Das A und O für Geschäftsführer

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I. Bestellung, Vertrag und Niederlegung

1. Vertretungsmacht und Geschäftsführungsbefugnis
Die Vertretungsmacht bestimmt, ob eine Willenserklärung für die GmbH gegenüber Dritten wirksam ist. Demgegenüber bestimmt die Geschäftsführungsbefugnis, in welchem Umfang Geschäftführungshandlungen im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft zulässig sind (vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG).
Eine Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis hat auf das Außenverhältnis, also die Wirksamkeit der Willenserklärung und eines Rechtsgeschäfts keinen Einfluss, kann aber zum Schadensersatz führen. Gemäß § 35 ff GmbH kommt die Geschäftsführungsbefugnis und die Vertretungsmacht bei der GmbH grundsätzlich den Geschäftsführern zu.
Weithin über und insbesondere bei Fremdgeschäftsführung zweckmäßig sind Zustimmungskataloge, die die Geschäftsführer bei bestimmten Maßnahmen zur vorherigen Einholung der Zustimmung der Gesellschafter verpflichten. Sinnvolle Zustimmungskataloge können wir Ihnen gerne vorschlagen.

2. Bestellung und Anstellungsvertrag
Die GmbH muss gemäß § 6 GmbHG einen oder mehrere Geschäftsführer haben. Es muss unterschieden werden zwischen der Bestellung des Geschäftsführers und dem Anstellungsvertrag.
Die Bestellung zum Geschäftsführer begründet die spezifischen organschaftlichen Rechte und Pflichten und die Vertretungsmacht der Gesellschaft.
Die Rechtsverhältnisse zwischen Geschäftsführer und der GmbH, z.B Vergütung, Spesen, Tantieme, Wettbewerbsverbot, Vertragsstrafe, Abfindung ua. sind dagegen Bestandteile des Anstellungsvertrages.
Die Dauer des Anstellungsvertrages ist grundsätzlich unabhängig von der Dauer der Organstellung.

3. Verfahrensweise der Bestellung und Kompetenzen
Die Bestellung des Geschäftsführers kann bereits bei der Gründung erfolgen.
Wenn der Geschäftsführer später bestellt wird, hat die Basiszuständigkeit- wenn nicht im Gesellschaftsvertrag eine abweichende Ermächtigung wie zB. an Aufsichtsrat oder Beirat enthalten ist- die Gesellschafterversammlung gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG.
Wenn die Satzung keine besondere Regelung hierfür vorsieht, so hat die Gesellschafterversammlung bezüglich des Anstellungsvertrages des Geschäftsführers eine Annexkompetenz für:

  • den Abschluss
  • die Änderung
  • Beendigung
  • sonstige Regelungen, die das Anstellungsverhältnis betreffen,

vgl.( BGH GmbHR 1990, 33; BGH 1991, 363; OLG Düsseldorf NZG 2003, 478 für die Kündigung ; BGH GmbHR 1995, 373; LAG Hessen GmbHR 2001, 298).

Die Einberufung des Gesellschafterversammlung erfolgt nach § 49 Abs. 1 GmbHG durch die Geschäftsführer durch eingeschriebenen Brief an die Gesellschafter mit einer Frist von mindestens einer Woche, vgl. § 51 Abs. 1 GmbHG. Die Einberufung kann auch durch eine Gesellschafterminderheit von mindestens einem Zehntel des Stammkapitals erfolgen, § 52 Abs. 1 GmbHG. Unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 GmbHG kann auch im schriftlichen Verfahren abgestimmt werden.

Nach § 47 Abs. 4 GmbHG hat ein Gesellschafter bei der Beschlussfassung über seine Entlassung oder Befreiung von einer Verbindlichkeit o.Ä. kein Stimmrecht. Nach ganz h.L. ist § 47 Abs. 4 GmbHG zwingend, vgl. Langenfeld GmbH Vertragspraxis 5.Auflage Rz.149. 

4. Anmeldung beim Handelsregister
Wenn der neue Geschäftsführer seine Bestellung als Geschäftsführer zum Handelsregister anmeldet, muss der ernennende Gesellschafterbeschluss vor dieser Erklärung gefasst und der Geschäftsführer in diesem Beschluss bereits wirksam bestellt worden sein. Unwirksam ist die Anmeldung von einer in der Zukunft liegenden Bestellung.

5. Voraussetzungen für die Bestellung
Der Geschäftsführer muss eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein, § 6 GmbHG.
Der zu bestellende Geschäftsführer darf nicht einem Bestellungsverbot unterliegen. Bestellungsverbote ergeben sich aus Verurteilungen wegen einer Insolvenzstraftat nach §§ 283 bis 283 d StGB (Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht, Gläubiger- und Schuldnerbegünstigung).
Das Bestellungsverbot wirkt, wenn seit  Rechtskraft des Urteils noch nicht 5 Jahre vergangen sind.
Weitere Bestellungsverbote können sich aus einem Berufs- oder Gewerbeverbot ergeben für die Dauer des Verbotes.

6. Anstellungsvertrag des Geschäftsführers
Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers ist, soweit eine entgeltliche Tätigkeit vereinbart ist, ein Dienstvertrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages. Das Arbeitsrecht findet keine Anwendung.

7. Amtsniederlegung
Nach der Rechtsprechung kann der Geschäftsführer sein Amt jederzeit auch ohne Geltendmachung eines wichtigen Grundes niederlegen.
Zum Schutz der Gesellschaft kann es sich empfehlen, die Amtsniederlegung von der Einhaltung von Formen und Fristen abhängig zu machen, vgl. Goette, Die GmbH, § 8 Rz. 48


II. Gesetzliche Pflichten und Haftungsprobleme
Die mögliche Haftung des Geschäftsführers einer GmbH und etwaige Ansprüche des Geschäftsführers/ Gesellschafters gegen  die GmbH sind Hauptprüfungspunkte des Insolvenzverwalters im Insolvenzeröffnungsverfahren und im eröffneten Insolvenzverfahren.
Der Geschäftsführer hat zahlreiche gesetzliche Pflichten und damit einhergehend zahlreiche Haftungsrisiken.

1. Pflichten nach dem GmbHG

  • Aufstellung des Jahresabschlusses gemäß §264Abs.1
  • Vertretung der GmbH § 35
  • Einberufung der Gesellschafterversammlung § 49 Abs.1
  • Sicherstellung der ordnungsgemäßen Buchführung § 41
  • Unterlassung von verbotenen Auszahlungen des Stammkapitals § 30
  • bei Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung: Insolvenzeinleitung § 64 Abs.1

2. Haftungsrisiken

  • Haftung wegen Insolvenzverschleppung
  • Haftung wegen Bankrott
  • Haftung wegen Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften
  • Haftung für Sphärenvermischung
  • offene Stammeinlagen (geschäftsführender Gesellschafter)
  • verbotenes Hin- und Herzahlen der Stammeinlagen (verdeckte Einlagen)
  • Haftung wegen Gläubigerbenachteiligung
  • Haftung für nicht (rechtzeitig) beglichene SV-Beiträge (§ 266 a StGB)
  • Haftung für nicht erklärteSteuern und unzureichende Berichtigungen
  • Haftung wegen Eingehungsbetrug, Umweltstraftaten u.a.
  • Haftung für fehlerhafte Buchführung und fehlende oder verspäteteBilanzen

III. Bedingte Bestellung des Geschäftsführers
Die Bestellung eines GmbH-Geschäftsführers kann unter einer auflösenden Bedingung erfolgen. Tritt die Bedingung ein, verliert der Geschäftsführer automatisch sein Amt, vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2005 - II ZR 55/04 NZG 2006 S.62 NJW Spezial 2006 S. 76; ZIP 2005, 2255.

IV.  Arbeitnehmereigenschaft eines GmbH-Geschäftsführers
Früher (Entscheidung vom Mai 1999) hatte sich das Bundesarbeitsgericht zur Frage der Arbeitnehmereigenschaft eines GmbH-Geschäftsführers zurückhaltend geäußert. Danach war ein Arbeitnehmerstatus durchaus denkbar, wenn der Geschäftsführer hinsichtlich Durchführung, Zeit, Dauer, Ort und sonstigen Modalitäten einem arbeitsvertraglichen Weisungsrecht unterliegt.
Die jüngere Rechtsprechung (BAG vom 12. Juli 2006) geht in eine andere Richtung. Das Bundesarbeitsgericht hat Geschäftsführern den Zugang zur Arbeitsgerichtsbarkeit verwehrt.
Grund ist § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes (AGG).
Danach sind die Arbeitsgerichte nicht zuständig für " Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschafsvertrag allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans " zur Vertretung des Unternehmens berufen sind.
Wie das Arbeitsgerichtsgesetz nimmt auch das Kündigungsschutzgesetz alle GmbH-Geschäftsführer aus.
Aus Sicht des Geschäftsführers sollte daher eine ausreichende Abfindung in den Vertrag. Eine Kündigungsfrist von sechs Monaten und eine möglichst lange Laufzeit, z.B. 3 Jahre, geben Sicherheit.

V. Problemfall: Wechsel in die Geschäftsleitung
Häufig wechselt ein leitender Angestellter in eine Geschäftsführerposition.
Kommt es zum Bruch, stellt sich die Frage, ob das alte Arbeitsverhältnis als leitender Angestellter wieder auflebt. Nach Rechtsprechung des BAG vom 14. Juni 2006 wurde dies verneint. In dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags durch einen angestellten Mitarbeiter liegt nach Auffassung des BAG im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Allerdings hatte das BAG hier noch nicht zu entscheiden, ob ein solcher indirekter Aufhebungsvertrag der inzwischen gesetzlich geforderten Schriftform genügt. Klare Vereinbarungen sind daher erforderlich, ob das bisherige Arbeitsverhältnis nur ruhen oder aber aufgehoben werden soll. Wenn die Gesellschaft dem nicht zustimmt, muss sich der leitende Angestellte gut überlegen, ob er wirklich Geschäftsführer werden will.

VI. Hinweis auf einige BAG Entscheidungen
BAG 5 AZR 664/98 zum Arbeitnehmerstatus
BAG 5 AS 7/06 zum Rechtsweg
BAG 5 AZB 79/02 Komplementär-GmbH
BAG 5 AZR 592/05 Aufhebung Arbeitsverhältnis

VII. Sonstige Fragen und Klärungsbedarf

  • Gesamtvertretungsmacht- Gesamtvertretung, Einzelvertretungsmacht
  • notariell beurkundete Generalvollmacht undGeneralhandlungsvollmacht
  • Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) und Befreiung
  • Ausländische Geschäftsführer
  • Amtsniederlegung und Löschung aus dem Register

VIII. Verzicht und Vergleich auf Haftungsansprüche
Nach § 46 Nr.6 GmbHG entscheiden über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen den (ehemaligen) Geschäftsführer die Gesellschafter. Aus § 46 Nr. 8 GmbHG ergibt sich eine Entscheidungszuständigkeit der Gesellschafter für den Verzicht oder Vergleich auf Haftungsansprüche. Ein Anspruchsverzicht stellt die Entlastung des Geschäftsführers dar. Diese ist nach § 46 Nr. 5 GmbHG der Gesellschafterversammlung vorbehalten. Nach § 9b Abs. 1 GmbHG ist ein Verzicht bzw. Vergleich über Ersatzansprüche der Gesellschaft - grundsätzlich - unwirksam, soweit der Ersatz der Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, vgl. Prof. Haas, ZInsO 2007, S. 464 ff.
Hierunter fallen auch der Erlass des Anspruchs nach § 397 BGB.
Allgemeine Schranken für einen Verzicht bzw. Vergleich sind: § 80 InsO, § 138 BGB, §§ 276 Abs.3, 202 Abs.1 BGB.
Über den Wortlaut des § 9b Abs.1 GmbHG hinaus gilt das Verzichts- und Vergleichsverbot nicht für den Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH, vgl Haas, ZInsO 2007, S. 469.

Rechtssichere Geschäftsführerverträge bedürfen einer individuellen Anpassung und einer persönlichen Beratung, möglichst mit einem Fachanwalt.

 



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