Crowdfunding-Plattform Bergfürst klärt nicht über Interessenskollision auf

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Eine der bekanntesten Crowdinvesting-Plattformen in Deutschland im Bereich der Immobilien, Bergfürst, hat den Anlegern eigene – mit denen der Anleger widerstreitende – Interessen betreffend das Projekt „Courtyard Hotel Laxenburg“ in Österreich verschwiegen.


1. Die Versprechungen der Crowdfunding-Plattformen

Der Grundgedanke des Crowdinvestings ist simpel: eine Vielzahl von Personen (die "Crowd") investiert kleine Beträge in ein bestimmtes Projekt oder Unternehmen. Angelockt werden die Anleger mit lukrativen Zinsen, die ansonsten institutionellen Anleger vorbehalten sind.

In Deutschland gibt es mittlerweile mehrere Crowdfunding-Plattformen, die Investitionen in eine Vielzahl von Projekten ermöglichen, darunter Immobilien, soziale Initiativen, erneuerbare Energien, Technologie, kreative Projekte und Start-ups. Letztere waren in den letzten Jahren laut Statistiken mit dem größten Insolvenzrisiko verbunden. Aber auch im Bereich der Immobilien sind Insolvenzverfahren der Projektentwickler und Bauträger keine Seltenheit. Die Anbieter der gescheiterten Projekte verweisen gerne auf die allgemeine wirtschaftliche Lage und machen die aktuellen Entwicklungen in der Bau- und Immobilienbranche für die Pleite verantwortlich. Bei genauerem Hinsehen muss man jedoch feststellen, dass sich nicht die allgemeinen Risken des Projekts verwirklicht haben, sondern manche Projekte von Anfang an zum Scheitern verurteilt waren.

Bergfürst ist eine der bekanntesten Plattformen, die sich auf Immobilienprojekte konzentriert und bieten die Investitionsmöglichkeiten bereits ab 10,00 (!) Euro. Die Werbeangaben auf der Crowdfunding-Plattform Bergfürst versprechen Transparenz und umfassende Informationen zu den präsentierten Projekten, damit Investoren fundierte Entscheidungen treffen können. Nach Informationen der Witt Rechtsanwälte entspricht dies zumindest betreffend das Projekt „Courtyard Hotel Laxenburg“ in Österreich nicht der Wahrheit.


2. Hinweise auf allgemeine Risiken sind nicht ausreichend, Interessenkonflikte müssen offengelegt werden

Bergfürst weist auf der Homepage u.a. auf Folgendes hin: Gesetzlicher Hinweis gemäß § 12 Abs. 2 VermAnlG: Der Erwerb der hier angebotenen Vermögensanlagen ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.

Dass dieser allgemeine Hinweis kein Freibrief ist, auf die der Anlage zugrunde liegenden besonderen Risiken nicht gesondert hinzuweisen, gerät wohl manchmal in Vergessenheit. Insbesondere sind die Crowdfunding-Plattformen, die als Vermittler zwischen den Investoren und Projektentwicklern fungieren, dazu verpflichtet, die Anleger vollständig und richtig über alle anlagebezogenen Umstände zu informieren, die für den jeweiligen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sein können. Dazu gehören insbesondere die vollständige Offenlegung der Risiken, detaillierte Informationen über das Projekt und über die rechtlichen Rahmenbedingungen der Anlage sowie klare Darstellung der Informationen über den Projektentwickler. Auch etwaige Interessenskollisionen müssen den Interessenten offengelegt werden, damit sich diese ein richtiges und vollständiges Bild von der Anlage machen können.

Für Mandantinnen und Mandanten von Witt Rechtsanwälte konnten zuletzt im Oktober/November 2023 in insgesamt 17 Verfahren im Zusammenhang mit einem geschlossenen Immobilienfonds eines anderen Anbieters aus Hamburg Schadensersatzansprüche wegen der unterbliebenen Aufklärung über eine potentielle Interessenkollision vor dem Bundesgerichtshof durchgesetzt werden. Nachdem der BGH in drei Verfahren am 24.10.2023, Aktenzeichen II ZR 57/21 u.a., die entsprechenden Urteile des Oberlandesgerichts Hamburg bestätigte, wurden in 14 weiteren Verfahren die Nichtzulassungsbeschwerden zurückgenommen. Dort sind Ansprüche im Millionenbereich betroffen, die sich nach der Begründung des Bundesgerichtshofs alleine aus dem fehlenden Hinweis zu einem möglichen Interessenkonflikt ergeben.

Mit dem Projekt „Courtyard Hotel Laxenburg“ in Österreich konnten sich Anleger durch den Forderungskauf aus dem Bankdarlehen an dem Bau eines Marriot-Hotels in der Nähe von Wien beteiligen. Über die Crowd wurden insgesamt 2,4 Mio. Euro für die (nicht mehr existierende) Emittentin, die Q135 projects & development Hotel Laxenburg GmbH aus Berlin eingesammelt. Was den Anlegerinnen und Anlegern nicht offengelegt wurde, ist die Tatsache, dass das eingesammelte Kapital größtenteils für die Ablösung des durch die Gesellschaft des Vorstandsvorsitzenden der Bergfürst, Guido Sandler Verwaltungs GmbH, an die Emittentin gewährten Darlehens benötigt wurde. Die Bergfürst vermittelte damit ein Projekt, mit dem das durch ihren Gründer, Guido Sandler, Anfang Dezember 2018 gewährte Darlehen abgelöst werden soll. Nach Ansicht der Witt Rechtsanwälte stellt dies einen aufklärungspflichtigen Umstand dar. Nicht hinreichend war hingegen die Mitteilung, dass der Betrag von 1,1 Mio. den Grundstückserwerb refinanzieren soll, ohne den Anlegern mitzuteilen, dass eine Firma des Bergfürst-Chefs so involviert war und vorrangig ihre Interessen mit der Vermittlung der Anlage gesichert werden sollten. Die Bergfürst AG will laut ihren offiziellen Berichten die Anleger gesetzeskonform aufgeklärt haben.


3. Verluste der Anleger

Auch die missglückte vertragliche Gestaltung des Projekts wurde den Anlegern nicht offenbart. Der Grundstückskaufvertrag wurde nach Informationen der Witt Rechtsanwälte so konzipiert, dass das Grundstück vor dem Baubeginn nicht belastet werden durfte. Ohne Sicherheiten ließ sich wiederum der Hotelbau nicht finanzieren. Mangels Bestellung der Sicherheiten sind auch die Rahmenbedingungen für die Freigabe des angesammelten Crowd-Kapitals nicht erfüllt worden. Dennoch hatte die Sicherheitentreuhänderin aus dem Hause Bergfürst, die THV 1 Berlin GmbH, das Darlehen der Guido Sandler Verwaltungs GmbH mit dem Crowd-Kapital abgelöst. Es darf bezweifelt werden, dass es ohne die Beteiligung des Vorstandsvorsitzenden an der Darlehensgeberin zu dieser Ablösung gekommen wäre.

Nachdem die österreichische Gemeinde das Grundstück zurück erwarb, bekamen die betroffenen Anlegerinnen und Anleger immerhin rund 75 % des investierten Kapitals zurück, was zusammen u.a. mit den Zins- und Bonuszahlungen nach Angaben von Bergfürst einem Geldrückfluss von 92,5 % entspricht. Bei dieser Entwicklung kann Bergfürst nur vom Glück reden, denn die meisten Anlegerinnen und Anleger werden aufgrund des nur begrenzten Schadens von der Geltendmachung ihrer Ansprüche absehen.

Einen sauren Beigeschmack hat die Geschichte dabei noch aus einem weiteren Grund, denn aufgrund der Bürgschaften der beiden Geschäftsführer der Emittentin von insgesamt einer halben Million Euro, hätten die Geschädigten sogar einen Gewinn erwarten können. Aufgrund eines Vergleichs der Sicherungstreuhänderin mit den bürgenden Geschäftsführern der aufgelösten Emittentin kam den Crowd-Investoren aber lediglich eine Zahlung von nicht einmal 20.000,00 Euro zugute. Problematisch ist daran eine Konkurrenz mit Bürgschaften, die dieselben Personen der Guido Sandler Verwaltungs GmbH bestellt hatten und die diese ebenfalls verwerten will. Hier kann sich der Interessenkonflikt daher auf einen schlechten Vergleich zu Lasten der Anlegerinnen und Anleger ausgewirkt haben, mit dem den Bürgen eine höhere Leistung an die Guido Sandler Verwaltungs GmbH ermöglicht werden könnte. Ein Geschäftsführer der Treuhänderin, die den Vergleich für die Anlegerinnen und Anleger schloss, ist auch Guido Sandler.


Witt Rechtsanwälte betreuen bereits mehrere Anlegerinnen und Anleger im Bereich der Schwarmfinanzierungen bzw. Crowdinvestments. Das sind z.B. Plattformen wie die der Bergfürst AG, Exporo AG und EV Digital Invest AG.

Gegen die EV Digital Invest AG und Exporo AG wurden bereits etliche Klagen vor den Landgerichten in Berlin und Hamburg erhoben. Letztere führten auch bereits zu ersten Urteilen zugunsten der Geschädigten. Dazu kann auf frühere Berichte auf anwalt.de verwiesen werden.

Für eine individuelle Beratung der geschädigten Anlegerinnen und Anleger stehen wir gerne zur Verfügung.


Witt Rechtsanwälte

Heidelberg München Oranienburg


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