückkaufhandel!

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Nachdem der Verfasser dieses Artikels bereits kurz nach Verkündung der Entscheidungen des BGH in den Sachen Pfando an dieser Stelle eine erste Einschätzung gegeben hat, veranlassen die nun vorliegenden schriftlichen Urteilsgründe zu einer weiteren Bewertung.

Mit den Urteilen vom 16. November 2022 hat das oberste deutsche Zivilgericht die Rechtsprechung vieler Oberlandesgerichte mit einem Schlag vom Tisch gewischt und die von Pfando vertretene Auffassung zur Vereinbarkeit des Vertragswerks mit § 34 Abs. 4 der Gewerbeordnung (kurz: GewO) mit beeindruckender und überzeugender Klarheit bestätigt und damit ein Stück Rechtsgeschichte geschrieben (BGH vom 16. November 2022 zu VIII ZR 221/21, VIII ZR 288/21, VIII ZR 290/21).

Nicht zu übersehen ist weiter, dass der BGH in dieser Weise auch die Interessen der Kunden von Pfando an rechtssicheren Verträgen gestärkt hat, denn nach eigenen Angaben hat der Marktführer in Sachen cash & drive mehr als 20.000 zufriedene Kunden.

Was bietet Pfando überhaupt?

Kurz zusammengefasst: Die Pfando’s cash & drive GmbH ist eine staatlich zugelassene Pfandleiherin. Im Rahmen dieses Angebots hat sich das Unternehmen ausschließlich auf Kraftfahrzeuge jeglicher Art spezialisiert. Wie bei einem gewöhnlichen Pfandleihhaus kann man sein Fahrzeug verpfänden. Für Kunden, die anders als bei der Pfandleihe jedoch mobil bleiben wollen, hat Pfando’s in deren Interesse ein eigenes Vertragswerk entwickelt, bei der Pfando das Fahrzeug ankauft und damit dem Kunden die schnelle und unkomplizierte Liquidität verschafft. Für die Mobilität wiederum vermietet die Vermietgesellschaft eben dieses Auto an den Kunden zurück. Der Mietpreis kann sich dabei an den Kosten eines vergleichbaren Pfandleihegeschäfts messen lassen.

Der Kunde schlägt also zwei Fliegen mit einer Klappe: Neben der gewünschten schnellen und reibungslosen Liquidität kann er ein Fahrzeug zur eigenen Mobilität nutzen und spart unter dem Strich im Vergleich zur Pfandleihe noch Kosten.

Warum wählte Pfando den Weg zum BGH?

Pfando hatte bei den zur Entscheidung der Rechtsmäßigkeit dem BGH vorliegenden Verträgen die Fahrzeuge zum Ende der Vertragslaufzeit durch Versteigerung verwertet. Dabei war das Mindestgebot genau definiert, wobei der Übererlös dem Kunden gebührte. Vor diesem Hintergrund war Pfando der Auffassung, dass das Unternehmen nach eigener Maßgabe in Fällen, in denen der Kunde an der Versteigerung teilnehmen wollte und dieser das Mindestgebot erbringen konnte, das Fahrzeug dem Kunden direkt zum Mindestaufrufpreis zum Ankauf anbieten zu können.

Hieraus konstruierten einige Oberlandesgerichte ein faktisches Rückkaufsrecht. Seine Begründung fand dies darin, dass – so die gerichtliche Argumentation – nach den Vorstellungen beider Vertragsparteien der Kunde faktisch die Möglichkeit haben sollte, sich das Eigentum an dem Fahrzeug wieder zu verschaffen, indem er entweder bei der öffentlichen Versteigerung selbst mitbietet oder er das Fahrzeug „unter Abbedingung dieses Umweges“ direkt von Pfando zurückerwirbt. Da jedoch der gewerbsmäßige Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung des Rückkaufsrechts nach § 34 Abs. 4 GewO verboten ist, wurde durch diese Entscheidungen das Geschäftsmodell in Verruf gebracht und mit einem Makel versehen.

Was sagt nun der BGH?

Dieser rechtsirrigen Ansicht mancher Oberlandesgerichte hat der BGH einen Riegel vorgeschoben: Am 16. November 2022 entschied das höchste deutsche Zivilgericht nämlich, dass die Norm der Gewerbeordnung bei den zu überprüfenden Verträgen nicht zur Anwendung gelangen kann (BGH vom 16. November 2022 zu VIII ZR 221/21, VIII ZR 288/21, VIII ZR 290/21).

Wie begründet dies der Bundesgerichtshof?

Der BGH stellt zu Recht fest, dass ein „Recht zum Rückkauf“ nicht besteht: „Denn Pfando gewährt seinen Kunden ein – in der Ausübung allein von deren Willen abhängiges – Recht auf Rückerwerb der Fahrzeuge nicht. Vielmehr vereinbaren die Vertragsparteien eine Verwertung des Fahrzeugs nach Ablauf der Mietzeit durch eine öffentliche Versteigerung. Auch wenn diese Vereinbarung die Möglichkeit für den Kunden eröffnet, das Fahrzeug zurück zu erwerben, ist ein solcher Rückerwerb nicht einseitig sichergestellt, da der Vertrag nur dann zustande kommen wird, wenn der Kunde ein wirksames Höchstgebot abgibt und das darin liegende Angebot durch Zuschlagserteilung angenommen wird (§ 156 Satz 1 BGB).“

Weiter führt der BGH aus:

„Selbst wenn der vorgenannte Weg der Verwertung über eine Versteigerung – wie von Pfando‘s in Aussicht gestellt – „abgekürzt“ werden kann, indem der Kunde das Fahrzeug direkt von Pfando auf rechtsgeschäftlichem Weg zurückerwirbt, ist der Kunde immer noch darauf angewiesen, dass Pfando ein Angebot des Kunden auf Rückkauf annimmt. Ein einseitiges Recht hierauf ist ihm in den geschlossenen Verträgen nicht eingeräumt worden.“

Der BGH orientiert sich also an dem Wortlaut des § 34 Abs. 4 GewO und sieht in der Versteigerung oder dem Angebot diesen Weg des Erwerbs abzukürzen und einen Kauf anzubieten, kein einseitiges Gestaltungsrecht im juristischen Sinne!

Zugleich schob der BGH der analogen Anwendung der Norm, nämlich durch das Genügen einer „faktischen Möglichkeit“ einen verfassungsrechtlichen Riegel vor: „Einer analogen Anwendung auf die vertragliche Regelung steht die Bestimmung des Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz (kurz: GG) entgegen. Das Verbot des Rückkaufshandels ist bußgeldbewehrt. Eine analoge Anwendung von Bußgeldvorschriften ist indes nach Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 OWiG ausgeschlossen. Dies ist nicht deshalb anders zu beurteilen, weil nicht die Verhängung eines Bußgelds in Rede steht, sondern die Frage eines zur Nichtigkeit der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge führenden Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Denn es gebietet der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung, dass ein objektiv gleiches Verhalten nicht einerseits im Wege der analogen Anwendung einer Norm zivilrechtliche Nichtigkeitsfolgen nach sich zieht, jedoch andererseits eine – dem Grunde nach vorgesehene – Bußgeldanordnung aufgrund des Analogieverbots ausscheidet.“

„Die Frage der analogen Anwendung einer Norm ist daher im Interesse der Rechtssicherheit grundsätzlich einheitlich zu beurteilen, denn die Rechtsordnung soll und darf nicht für denselben
 Sachverhalt gegensätzliche Rechtsfolgen anordnen.“

Soweit es die Lesbarkeit erforderte, hat der Verfasser dieses Artikels Zitate aus dem Urteil sprachlich leicht angepasst.

Fazit:

Mit ungewöhnlicher Klarheit und juristisch eindeutig und überzeugend begründet zeigt der BGH auf, dass manche Oberlandesgerichte verfassungsrechtliche Grundsätze nicht beachtet und § 34 Abs. 4 GewO zu Lasten von Pfando und deren Kunden weit überstrapaziert sowie jenseits des verfassungsrechtlich zulässigen ausgedehnt haben. Bis zu dieser Entscheidung war es ein weiter Weg, den jedoch Pfando gemeinsam mit seinen Rechtsvertretern mit Überzeugung erfolgreich gegangen ist.

Wie geht es weiter?

Von Pfando hört man, dass im Nachgang zur Urteilsserie des BGH das Vertragsmodell angepasst wurde. Durch die Rückkehr zur Verwertung durch Versteigerung und eindeutiger Zuweisung des Mehrerlös an den Kunden, räumt Pfando dabei die Bedenken des BGH aus dem einzig zu Lasten des Unternehmens entschiedenen Verfahren – VIII ZR 436/21 – im Interesse des Kunden vollumfänglich und eindeutig mit neuen Verträgen aus.


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