Coronavirus: Aussetzung der Insolvenzantragspflicht – Update zur Haftung § 64 GmbHG/ § 92 II AktG

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Zusammenfassung

Auf die Aussetzung der Antragspflicht nach § 15 a InsO wird nun die Aussetzung der Haftung nach § 64 GmbHG/ § 92 II AktG folgen. 

Nach dem jüngsten Gesetzesentwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, welcher unter dem link

https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/Corona-Pandemie.pdf?__blob=publicationFile&v=3

einzusehen ist, ist die Gefahr einer strengen Haftung nach § 64 GmbHG/ § 92 II AktG einstweilen gebannt.

Details

Die gegenwärtige Corona-Pandemie kann auf absehbare Zeit noch nicht unter Kontrolle gebracht werden und hat bereits jetzt viele Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht. Die Zahl der betroffenen Unternehmen wird voraussichtlich noch exponentiell steigen.

Dem trägt der Staat nun Rechnung, eine Ausweitung der KFW-Kredite, Kurzarbeitergeld und eine Stundung von Steuerforderungen sind bereits beschlossen. Nun hat das Bundesministerium für Justiz angekündigt, dass die Insolvenzantragspflicht aufgrund des Coronavirus vorrübergehend ausgesetzt werden soll.

Grundsätzlich trifft GmbH-Geschäftsführer und AG-Vorstände gemäß § 15 a I 1 InsO die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist. 

Der Insolvenzantrag ist sofort, spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, zu stellen. Entscheidend ist der Eintritt der materiellen Insolvenz, unabhängig von einer Kenntnis oder Erkennbarkeit für das jeweilige Organ. 

Die Frist darf daher nur dann ausgenutzt werden, wenn ein sorgfältiger Geschäftsleiter im Rahmen eines Sanierungsplans bei objektiv nachprüfbarer Abwägung zum Ergebnis kommt, dass das Zuwarten mit der Antragstellung zur Umsetzung des Sanierungsplans im Interesse der Gläubigergesamtheit ist. Verstoßen die Geschäftsleiter gegen die Pflicht nach § 15 a InsO, riskieren sie die persönliche Haftung und machen sich u. U. strafbar.

Um die aktuelle wirtschaftliche Krise abzufedern, schafft das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eine gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht.

Nach eigener Erklärung will das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz verhindern, dass Unternehmen nur deshalb Insolvenz anmelden müssen, weil die von der Bundesregierung beschlossenen Hilfen nicht rechtzeitig -also vor Ablauf der regulären Drei-Wochen-Frist – bei ihnen ankommen. 

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gilt als flankierende Maßnahme zunächst bis zum 30.09.2020, sie soll dann (maximal) bis zum 31. März 2021 verlängert werden dürfen.

Voraussetzungen für die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 15 a InsO werden also kumulativ sein: 

(1.) Der Insolvenzgrund beruht allein auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

(2.) Eine Sanierung des insolvenzbedrohten Unternehmens hat objektive Erfolgsaussichten 

  • aufgrund eines begründeten Antrags auf staatliche finanzielle Hilfen 
  • oder aufgrund konkreter Finanzierungs-/ Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen 

Die Regelung soll aber nur vermeiden, dass betroffene Unternehmen allein aufgrund der Coronavirus-Krise einen Insolvenzantrag stellen müssen.

Die Aussetzung der Antragspflicht bedeutet nicht, dass damit auch eine Haftung nach § 64 GmbHG oder § 92 II AktG entfällt. In § 64 GmbHG oder § 92 II AktG ist nämlich nicht von der Antragspflicht die Rede, sondern von Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung. 

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht beeinflusst als solche das Tatbestandsmerkmal der Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung nicht. Mit der zusätzlichen gesetzlichen Regelung droht nun auch die strenge Haftung nach § 64 GmbHG/ § 92 II AktG einstweilen nicht mehr.

Zu beachten ist aber, dass keine „Grundsanierung“ anlässlich der Corona-Krise für schon vor der Pandemie in Schieflage befindliche Unternehmen möglich ist.

Um das Haftungsrisiko nach § 64 GmbHG oder § 92 II AktG gering zu halten, müssen Geschäftsleiter sorgfältig dokumentieren, welche pandemiebedingten Umsatzeinbußen zu verzeichnen sind, dass Grund der Insolvenz allein die Pandemie ist und bis zum Beginn der Pandemie die Voraussetzungen für die Antragspflicht nach § 15 a InsO nicht vorlagen.

Obwohl sich die Haftungslage also einstweilen entspannen wird, empfehlen wir wegen der Komplexität der momentanen Rechtslage, fachkundigen Rechtsrat einzuholen.

Wir stehen Ihnen dabei als mit der Materie des Insolvenzrechts bestens vertraute Kanzlei zur Seite. Seit Jahrzehnten vertreten wir Geschäftsführer, Gesellschafter und Gläubiger gleichermaßen und verfügen als Insolvenzverwalter über eine umfangreiche Praxiserfahrung. 



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