Haftung im Pferderecht: Ein umfassender Überblick

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Das Sprichwort "Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde!" bringt die Leidenschaft vieler Pferdefreunde und Reiter treffend zum Ausdruck. Doch trotz der Freude, die das Reiten und die Nähe zu Pferden bereiten, sind sich Pferdehalter der Tatsache bewusst, dass Pferde mitunter unberechenbar sein können und eine latente Gefahr von ihnen ausgehen kann. Die Haftung im Pferderecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Fragen der Pferdehalterhaftung unter Berücksichtigung einschlägiger gesetzlicher Bestimmungen.

Vertragliche oder deliktische Haftung

Die Haftung eines Tierhalters unterliegt grundsätzlich zwei Typen: Die vertragliche und die deliktische Haftung. Dieser Beitrag konzentriert sich schwerpunktmäßig auf die deliktische Haftung, die in den §§ 823 bis 853 BGB geregelt ist und verschuldensabhängig gegenüber jedermann besteht.

Die Tierhalterhaftung

Die Haftung des Tierhalters ist in § 833 BGB festgelegt. Danach ist derjenige, der ein Tier hält, verpflichtet, Schäden zu ersetzen, die durch das Tier verursacht werden. Die Tierhaltereigenschaft ist nicht zwangsläufig an die Eigentümerschaft gebunden. Ein Tierhalter ist derjenige, der die Bestimmungsmacht über das Tier hat, für dessen Kosten aufkommt und den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt. Dies kann auch Minderjährige einschließen.

Gemäß § 833 BGB haftet der Tierhalter für Schäden, die durch das Tier verursacht werden, insbesondere bei spezifischer Tiergefahr wie Scheuen, Durchgehen, Beißen und Ausbrechen.

Im Rahmen der Haftung wird zwischen Nutztieren und Luxustieren unterschieden. Nutztiere, die dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters dienen (z.B. Reitschulpferde), unterliegen einer verschuldensvermuteten Haftung des Halters mit der Möglichkeit der sogenannten Beweislastumkehr: So kann der Halter dieses Tieres die gesetzliche Verschuldensvermutung widerlegen, indem er darlegt und beweist, die bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet zu haben oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden wäre. Luxustiere, wie private Reitpferde, unterliegen hingegen einer verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung des Tierhalters, hier kommt es also gerade nicht auf das Verschulden des Halters an.

Mitverschulden

Ein auf Schadensersatz in Anspruch genommener Pferdehalter kann sich auf ein Mitverschulden des Geschädigten oder eines Dritten berufen. Bei Reitunfällen kann das Mitverschulden des Reiters zu einer Beschränkung der Haftung führen. Auch Dritte wie Reitlehrer können mitverschuldet sein, insbesondere wenn sie die gebotene Sorgfalt im Reitunterricht nicht beachten.

Die Haftung im Zusammenhang mit Pferden ist ein komplexes Thema, das viele verschiedene Aspekte berücksichtigt. Besonders interessant sind dabei Sonderfälle, die auftreten können, wenn Dritte wie Reitbeteiligungen oder Hufschmiede in das Geschehen involviert sind. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Aspekte in solchen Situationen.

Reitbeteiligung

Die Rechtsprechung betrachtet eine regelmäßige und kostenbeteiligte Reitbeteiligung als eine Art selbstständige Mithaltereigenschaft. Dies führt zu einer automatischen Einschränkung der Tierhalterhaftung. Dennoch kann der Tierhalter gegenüber der Reitbeteiligung haftbar gemacht werden, wenn der Reiter nachweisen kann, dass das Unfallereignis nicht auf Reiterfehler oder Fehler im Umgang mit dem Pferd zurückzuführen ist (vgl. Landgericht Gießen, Urteil vom 16.12.1998 – 2 O 384/98).

Hufschmied

Die Haftung des Tierhalters erstreckt sich auch auf den Hufschmied, und es wird in der Regel kein Haftungsausschluss angenommen. Selbst der Verzicht eines Hufschmieds auf den Einsatz eines vom Pferdebesitzers bereitgestellten Beruhigungsmittels rechtfertigt keinen stillschweigenden Haftungsausschluss (Landgericht Aachen, Urteil vom 17.03.1995 – 9 O 382/94).

Haftungsausschluss

Ein Haftungsausschluss gemäß § 833 BGB kann sich entweder aus den Umständen des Einzelfalls oder aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben. Im Einzelfall kann eine Haftung ausgeschlossen sein, wenn sich der Reiter bewusst einem Risiko aussetzt, das über die üblichen Reitgefahren hinausgeht. Ein ausdrücklich vertraglich vereinbarter Haftungsausschluss ist zulässig, während ein stillschweigender Ausschluss selten anzunehmen ist.

Haftungsumfang

Gemäß § 833 BGB ist der Halter eines Tieres grundsätzlich verpflichtet, alle Personen- und Sachschäden zu ersetzen, die sein Tier einem anderen zugefügt hat. Diese Haftung ist unbegrenzt, und der Pferdehalter haftet mit seinem gesamten Vermögen.

Beweislastverteilung

Im Streitfall muss der Geschädigte die Haltereigenschaft des Tierhalters nachweisen. Der Pferdehalter muss wiederum den Nachweis erbringen, dass der Schaden nicht durch sein Tier verursacht wurde oder dass die spezifische Tiergefahr nicht verwirklicht wurde.

Haftung des Tieraufsehers

Die Haftung des Tierhüters, geregelt in § 834 BGB, geht ebenfalls von einem vermuteten Verschulden aus, mit der Möglichkeit eines Entlastungsbeweises. Die Tierhütereigenschaft wird durch Vertrag begründet, wobei auch ein stillschweigender Vertragsschluss möglich ist.

Insgesamt unterliegt die Haftung im Kontext von Pferden einer Vielzahl von rechtlichen Feinheiten. Die genaue Betrachtung der Umstände sowie mögliche vertragliche Regelungen sind entscheidend, um im Falle eines Schadens die Haftungsfrage klar zu klären. Daher ist es ratsam, im Zweifelsfall rechtlichen Rat einzuholen und klare Vereinbarungen zu treffen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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