Das selbstständige Beweissicherungsverfahren – wann bietet sich dieses an?

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Stellen Sie sich vor, Sie beauftragen mit der Gestaltung Ihres Gartens und Ihrer Terrasse einen Bau- und Landschaftsgärtner und es handelt sich um ein umfangreiches und damit langfristiges Bauvorhaben.

Dabei ist es zunächst elementar wichtig, den genauen Leistungsumfang sowie zeitliche Vorgaben vertraglich zu definieren. Auch können Teil-Zahlungen nach jeweiliger Teil-Abnahme von einzelnen Bauabschnitten fixiert werden.

Schwierig wird es dann, wenn z.B. Ihr Auftragnehmer selbstverschuldet vorgegebene Leistungen oder insbesondere Zeitvorgaben nicht einhält und Sie mit Ihrem Bauvorhaben nicht vorankommen. Neben der Hürde, Ihren Auftraggeber zur Rede stellen und zur Vertragserfüllung verpflichten zu können, ist auch der Streit, ob es sich bei bereits erbrachten Leistungen um vertragsgemäße und insbesondere mangelfreie Leistungen handelt, vorprogrammiert.

Wenn sich dann unter Umständen bei Ausbleiben zunächst fixierter Teil-Zahlungen Ihr Auftragnehmer weigert, das Bauvorhaben weiter zu bearbeiten, stellt sich spätestens die Frage, wie Sie mit den halbfertigen Arbeiten umgehen und Ihre Rechte bezogen auf Ihren Auftragnehmer sichern können. Ihr Wunsch, das Bauvorhaben zügig fertigstellen zu können, steht dabei an 1. Stelle und kann oftmals in der Auseinandersetzung mit dem Auftragnehmer zum Problem werden.

Zunächst sind Sie im Werkvertragsrecht gehalten, etwaige Mängel am Bauvorhaben dem Auftragnehmer schriftlich anzuzeigen und diesen zur Nachbesserung aufzufordern. Dabei sind Sie grundsätzlich gehalten, dem Auftragnehmer eine diesbezügliche Frist zu setzen. Erst wenn Ihr Auftragnehmer innerhalb der gesetzten Frist den Mangel nicht beseitigt, dürfen Sie einen Drittunternehmer mit der Mangelbeseitigung und Fertigstellung des Bauvorhabens beauftragen.

Das Abwarten des Fristablaufs ist also Voraussetzung dafür, dass Sie später einen Schadensersatzanspruch gegenüber Ihrem Auftragnehmer überhaupt geltend machen können. Beauftragen Sie daher unmittelbar und ohne schriftliche Mängelanzeige unter Fristsetzung zur Nachbesserung einen Drittunternehmer, können Sie die diesbezüglichen Mehr-Kosten später nicht gegenüber dem ursprünglichen Auftragnehmer geltend machen.

Zudem müssen Sie den Zustand des Bauvorhabens und die von Ihnen behaupteten Mängel vor Beauftragung eines Drittunternehmers so sichern, dass Sie diese in einem möglichen Prozessverfahren belegen können und dieser Beweis auch gerichtstauglich ist.

Hierzu reicht es nicht aus, dass Sie privat einen Sachverständigen beauftragen, der die Mängel begutachtet. Ein solches Gutachten wäre nämlich im Prozessverfahren nicht verwertbar, sondern Sie wären sodann im Prozessverfahren gehalten, erneut ein Sachverständigengutachten zwecks Beweises vorliegender Mängel in Auftrag geben zu lassen. Dies wird schwierig, wenn z.B. zwischen Ablauf der Nachfristsetzung zur Mängelbeseitigung und dem Prozessverfahren am Bauvorhaben bereits weitere Arbeiten erbracht worden sind.

Hier bietet sich das selbstständige Beweisverfahren gemäß § 485 ff. ZPO an. Dabei handelt es sich um ein gerichtliches Vorverfahren, das auf Antrag einer Partei durchgeführt wird und dem die andere Partei nicht widersprechen kann. Durch Einnahme des Augenscheins, der Vernehmung von Zeugen oder Begutachtung durch einen Sachverständigen wird sodann der Zustand des Bauvorhabens geprüft und das Ergebnis ist für einen sich daran anschließenden, möglichen Rechtsstreit verwertbar.

Es wird also sozusagen auf 1. Stufe bereits der Beweis über das Vorliegen von Baumängeln gerichtssicher erbracht. In einem möglichen prozessualen Verfahren, das bei eindeutigem Beweisergebnis nicht unbedingt mehr erforderlich wird, könnte man sich also die erneute Beweisführung hinsichtlich des Vorliegens von Mängeln ersparen. Auch wird das Risiko minimiert, dass Baufortschritte die Beweisbarkeit von vorliegenden Mängeln zunichte machen könnten.

Unsere Erfahrung zeigt leider, dass es des Öfteren gerade im Garten- und Landschaftsbau zu derartigen Auseinandersetzungen kommt und Sie diesbezüglich Rechts- und Handlungssicherheit benötigen. Wir empfehlen daher, bereits bei der Vertragsgestaltung die Unterstützung eines diesbezüglichen Fachanwalts in Anspruch zu nehmen, der sowohl die vertraglichen als auch die prozessualen Tücken kennt.

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