Bundesgerichtshof stärkt die Rechte von Reisenden mit Mobilitätseinschränkungen

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Sachverhalt

Am 30. Mai 2019 buchten die Kläger über ein Online-Portal Flüge für fünf Personen mit der beklagten Fluggesellschaft von Frankfurt am Main nach Budapest und weiter nach St. Petersburg. Beide Flüge erfolgten wie geplant. Einer der Kläger, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, musste in Budapest als letzter das Flugzeug verlassen, was dazu führte, dass beide Kläger ihren Anschlussflug verpassten. Die Fluggesellschaft bot keine alternative Beförderung an, woraufhin die Kläger selbst einen anderen Flug buchten und mit einer Verspätung von etwa zehn Stunden in St. Petersburg ankamen. Sie forderten daraufhin die Erstattung der Kosten für den Ersatzflug sowie eine Entschädigung für die Verspätung.

Vorinstanzen:

Während das Amtsgericht die Klage auf Erstattung der Kosten der Ersatzbeförderung (je 227,27 Euro) und eine Ausgleichszahlung (je 400 Euro) abgewiesen hat, hat das Landgericht im Berufungsverfahren den Klägern die Kosten der Ersatzbeförderung zugesprochen. Einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen lehnte das Landgericht gleichermaßen ab. Nach Auffassung der Richter habe das ausführende Luftfahrtunternehmen, indem es den Kläger nicht ausreichend beim Umsteigen unterstützt habe, gegen Art. 11 Abs. 1 der Fluggastrechte-Verordnung verstoßen. Daraus resultiere jedoch kein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Fluggastrechte-Verordnung, da Art. 11 Fluggastrechte-Verordnung nicht auf diese Vorschrift verweist. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision des Klägers.

Auszug aus der Fluggastrechte-Verordnung

Artikel 7 Ausgleichsanspruch

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
 a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,


b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,


c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Artikel 11 Personen mit eingeschränkter Mobilität oder mit besonderen Bedürfnissen 

(1) Die ausführenden Luftfahrtunternehmen geben Personen mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleitpersonen oder Begleithunden mit entsprechender Bescheinigung sowie Kindern ohne Begleitung bei der Beförderung Vorrang.

Urteil des Bundesgerichtshofs (vom 20.06.2023 – X ZR 84/22):

Der Bundesgerichtshof entschied zugunsten der Kläger. Ein Anspruch aus Ausgleichszahlungen nach Art. 7 der Fluggastrechte-Verordnung könne mit der vom Landgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden.

Die Beklagte sei für die Verspätung verantwortlich gewesen. Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen sei für eine große Ankunftsverspätung verantwortlich, wenn es einem Fluggast unter Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 Fluggastrechte-Verordnung die Möglichkeit genommen hat, einen direkten Anschlussflug rechtzeitig zu erreichen.

Im Streitfall sei einer der beiden Kläger in den Anwendungsbereich von Art. 11 Abs. 1 der Fluggastrechte-Verordnung einbezogen, weil er auf einen Rollstuhl angewiesen sei. Entsprechendes galt für die zweite Klägerin als Begleitperson. Das ausführende Luftfahrtunternehmen sei verpflichtet gewesen, die beiden Kläger nach Ankunft in Budapest vorrangig aussteigen zu lassen.




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