Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f.) DS- GVO " Güterabwägung"
- 4 Minuten Lesezeit
- Zentralnorm Art. 6 DS- GVO
Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist in Europa verboten, es sei denn Sie ist erlaubt ( = Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt). Erlaubt ist die Verarbeitung personenbezogener Daten von Menschen wenn ein Gesetz dies erlaubt, oder eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt.
Die ab dem 25.5.2018 in Europa geltende Datenschutzgrund- Verordnung (DS- GVO) enthält in Art. 6 DS- GVO die zentrale Vorschrift zur Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten ( = Einwilligung). Liegt eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a.) bis f.) – die jeweiligen Einwilligungstatbeständen stehen selbständig nebeneinander und zueinander – vor, dass dürfen die für die Datenverarbeitung Verantwortlichen Daten verarbeiten.
- Verarbeitung im Sinne des Art. 4 Nr. 2 DS- GVO
Unter „ Verarbeitung“ ist nach Art. 4 Nr. 2 DS- GVO jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführte Vorgang oder eine solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten zu verstehen wie
- das Erheben,
- das Erfassen,
- die Organisation,
- das Ordnen,
- die Speicherung,
- die Anpassung oder Veränderung,
- das Auslesen,
- das Abfragen,
- die Verwendung,
- die Offenlegung durch Übermittlung,
- Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung,
- den Abgleich oder die Verknüpfung,
- die Einschränkung,
- das Löschen oder
- die Vernichtung.
Für jeden dieser Verarbeitungsvorgänge in automatisierten und nicht automatisierten (manuellem) Verarbeitungssystemen muss eine Einwilligung ( Art. 6 DS- GVO) vorliegen. Der Verantwortliche ist in der Nachweispflicht!
- Art. 6 DS- GVO und das Verhältnismäßigkeitsprinzip
Art.. 6 Abs. 1 lit. a.) bis f.) DS- GVO enthält in abschließender Aufzählung die Voraussetzungen für ein rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten nach der DS- GVO.
Nach Art. 6 Abs. 1 lit f.) DS – GVO ist die Datenverarbeitung rechtmäßig zur
zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
Art. 6 Abs. 1 lit.f) DS- GVO ist die zentrale Abwägungsklausel der DS- GVO.
Art. 6 Abs. 1 lit. f.) DS- GVO führt somit den Rechtsgedanken des § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG -. alt- fort, wonach die Verarbeitung personenbezogener Daten dann zulässig war, wenn die Daten allgemein zugänglich sind oder die verantwortliche Stelle sie veröffentlichen dürfte, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung gegenüber dem berechtigten Interesse der verantwortlichen Stelle offensichtlich überwiegt.
- Divergierende Interessenlagen Betroffener versus Vereinszweck
Grundlage der Rechtsgedanken in Art. 6 Abs. 1 lif. f.) DS- GVO ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt hier bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Verein stets eine Güterabwägung der Rechte des Betroffenen zu den Zwecken des Vereins.
Zu beachtende Interessen des Betroffenen können sein:
- das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
- das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme
- der Schutzgrad personenbezogener Daten
- ergänzende Grundrechte wie die Unverletzlichkeit der Wohnung, das Post- und Fernmeldegeheimnis, der Sozialdatenschutz
Diese zu beachtenden Interessen und Rechte des Betroffenen sind untereinander und miteinander abzuwägen zu den Zwecken des Vereins in der konkreten Verarbeitungssituation wie u.a.
- Auslegung der „Zweckbestimmung“ ( §§ 1,2 ) in der Satzung des Vereins
- Zweckfestlegung und -. Bindung, Haupt- und Nebenzwecke
- Technische und organisatorische Maßnahmen nach dem Stand der Technik,
- Sanktionen und Sanktionsmöglichkeiten ( Androhung und Vollstreckung)
Art: 6 Abs. 1 lif. f.) DS- GVO ist für Vereine und Verbände insbesondere dann relevant, wenn ausdrückliche schriftliche., elektronische oder mündliche Einwilligungserklärungen der betroffenen Personen gerade n i c h t vorliegen ( Fall der Altdatenbestände aller Mitglieder zum Stichtag 25.5.2018!) Im Rahmen der dann gebotenen Güterabwägung nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip kann im Rahmen der Abwägung die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten begründet werden.
Der Königsweg freilich ist die explizite Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a.) DS- GVO
Art. 6 Abs. 1 lit f.) DS- GVO hat daher den Charakter einer Reparatur-, Korrekturvorschrift, die in „Ausnahmefällen“ helfen kann eine Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zu bejahen.
- Modell des Prozesses der Güterabwägung für die Vereinspraxis
Phase 1 Feststellung und Prüfung berechtigten Interessen des Vereins oder eines Dritten (Verband)
- Interessenfeststellung auf der Grundlage der Zweckbestimmung in der Satzung des Vereins /Verbandes ( Differenzierung in Hauptzweck und Nebenzweck und nach rechtlichen, wirtschaftlichen ideellen Interessen)
- Vereinbarkeit der festgestellten Interessen mit der Rechtsordnung
- der EU
- der Mitgliedstaaten der EU
- datenschutzrechtlichen Grundsätzen nach DS- GVO / BDSG, weitere Gesetze
- des Erforderlichkeitsgrundsatzes
- des Gebotes von Treu und Glauben
- kein weniger eingriffsintensives Mittel ?
Phase 2 Feststellung der berechtigten „ möglicherweise überwiegenden“ Interessen der betroffenen Person
- überwiegende Interessen, Grundrechte, Grundfreiheiten der betroffenen Person ?
- ein bloßes „tangieren der Rechte reicht alleine nicht“ zur Bejahung überwiegender Interessen!
- Prüfung auch „ illegitimer Interessen“ der betroffenen Person
- Gleichwertigkeit der Interesse der betroffenen Person und des Vereins, Verbandes ( non liquet- Fall) berechtigt zur Verarbeitung
Phase 3 Ergebnis: Verarbeitung ist erforderlich : Gewichtung der Interessen anhand folgender Faktoren
- alle relevanten Grundrechtsbezüge
- Eingriffsintensität
- Art der verarbeiteten Daten
- Art der Betroffenen
- Aufgaben oder Pflichten
- Zwecke der Datenverarbeitung
- Maßnahmen der Datensicherheit
MERKSÄTZE
1. Wenn der Betroffene seine Daten öffentlich freiwillig bekannt gemacht hat, genießen diese Daten einen geringeren Schutz!
2. Ist der Betroffene ein Kind, besteht ein : stärkerer Schutz!
3. Je höher sich das in der Verarbeitung liegende Risiko für die Rechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person darstellt, umso höher ist der Rechtfertigungszwang des Verantwortlichen. ( risikobasierter Ansatz)
Artikel teilen: