CRD 02 - 2/2 Rechtswidrigkeit der Cannabisprohibitionsverschärfungen in Bayern

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C. Analyse des CanG vom 27.03.2024 zum Verhältnis von Bund und Ländern


2/2 -  Nach dem  Cannabisgesetz (CanG) vom 27. März 2024 haben die Länder lediglich folgende Rechte soweit überhaupt Erwähnung im Cannabisgesetz findend:


1. Länderübergreifende Erlaubnisse und Koordination


1.1 Erlaubniserteilung


  • Grundsatz: Länderübergreifende Erlaubnisse werden im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden der betroffenen Länder erteilt.


  • Zusammenarbeit: Bei der behördlichen Überwachung arbeiten die zuständigen Behörden der Länder nach § 27 CanG zusammen , um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sicherzustellen. Ermächtigungsgrundlagen für die Maßnahmen der bayerischen Staatsregierung enthält weder § 27 CanG noch weitere Normen des CanG.


1.2 Durchführung und Kontrolle


  • Ort der Kontrolle: Die Kontrolle der Anbauvereinigungen wird von den Behörden des Landes nach §§ 27, 28 CanG durchgeführt, in dem die betreffenden Teile des Besitztums liegen.


  • Koordinationspflicht: Die zuständige Behörde des Landes führt die Kontrolle in Abstimmung mit der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde durch und übermittelt die Kontrollergebnisse entsprechend.


  • Beschränkung Anbauvereinigungen auf  eine pro  6000 Einwohner: Einzig § 30 CanG gewährt den Ländern eine bundesgesetzliche Ermächtigungsgrundlagen durch Landesverordnung die Zahl der Anbauvereinigungen auf eine pro 6000 Einwohner zu begrenzen.



2. Spezielle Bestimmungen und Befugnisse


2.1 Überwachungsbefugnisse


  • Zuständige Behörden: Die vom BfArM beauftragten Personen und die zuständigen Behörden der Länder haben spezifische Befugnisse, die in den §§ 18 und 19 des CanG geregelt sind. Ermächtigungsgrundlagen für weitergehende Verbote , über das CanG hinausgehend durch die Länder , sind nicht enthalten.


2.2 Anwendungsbereiche des Gesetzes


  • Sonderregelungen: Das Gesetz findet auch Anwendung auf Einrichtungen, die der Versorgung der Bundeswehr, der Bundespolizei und der Bereitschaftspolizeien der Länder dienen, sowie auf die Bevorratung von Cannabis für den Zivilschutz. Ermächtigungsgrundlagen für die Maßnahmen der bayerischen Staatsregierung sind darin nicht enthalten.


4. Internationale Kooperationen


4.1 Jahresbericht an die Vereinten Nationen


  • Mitwirkung der Länder: Die Länder unterstützen die Bundesregierung bei der Erstellung des Jahresberichtes an die Vereinten Nationen und tragen dazu bei, die Einhaltung internationaler Verpflichtungen transparent zu gestalten.


Festzuhalten bleibt, dass mit Ausnahme von § 30 CanG keine weiter Ermächtigungsgrundlage im CanG feststellbar sind, die der bayerischen Staatsregierung  weiter, über das CanG hinausgehende Verbote gestattet


D. Pro und Contra Bayerische Biergarten Cannabisrecht Verordnungen 


Die Diskussion über die Zulässigkeit der Vorhaben der Bayerischen Staatsregierung, zusätzliche Verbote im Umgang mit Cannabis zu implementieren, muss die Regelungen des Bundesgesetzes zum Cannabis (CanG) und die Zuständigkeiten des Bundes gegenüber den Ländern berücksichtigen.  


1. Argumente für die Zulässigkeit der Maßnahmen und B. Argumente gegen die Zulässigkeit aufgrund eines Verstoßes gegen das CanG seien nachfolgend skizziert: .


1.  Argumente für die Zulässigkeit der Vorhaben der Bayerischen Staatsregierung


1.1 Allgemeine Zuständigkeit der Länder im Gesundheits- und Ordnungsbereich


  • Subsidiarität: Länder haben grundsätzlich die Kompetenz, Regelungen im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu treffen, sofern keine ausschließliche Bundeskompetenz besteht.


  • Schutz der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit: Länder können Maßnahmen ergreifen, die speziell auf lokale Bedürfnisse abgestimmt sind, um Nichtraucher, Kinder und Jugendliche vor möglichen Schäden durch Cannabis zu schützen.


1.2 Spezifische Regelungsbefugnisse


  • Nichtraucherschutz: Die Länder haben das Recht, strenge Nichtraucherschutzgesetze zu erlassen. Die Verbote im Bereich von Biergärten und öffentlichen Parks könnten unter diese Befugnisse fallen.
  • Kommunale Autonomie: Das Gesundheitsschutzgesetz und ähnliche landesspezifische Gesetze können genutzt werden, um lokale Regelungen zu implementieren, die über die Bundesgesetzgebung hinausgehen.


1.3 Präzedenzfälle und vergleichbare Regelungen


  • Ähnliche Bundesgesetze: In anderen Bereichen existieren Bundesgesetze, die den Ländern Raum für spezifische Anpassungen lassen, was als Präzedenzfall für zusätzliche Regelungen durch Länder dienen könnte.


II. Argumente gegen die Zulässigkeit der Vorhaben der Bayerischen Staatsregierung wegen Verstoßes gegen das CanG


2.1 Verstoß gegen das Bundesgesetz (CanG)


  • Bundesrecht bricht Landesrecht: Das CanG regelt den Umgang mit Cannabis auf Bundesebene. Zusätzliche Einschränkungen durch die Länder könnten als unzulässige Überregulierung betrachtet werden, da sie möglicherweise in direktem Widerspruch zu den Freiheiten stehen, die das Bundesgesetz schafft.


2.2 Fehlende Ermächtigungsgrundlage


  • Fehlende spezifische Ermächtigung im CanG für die meisten Maßnahmen: Außer der Regelung zur Obergrenze von Anbauvereinigungen gibt das CanG keine weiteren spezifischen Ermächtigungen für die Länder, um eigene umfassende Verbote oder zusätzliche Regeln zum Konsum von Cannabis zu erlassen.


  • Begrenzte Ausnahmebestimmungen: Die im CanG genannte Ausnahme zur Obergrenze von Anbauvereinigungen betont die restriktive Haltung des Bundesgesetzes gegenüber weiteren landesspezifischen Regelungen.


2.3 Einschränkung der Grundrechte


  • Eingriff in die persönliche Freiheit: Die vom CanG erlaubten Freiheiten für den Konsum von Cannabis könnten durch übermäßige landesspezifische Verbote unzulässig eingeschränkt werden.


  • Verhältnismäßigkeit: Die umfassenden Verbote könnten unverhältnismäßig sein, insbesondere wenn sie ohne klare wissenschaftliche Begründung oder statistische Beweise für ihre Notwendigkeit eingeführt werden.


Schlussfolgerung

Die Argumentation gegen die Zulässigkeit der Maßnahmen der Bayerischen Staatsregierung scheint stärker zu sein, basierend auf dem Prinzip "Bundesrecht bricht Landesrecht" und der fehlenden spezifizierten Ermächtigungsgrundlagen für die Landesgesetzgeber im Bundesgesetz CanG.


E.  Unzulässigkeit der Cannabisprohibitionsverschärfungen in Bayern

Die geplanten Maßnahmen der Bayerischen Staatsregierung, die Cannabisprohibition zu verschärfen, stoßen deshalb auf ganz  erhebliche rechtliche Bedenken, und sind aus folgenden Gründen – unter anderem – rechtswidrig:


A. Fehlende Ermächtigungsgrundlage im Bundesgesetz


1.1 Grundsatz der Gesetzgebungskompetenz


  • Prinzip der Bundesgesetzgebung: Das CanG regelt den Umgang mit Cannabis auf Bundesebene. Die Länder haben nur in den durch Bundesrecht explizit zugelassenen Bereichen Spielraum für eigene Regelungen.


  • Fehlende landesspezifische Ermächtigung: Abgesehen von der spezifischen Ermächtigung zur Begrenzung der Anbauvereinigungen (§ 30 CanG), enthält das Bundesgesetz keine weiteren Klauseln, die den Ländern die Möglichkeit geben, eigene umfangreichere Verbote zu erlassen.



1.2 Überschreitung der Länderbefugnisse


  • Überregulierung durch die Länder: Die geplanten bayerischen Verbote in Bezug auf den Konsum und den Anbau von Cannabis überschreiten die durch das Bundesgesetz gesetzten Rahmen und könnten somit als unzulässige Überregulierung unter Verstoß gegen Art. 31 GG  angesehen werden.


2. Verletzung des Grundsatzes "Bundesrecht bricht Landesrecht"


2.1 Hierarchie der Rechtsnormen


  • Vorrang des Bundesrechts: Denn nach  Art. 31 GG  hat Bundesrecht Vorrang vor Landesrecht. 
     
     Die Verschärfungen der Bayerischen Staatsregierung stehen im Widerspruch zum liberaleren abschließenden Ansatz des Bundesgesetzes, der den kontrollierten Konsum von Cannabis unter bestimmten Bedingungen erlaubt.



2.2 Eingeschränkte Auslegungsmöglichkeiten


  • Interpretation des Bundesgesetzes: Das CanG ist darauf ausgerichtet, einen bundeseinheitlichen Rahmen für den Umgang mit Cannabis zu schaffen.
     
     Jegliche strengere Auslegung durch Landesgesetze würde die intendierte Harmonisierung des Cannabisrechts auf Bundesebene untergraben, und erneut zu willkürlich unterschiedlichen Bussgeldern und Strafen in den Bundesländern führen, mit der Rechtsfolge einer weiter krassen Ungleichbehandlung dann je nach Bundesland , wie das unerträgliche Rechtchaos dazu bis zur Einführung  des neuen CanG.


3. Verhältnismäßigkeit und Grundrechtseingriffe


3.1 Eingriff in die persönliche Freiheit


  • Einschränkung der Grundrechte: Die von der Bayerischen Staatsregierung geplanten strengen Verbote könnten unverhältnismäßig in die durch das Grundgesetz geschützten persönlichen Freiheiten eingreifen, insbesondere in die allgemeine Handlungsfreiheit und die Berufsfreiheit.


3.2 Fehlende Notwendigkeit und Unverhältnismäßigkeit


  • Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen: Die geplanten Verbote müssen als unverhältnismäßig angesehen werden, da das CanG bereits ausreichende und bundesgesetzlich abschließende  Regelungen enthält, die den Schutz der Öffentlichkeit, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, sicherstellen.


Schlussfolgerung


Basierend auf der Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen und der Prinzipien des deutschen Bundesstaates sind die von der Bayerischen Staatsregierung am 16. April 2024 geplanten Cannabisprohibitionsverschärfungen, mit Ausnahme der durch § 30 CanG zugelassenen Beschränkung von Anbauvereinigungen, als rechtswidrig und unzulässig zu bewerten.

 Diese Verschärfungen stehen im Widerspruch zum übergeordneten Bundesgesetz und überschreiten die von diesem vorgesehenen Regelungsbefugnisse der Länder - und damit vor allem auch der sich anscheinlich auf einem Kreuzzug gegen das neue Cannabisgesetz bedindlichen Staatsregierung des Freistaats Bayern.

Foto(s): Bodo Michael Schübel

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