Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f.) DS- GVO " Güterabwägung"

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  1. Zentralnorm Art. 6 DS- GVO

Die  Verarbeitung personenbezogener Daten ist in Europa verboten, es sei denn Sie ist erlaubt ( = Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt). Erlaubt ist die Verarbeitung personenbezogener Daten von Menschen wenn ein  Gesetz dies erlaubt, oder eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt.

Die ab dem 25.5.2018 in Europa geltende Datenschutzgrund- Verordnung (DS- GVO) enthält in Art. 6 DS- GVO die zentrale Vorschrift zur Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten ( = Einwilligung). Liegt eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a.) bis f.) – die jeweiligen Einwilligungstatbeständen stehen selbständig nebeneinander und zueinander – vor, dass dürfen die für die Datenverarbeitung  Verantwortlichen Daten verarbeiten.

  1. Verarbeitung im Sinne des Art. 4 Nr. 2 DS- GVO

Unter „ Verarbeitung“ ist nach Art. 4 Nr. 2 DS- GVO jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführte Vorgang  oder eine solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten zu verstehen wie

  • das Erheben,
  • das Erfassen,
  • die Organisation,
  • das Ordnen,
  • die Speicherung,
  • die Anpassung oder Veränderung,
  • das Auslesen,
  • das Abfragen,
  • die Verwendung,
  • die Offenlegung durch Übermittlung,
  • Verbreitung oder eine  andere Form der Bereitstellung,
  • den Abgleich oder die Verknüpfung,
  • die Einschränkung,
  • das Löschen oder
  • die Vernichtung.

Für jeden dieser Verarbeitungsvorgänge in automatisierten und nicht automatisierten (manuellem) Verarbeitungssystemen muss eine Einwilligung ( Art. 6 DS- GVO) vorliegen. Der Verantwortliche ist in der Nachweispflicht!

  1. Art. 6 DS- GVO und das Verhältnismäßigkeitsprinzip

Art.. 6 Abs. 1 lit. a.) bis f.) DS- GVO enthält  in abschließender Aufzählung die Voraussetzungen für ein rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten nach der DS- GVO.

Nach Art. 6 Abs. 1 lit f.) DS – GVO  ist die Datenverarbeitung rechtmäßig zur

zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.

Art. 6 Abs. 1 lit.f) DS- GVO ist  die zentrale Abwägungsklausel der DS- GVO.

Art. 6 Abs. 1 lit. f.) DS- GVO führt somit den Rechtsgedanken des §  28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG -. alt-  fort, wonach die Verarbeitung personenbezogener Daten dann zulässig war, wenn  die Daten allgemein zugänglich sind oder die verantwortliche Stelle sie veröffentlichen dürfte, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung gegenüber dem berechtigten Interesse der verantwortlichen Stelle offensichtlich überwiegt.

  1. Divergierende Interessenlagen Betroffener versus Vereinszweck

Grundlage der Rechtsgedanken in Art. 6 Abs. 1 lif. f.) DS- GVO  ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Der Grundsatz  der Verhältnismäßigkeit verlangt hier bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Verein stets eine Güterabwägung der Rechte des Betroffenen zu den Zwecken des Vereins.

Zu beachtende Interessen des Betroffenen können sein:

  • das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
  • das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme
  • der Schutzgrad personenbezogener Daten
  • ergänzende Grundrechte wie die Unverletzlichkeit der Wohnung, das Post- und Fernmeldegeheimnis, der Sozialdatenschutz

Diese zu beachtenden Interessen und Rechte des Betroffenen sind untereinander und miteinander abzuwägen zu den Zwecken des Vereins in der konkreten Verarbeitungssituation wie u.a.

  • Auslegung der „Zweckbestimmung“ ( §§ 1,2 ) in der Satzung des Vereins
  • Zweckfestlegung und -. Bindung, Haupt- und Nebenzwecke
  • Technische und organisatorische Maßnahmen nach dem Stand der Technik,
  • Sanktionen und Sanktionsmöglichkeiten ( Androhung und Vollstreckung)

Art: 6 Abs. 1 lif. f.) DS- GVO ist für Vereine und Verbände insbesondere dann relevant, wenn ausdrückliche schriftliche., elektronische oder mündliche Einwilligungserklärungen der betroffenen Personen gerade n i c h t  vorliegen ( Fall der Altdatenbestände aller Mitglieder zum Stichtag 25.5.2018!)  Im Rahmen der dann gebotenen Güterabwägung nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip kann im Rahmen der Abwägung die  Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten begründet werden.

Der Königsweg freilich ist die explizite Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a.) DS- GVO

Art. 6 Abs. 1 lit f.) DS- GVO hat daher den Charakter einer Reparatur-, Korrekturvorschrift, die in „Ausnahmefällen“ helfen kann eine Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zu bejahen.

  1. Modell des Prozesses der Güterabwägung für die Vereinspraxis

Phase 1        Feststellung und Prüfung berechtigten Interessen des Vereins oder eines Dritten (Verband)

  1. Interessenfeststellung  auf der Grundlage der Zweckbestimmung in der Satzung des Vereins /Verbandes ( Differenzierung in Hauptzweck und Nebenzweck und nach rechtlichen, wirtschaftlichen ideellen Interessen)
  2. Vereinbarkeit der festgestellten Interessen mit der Rechtsordnung
  • der EU
  • der Mitgliedstaaten der EU
  • datenschutzrechtlichen Grundsätzen nach DS- GVO / BDSG, weitere Gesetze
  • des Erforderlichkeitsgrundsatzes
  • des  Gebotes von Treu und Glauben
  1. kein weniger eingriffsintensives Mittel ?

Phase 2        Feststellung der  berechtigten „ möglicherweise überwiegenden“ Interessen der betroffenen Person

  1. überwiegende Interessen, Grundrechte, Grundfreiheiten der betroffenen Person ?
  2. ein  bloßes „tangieren der Rechte reicht alleine nicht“ zur Bejahung überwiegender Interessen!
  3. Prüfung auch „ illegitimer Interessen“ der betroffenen Person
  4. Gleichwertigkeit der Interesse der betroffenen Person und des Vereins, Verbandes ( non liquet- Fall) berechtigt zur Verarbeitung

Phase 3        Ergebnis: Verarbeitung ist erforderlich : Gewichtung der Interessen anhand folgender Faktoren

  1. alle relevanten Grundrechtsbezüge
  2. Eingriffsintensität
  3. Art der verarbeiteten Daten
  4. Art der Betroffenen
  5. Aufgaben oder Pflichten
  6. Zwecke der Datenverarbeitung
  7. Maßnahmen der Datensicherheit

MERKSÄTZE

1.         Wenn der Betroffene seine Daten öffentlich freiwillig  bekannt gemacht hat, genießen diese Daten einen geringeren Schutz!

2.        Ist der Betroffene ein  Kind, besteht ein : stärkerer Schutz!

3.         Je höher sich das in der Verarbeitung liegende Risiko für die Rechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person darstellt, umso höher ist der Rechtfertigungszwang des Verantwortlichen. ( risikobasierter Ansatz)


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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