Bahnstreik: Ihre Rechte bei Verspätung und Zugausfall
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Wenn bei der Bahn gestreikt wird, bedeutet das für Pendler und Reisende immer eine Ausnahmesituation. Sie müssen mit Zugausfällen, erheblichen Verspätungen und überfüllten Zügen rechnen. In diesem Ratgeber erklären wir Ihnen, welche Rechte Sie als Fahrgast bei einem Bahnstreik haben: Können Sie Ihre Reise wegen eines Bahnstreiks kostenlos stornieren? Welche Entschädigung steht Ihnen zu, wenn Ihr Zug Verspätung hat oder ausfällt, und wann wird die Zugbindung aufgehoben? Antworten auf diese und andere Fragen finden Sie hier.
Im Streikfall bemühen sich die Bahnunternehmen, kurzfristig einen Ersatzfahrplan zu erstellen. Wenn ein Streik angekündigt ist, sollten Sie sich daher frühzeitig – am besten ab zwölf Stunden vor der geplanten Abfahrt – informieren, ob für Ihre gebuchte Zugverbindung bereits Verspätungen oder Zugausfälle angekündigt sind. Reisende mit der Deutschen Bahn können sich auf deren Internetseite oder in der App DB Navigator über aktuelle Meldungen zum Bahnverkehr informieren.
Wird die Zugbindung bei einem Bahnstreik aufgehoben?
Grundsätzlich sieht die Fahrgastrechteverordnung vor, dass die Zugbindung ab einer Verspätung von 20 Minuten aufgehoben wird. Diese Regelung gilt auch bei einem Bahnstreik. Die Aufhebung der Zugbindung bedeutet, dass Sie mit einer gültigen Bahnfahrkarte auch andere höherwertige Züge nutzen können, um Ihr Ziel zu erreichen, sofern der Zug nicht reservierungspflichtig ist.
Wenn Ihre Fahrkarte jedoch nur für den Nahverkehr gültig ist, müssen Sie eine neue Fahrkarte kaufen, wenn Sie mit Zügen des Fernverkehrs reisen möchten. Die Mehrkosten beziehungsweise der Aufpreis für diese Fahrkarte werden Ihnen jedoch erstattet. Die Aufhebung der Zugbindung müssen Sie sich nicht mehr von einem Bahnmitarbeiter bestätigen lassen.
Wer mit einem Länder-Ticket, Schönes-Wochenende-Ticket oder Deutschland-Ticket unterwegs ist, darf nicht einfach Fernverkehrszüge (z. B. ICE) benutzen, wenn die Zugbindung aufgehoben wurde. Da es sich bei diesen Tickets um Fahrkarten mit „erheblich ermäßigtem Beförderungsentgelt“ handelt, müssen die Fahrgäste die Kosten für den Umstieg auf Fernverkehrszüge selbst tragen. Die Mehrkosten werden vom Eisenbahnunternehmen nicht erstattet. Bei Verspätungen von mehr als 60 Minuten haben Inhaber solcher Fahrkarten Anspruch auf eine pauschale Entschädigung von 1,50 €.
Bei angekündigten Streiks hebt die Bahn in der Regel die Zugbindung für diesen Zeitraum auf. Fahrgäste, die bereits eine Fahrt gebucht haben, die vom Streik betroffen ist, sollen so die Möglichkeit erhalten, nicht notwendige Fahrten zu verschieben und flexibel zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt anzutreten. Bereits getätigte Sitzplatzreservierungen können kostenlos storniert werden. Auch wenn die Zugbindung aufgehoben wurde, gilt das Zugticket weiterhin nur für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort. Sie müssen also nicht unbedingt dieselbe Strecke fahren, wie ursprünglich geplant, aber der Zielbahnhof muss derselbe sein.
Entschädigung bei Zugverspätungen
Die für die Entschädigung relevante Verspätungsdauer ist immer die Verspätung, mit der Sie Ihr Ziel erreichen (Ankunftsverspätung). Ab einer Verspätung von 60 Minuten erhalten Sie 25 %, ab einer Verspätung von 120 Minuten 50 % des Fahrpreises zurück.
Nutzen Sie eine Zeitfahrkarte wie eine Wochen-, Monats- oder Jahreskarte? Dann erhalten Sie eine pauschale Entschädigung je Verspätung ab 60 Minuten:
2. Klasse | 1. Klasse | |
---|---|---|
Zeitkarten (Nahverkehr) | 1,50 € | 2,25 € |
Zeitkarten (Fernverkehr) | 5 € | 7,50 € |
BahnCard 100 | 10 € | 15 € |
Schönes-Wochenende-Ticket, Quer-durchs-Land-Ticket und Länder-Tickets gelten als Zeitfahrkarten des Nahverkehrs. Bitte beachten Sie, dass die Deutsche Bahn keine Entschädigungen unter einem Bagatellwert von 4 € zahlt. Außerdem können Sie maximal 25 % des Zeitkartenwertes erstattet bekommen. Möchten Sie Entschädigungen für mehrere Verspätungen über 60 Minuten beantragen? Dann können Sie diese Anträge gesammelt bei der Deutschen Bahn einreichen. Nach Ablauf der Geltungsdauer Ihrer Fahrkarte haben Sie ein Jahr Zeit, um einen Antrag auf Erstattung zu stellen.
Zug fällt aus – was nun?
Wenn Sie bereits im Voraus wissen, dass Ihr gebuchter Zug ausfällt oder mit einer Verspätung von mindestens 60 Minuten am Zielort eintrifft, können Sie sich dafür entscheiden, die Reise gar nicht erst anzutreten. In diesem Fall können Sie Ihr Ticket stornieren und erhalten den vollen Ticketpreis erstattet. Das gilt für die gesamte Reise, also auch dann, wenn Sie mehrere Züge nehmen müssen, um Ihr Ziel zu erreichen und nur einer von der Verspätung oder dem Zugausfall betroffen ist.
Wenn Sie Ihre Reise bereits angetreten haben, diese aber aus den oben genannten Gründen abbrechen, können Sie sich den Fahrpreis für die nicht zurückgelegte Strecke anteilig erstatten lassen. Wenn Sie zum Ausgangspunkt Ihrer Reise zurückkehren, wird Ihnen der gesamte Fahrpreis erstattet.
Streik ist kein außergewöhnlicher Umstand: Die ab Juni 2023 geltende Neufassung der Fahrgastrechteverordnung stellt klar, dass Streiks bei der Bahn nicht als außergewöhnlicher Umstand gelten. In diesem Fall würde der Anspruch auf Entschädigung wegen eines verspäteten oder ausgefallenen Zuges entfallen.
anwalt.de-Tipp: Sie fordern die Erstattung von Kosten, die Ihnen durch verspätete oder ausgefallene Züge entstanden sind, bislang aber ohne Erfolg? Ein auf Reiserecht spezialisierter Rechtsanwalt kann Ihnen helfen! Finden Sie jetzt den passenden Anwalt!
Entschädigung bei Verspätung oder Zugausfall beantragen
Bei einer Verspätung von mehr als 60 Minuten oder einem Zugausfall können Sie eine Entschädigung beantragen und sich den Fahrpreis ganz oder teilweise erstatten lassen. Holen Sie sich am besten eine Bestätigung der Verspätung oder des Zugausfalls von einem Mitarbeiter des Bahnunternehmens. Sollte dies nicht möglich sein, machen Sie Fotos von den Anzeigetafeln oder Screenshots, die als Beweis dienen können. Um eine Entschädigung zu beantragen, füllen Sie das Fahrgastrechte-Formular der Deutschen Bahn oder eines anderen Bahnunternehmens aus. Für online gekaufte Fahrkarten können Sie den Entschädigungsantrag direkt in der DB Navigator App oder in Ihrem Kundenkonto stellen.
Bahnstreik: Werden Taxikosten erstattet?
Bahnreisende, die wegen eines Bahnstreiks ihren Zug verpasst haben oder am Bahnhof gestrandet sind, dürfen nicht ohne Weiteres auf ein Taxi umsteigen. Hat das Bahnunternehmen einen Schienenersatzverkehr (Bus-Shuttle o. Ä.) eingerichtet, müssen Reisende diesen für die Weiterfahrt nutzen. Unter Umständen organisiert das Bahnunternehmen aber auch Sammeltaxis für Reisende mit dem gleichen Reiseziel.
Die Kosten für eine Taxifahrt bis maximal 120 € werden vom Bahnunternehmen nur übernommen, wenn
Ihre planmäßige Ankunftszeit am Zielort zwischen 0 Uhr und 5 Uhr liegt und Sie dort mit einer Verspätung von mindestens 60 Minuten ankommen würden.
der letzte fahrplanmäßige Zug des Tages ausfällt und Sie Ihren Zielort bis 24 Uhr nicht anders erreichen können.
Bahnunternehmen müssen Reisenden, die andere Verkehrsunternehmen (z. B. Flixbus, Flixtrain, Nightjet) für die Weiterfahrt nutzen, den Fahrpreis erstatten. Voraussetzung ist, dass das Bahnunternehmen dem zugestimmt hat oder es die Reisenden nicht innerhalb von 100 Minuten nach der fahrplanmäßigen Abfahrtszeit des verspäteten oder ausgefallenen Verkehrsdienstes oder des verpassten Anschlusses über die Möglichkeiten der Weiterreise informiert. Wer statt mit der Bahn mit dem Auto fährt, um den Streik zu umgehen, kann sich die dadurch entstandenen Kosten übrigens nicht vom Bahnunternehmen erstatten lassen.
Empfehlung von anwalt.de: Ihnen sind durch Zugausfälle oder -verspätungen hohe Kosten entstanden? Ein Anwalt für Reiserecht macht Ihren Anspruch auf Kostenerstattung für Sie geltend. Finden Sie jetzt den passenden Anwalt auf anwalt.de!
(THH)
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