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Corona-Abitur versus Notabitur, Durchschnittsabitur

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Corona-Abitur ist rechtswidrig

Es gibt auch nach 4 Wochen Schul-Lockdown keinerlei zentrale Vorgabe seitens der Kultusministerien, was als Mindeststandard erforderlich ist, um allen Schülern einen möglichst hochwertigen und gleichwertigen Unterricht zu gewährleisten. Dies führt dazu, dass der Output zwischen den Extremen

  • engagierter Lehrer, die sich kreative Lösungen ausdenken, erreichbar sind und auch Aufgaben der Schüler kontrollieren
  • und solchen, die nur sagen, was zu lesen und zu bearbeiten ist, kaum erreichbar sind und Aufgaben nicht kontrollieren,

schwankt. Berücksichtigt man, dass selbst der engagierteste Lehrer mit Homeschooling keinen regulären Unterricht ersetzen kann, so wird offensichtlich, dass die Defizite bereits unter diesem Aspekt teils gravierend sind.

Noch gravierender wird die Situation, wenn man den Input hinzunimmt, unter der besonders sozial schwache Familien leiden, da diese mitunter über kein eigenes Zimmer, keinen eigenen Computer verfügen.

Insgesamt dürften demnach flächendeckend massive Defizite bereits eingetreten sein.

Wer dies nach bisher 3 Wochen Schul-Lockdown verharmlost, vergisst, dass ein Schuljahr nach Abzug der Ferien nur etwa 38 Wochen umfasst, d. h., 3 Wochen Homeschooling betreffen bereits fast 8 % des Schuljahres! Und berücksichtigt man, dass beim Abitur die Kurse halbjährlich abgerechnet werden, dann sind je nach Restdauer des Schuljahres sogar bereits ca. 15–25 % nicht ordnungsgemäß beschult worden!

Kein Corona-Abitur aus dem Homeschooling

Abschlussprüfungen aus dem Homeschooling sind aufgrund der vorstehenden Unzulänglichkeiten und Ungerechtigkeiten evident rechtswidrig, da diese keine regulären Prüfungsbedingungen gewährleisten.

Kein Corona-Abitur auch bei Öffnung der Schulen:

Einige Bundesländer haben die Prüfungen verschoben, so dass der fehlende Unterricht bis zum neuen Termin nachgeholt werden soll. Grundsätzlich ist der Gedankengang nachvollziehbar, nur hängt dieser von zahlreichen Unbekannten ab:

Wann startet der Unterricht wirklich, da die Schulen ja eine gewisse Vorlaufzeit benötigen?

Ist eine hinreichende Lehrerversorgung gewährleistet?

  • Bisher wurde kommuniziert, dass Lehrer über 60 Jahren vom Präsenzunterricht freigestellt werden – dies betrifft bundesweit immerhin 8 % aller Lehrer.
  • Auch schwangerer Lehrerinnen sollen vom Präsenzunterricht wohl freigestellt werden.
  • Und die größte Unbekannte sind die „Risikogruppen“ hinsichtlich derer auch kommuniziert wurde, dass diese vom Präsenzunterricht befreit werden, ohne dass die Politik bisher definiert hat, was sie darunter versteht. In Baden-Württemberg wurde nunmehr lanciert, dass 25 % aller Lehrer fehlen könnten, d. h., dass die Chance, dass Vorbereitungsunterricht ausfällt, sehr hoch ist!

Wenn Abstandsregelungen unter Schülern festgelegt werden, dann ist die Frage, ob Klassen/Kurse überhaupt vollständig unterrichtet werden können?

Und welche Regelungen gelten, wenn ein Schüler positiv auf Corona getestet wird? Wird dann wieder die ganze Schule zugemacht? Das entscheiden möglicherweise die lokalen Gesundheitsämter völlig unterschiedlich!

Diese ganzen Fragezeichen lassen es durchaus fragwürdig erscheinen, ob eine reguläre Abschlussprüfung auf dieser Basis zulässig ist und indizieren zahlreiche Anhaltspunkte für weitere Ungleichbehandlungen!.

Durchschnittsabitur/Notabitur

Eine Alternative bestünde darin, dass man im Falle einer Öffnung der Schulen, in den Abschlussklassen das Schuljahr durch eine möglichst hohe Unterrichtsversorgung ordentlich zu beenden, so dass wenigstens die schulischen Noten auf eine breitere Basis gestellt werden.

Das aktuelle Halbjahr ging ja nur vom 01.02.2020 bis 13.03.2020, d. h. gerade einmal 6 Wochen!

So hätte man zumindest die 4 Halbjahre gut durchgebracht und eine fundierte Basis, um von der Abiturprüfung abzusehen!

Was kann ich tun, wenn Corona-Abitur geschrieben wird?

Aktuell sieht es danach aus, als würden die Verwaltungsgerichte zumindest im Rahme von gerichtlichen Eilverfahren Abiturprüfungen nicht stoppen:

  • Das Verwaltungsgericht Wiesbaden (Aktenzeichen 6 L 342/20.W) hat den gerichtlichen Eilantrag in Hessen abgelehnt und das Rechtsschutzbedürfnis von vornherein auch  nur so weit gefasst, dass ein Schüler nur wegen seiner eigenen Abiturprüfung klagen durfte, aber nicht wegen der Prüfung insgesamt.
  • Nunmehr hat auch das Verwaltungsgericht Berlin (Aktenzeichen  VG 14 L 59.20) einen gerichtlichen Eilantrag abgelehnt.

Insofern reihen sich diese Gerichtsentscheidungen in Eilverfahren wegen anderer Corona-Regelungen ein, die in gerichtlichen Eilverfahren zurückhaltend sind, Fakten zu schaffen. Dies muss allerdings nicht heißen, dass Hauptsacheverfahren dann genauso entscheiden, denn in den Eilverfahren wurde ja hier tatsächlich mit heißer Nadel gestrickt und es gibt eben Aspekte, wie die nicht hinreichende und sehr unterschiedliche Prüfungsvorbereitung  im Homeschooling oder das hin  und her bei der Frage, ob Abitur geschrieben wird, die einer vertieften Auseinandersetzung bedurft hätten.

Wird Abitur geschrieben, dann sollte man vorsorglich einen schriftlichen Vorbehalt erklären, dass man aufgrund des Homeschooling nicht hinreichend vorbereitet wurde, so dass ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegt und man nur unter Protest mitschreibt.

Sollte während der Prüfung etwas passieren, kann man natürlich (wie ansonsten auch) weitere Einwände erheben.

Hierdurch kann man sich vorbehalten, Einwände nach der Prüfung noch geltend zu machen. Gerne kann ich Sie dabei auch unterstützen.

Rechtsanwalt Andreas Zoller

Anwaltskanzlei Zoller – Anwalt für Schulrecht seit 2007


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