Das Pferd als Nutz- oder Luxustier – Zwischen Freizeitvergnügen und wirtschaftlicher Nutzung
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Pferde faszinieren die Menschheit seit Jahrhunderten. Ob als zuverlässige Arbeitskraft auf dem Feld oder elegantes Reittier im Freizeit- und Sportbereich – sie begleiten uns auf vielfältige Weise. Doch rechtlich betrachtet gibt es Unterschiede, die entscheidend sein können: Wird ein Pferd als Nutztier oder Luxustier eingestuft? Diese Unterscheidung hat vor allem im Hinblick auf die Frage nach der Haftung des Halters im Schadensfalle erhebliche Konsequenzen. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.02.2017 (Aktenzeichen: VI ZR 434/15) verdeutlicht dies anschaulich.
In dem Fall ging es um einen Verkehrsunfall, bei dem zwei Pferde auf eine Straße gelangt waren. Ein Fahrzeug kollidierte mit einer trächtigen Stute, die dabei verendete. Die Pferde waren auf einer Koppel untergebracht, die mit Elektrobändern eingezäunt war. Diese Koppel war ca. 250 bis 300 Meter von der Staatsstraße entfernt. Die Halter der Pferde wurden auf Schadensersatz verklagt und es stellte sich die Frage, ob die Tiere als Nutztiere oder Luxustiere eingestuft werden sollten. Die Entscheidung hing davon ab, ob die Pferde der Erwerbstätigkeit des Halters dienten oder nicht.
Nutztier oder Luxustier – was ist der Unterschied?
Ein Nutztier ist laut § 833 Satz 2 BGB ein Haustier, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Halters dient. Das bedeutet, das Tier wird wirtschaftlich genutzt. Beispielsweise gehören Arbeitspferde, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, und Zuchtpferde, deren Nachkommen verkauft werden, zu den Nutztieren. Auch Pferde, die im Reitunterricht eingesetzt werden, dienen regelmäßig dem Einkommen des Schulbetriebes und sind somit als sogenannte Nutztiere zu qualifizieren. Entscheidend ist, dass die Haltung des Tieres objektiv darauf ausgerichtet ist, Gewinn zu erzielen.
Ein Luxustier hingegen wird aus Liebhaberei oder zu sonstigen ideellen Zwecken gehalten. Pferde, die lediglich für den Freizeit- oder Sportbereich genutzt werden, ohne dass damit wirtschaftliche Interessen verfolgt werden, fallen in diese Kategorie. Auch Pferde, die aus reinem Hobby gezüchtet und gehalten werden, gelten als Luxustiere.
Das Urteil im Detail
Im vorgenannten Urteil hatte der Beklagte argumentiert, dass er eine Pferdezucht im Nebenerwerb betreibe und die trächtige Stute somit ein Nutztier sei. Das Oberlandesgericht München hatte ihm zugestimmt und die Klage des Fahrzeughalters auf Schadensersatz abgewiesen, weil es dem Beklagten nach Auffassung des Oberlandesgerichts gelang, nachzuweisen, dass er die notwendige Sorgfalt bei der Haltung der Pferde walten ließ, die Beschaffenheit des Weidezauns also den Empfehlungen für eine ordnungsgemäße Einzäunung entsprach.
Der Bundesgerichtshof hob jedoch das Urteil auf und verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht. Es wurde ausgeführt, dass nicht hinreichend geprüft worden sei, ob die Pferdezucht des Beklagten tatsächlich auf Gewinnerzielung ausgerichtet war. Der bloße Besitz einer Betriebsnummer und die Genehmigung zum Bau einer neuen Pferdehalle (welche übrigens erst ein Jahr nach dem Unfall erteilt wurde) seien dafür nicht ausreichend. Es müsse konkret nachgewiesen werden, dass eine realistische Chance auf Gewinne bestand. Im dem BGH vorliegenden Falle war es jedoch so, dass der Halter bislang lediglich Verluste mit der Haltung von Pferden gemacht hatte.
Warum ist die Unterscheidung wichtig?
Die Einstufung als Nutz- oder Luxustier hat insbesondere im Haftungsrecht erhebliche Bedeutung. Während bei Luxustieren eine Gefährdungshaftung nach § 833 Satz 1 BGB besteht (der Halter haftet grundsätzlich unabhängig von seinem eigenen Verschulden, wenn sich die sogenannte typische Tiergefahr realisiert hat), gibt es bei Nutztieren eine Entlastungsmöglichkeit. Der Halter kann sich von der Haftung befreien, wenn er nachweisen kann, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat.
Dies bedeutet, dass Halter von Nutztieren weniger strikt haften, wenn sie nachweisen können, dass sie alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben. Im Fall der Luxustiere greift diese Entlastungsmöglichkeit nicht. Daher kann es für Pferdehalter wirtschaftlich und rechtlich erhebliche Folgen haben, ob ihre Tiere als Nutz- oder Luxustiere eingestuft werden.
Fazit
Die Unterscheidung zwischen Nutz- und Luxustieren mag auf den ersten Blick nur eine juristische Spitzfindigkeit sein, hat aber weitreichende Konsequenzen für Pferdehalter. Wer Pferde zur Zucht oder Arbeit hält und damit Gewinne erzielt, kann im Schadensfall unter Umständen der Haftung entgehen, sofern er die notwendigen Sorgfaltspflichten erfüllt. Freizeit- und Sportpferdehalter hingegen haften nahezu immer, wenn ihre Tiere Schaden verursachen, es sei denn, die Haftung eines Dritten greift vorrangig.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs unterstreicht die Notwendigkeit einer klaren und detaillierten Prüfung dieser Kriterien. Für Pferdehalter ist es daher ratsam, ihre Haltungspraktiken und die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen genau zu kennen. So können sie besser auf mögliche Haftungsfragen vorbereitet sein und die Freude am Pferd unbeschwert genießen. Im Falle eines Schadenseinrittes empfiehlt sich daher die Hinzuziehung eines auf das Pferderecht spezialisierten Rechtsanwaltes oder einer Rechtsanwältin, um bestens beraten und vertreten zu sein.
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