Der Gnadenantrag als letztes Mittel

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Begnadigung bedeutet, dass rechtskräftig ausgesprochene, noch bestehende Rechtsnachteile durch eine Ermessensentscheidung im konkreten Einzelfall durch die Exekutive gemildert oder sogar aufgehoben werden. Daher stellt der Gnadenantrag, auch Gnadengesuch genannt, für den Verurteilten das letzte Mittel dar, um die Vollstreckung einer Strafe im Gnadenwege ganz oder zumindest teilweise abzuwehren oder aufzuschieben.

Wozu dient die Begnadigung?

Das Instrument der Gnade ist kein Recht und somit auch kein Rechtsmittel im eigentlichen Sinne. Die Möglichkeit einer Begnadigung beruht vielmehr auf dem altertümlichen Gedanken des Gnadenerweises und dient dazu, in bestimmten Einzelfällen Gerechtigkeit zu schaffen, wenn das förmliche Recht hierzu ausnahmsweise nicht geeignet ist.

Während Gericht und Staatsanwaltschaft an Recht und Gesetz gebunden sind, ist die Gnadenstelle dies grundsätzlich nicht. Sie steht vielmehr über dem Recht. In den meisten Bundesländern gibt es allerdings eine Gnadenordnung (so auch in Berlin), die gesetzliche Regelungen zum Gnadengesuch enthält.

Wann sollte ein Gnadenantrag gestellt werden?

Ein Gnadenantrag kommt erst in Frage, wenn alle rechtlichen Möglichkeiten zur Erlangung des angestrebten Ziels ausgeschöpft sind, und sollte gestellt werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die durch das Strafgericht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt werden konnten und zu einer unerträglichen Härte im Einzelfall führen.

In welchen Fällen kommt ein Gnadenantrag in Betracht?

Abschließende gesetzliche Regelungen, in welchen Fällen ein Gnadenantrag gestellt werden kann, gibt es nicht. Die Gnadenordnungen der Länder enthalten aber teilweise Aufzählungen, was Gegenstand eines Gnadenantrags sein kann, wie etwa:

  • Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung
  • Strafaufschub oder -unterbrechung
  • Aussetzung einer Restfreiheitsstrafe zur Bewährung
  • (teilweiser) Erlass von Freiheitsstrafen

Welche Gründe sprechen für eine Begnadigung?

Es gibt Fälle, in denen im Rahmen der strafrechtlichen Entscheidung bestimmte Härten und Unbilligkeiten keine Berücksichtigung finden konnten. Einerseits da das Gericht an das Gesetz gebunden ist, welches ihm bestimmte Entscheidungen vorschreibt, die zwar in der Regel, aber eben nicht immer zu einem gerechten Urteil führen. Andererseits können in der Entscheidung des Gerichts nur Umstände berücksichtigt werden, die bis zur Verkündung des Urteils eingetreten sind. Demzufolge können nachträglich eingetretene Veränderungen sich in der gerichtlichen Entscheidung nicht wiederspiegeln.

Da es immer auf den Einzelfall ankommt, können nur beispielhaft Umstände genannt werden, bei deren Vorliegen ein Gnadenantrag erfolgversprechend erscheint, jedoch führt keiner der genannten Gründe zwangsläufig zu einer Begnadigung. Gründe für eine Begnadigung können sein:

  • eine schwere Erkrankung des Antragsstellers
  • kranke Familienangehörige wie Eltern oder Kinder, deren Betreuung anderweitig nicht gewährleistet werden kann
  • drohender Verlust des Arbeitsplatzes

Bei Straftaten, die auf eine Betäubungsmittelabhängigkeit zurückzuführen sind, kann gem. § 35 BtMG Therapie statt Strafe erfolgen. Allerdings nur dann, wenn alle zu vollstreckenden Strafen ihre Ursache in der Abhängigkeit haben. Besteht daneben eine zu vollstreckende Strafe, die nicht auf die Betäubungsmittelabhängigkeit zurückzuführen ist, kommt diesbezüglich ein Gnadenantrag in Betracht, um die Möglichkeit einer Therapie aufrechtzuerhalten.

Bei Gnadenentscheidungen kann zudem das Verhalten und die Einstellung des Betroffenen zu seiner Tat berücksichtigt werden. Hierzu zählen insbesondere:

  • Verhalten im Strafvollzug
  • Reue
  • Schadenswiedergutmachung

Wer ist für einen Gnadenantrag zuständig?

Die Zuständigkeit richtet sich nach dem zugrunde liegenden Strafverfahren. Es kommt darauf an, ob in erster Instanz ein Bundes- oder Landesgericht entschieden hat. Somit ist in der Regel die Landesbehörde zuständig. In Berlin ist die Gnadenstelle die für die Justiz zuständige Senatsverwaltung. Ausnahmsweise, insbesondere bei Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs in erster Instanz, ist der Bundespräsident zuständig (§ 452 StPO), der dann auch persönlich über den Antrag entscheidet (Art. 60 Abs. 2 Grundgesetz).

Besteht ein Anspruch auf Gnade?

Ein Rechtsanspruch auf Gnade besteht leider nicht. Der Betroffene hat lediglich das Recht, ein Gnadengesuch zu stellen, über den dann auch entschieden werden muss. Auch ist die Gnadenentscheidung weder gerichtlich überprüfbar noch anfechtbar.

Damit ein Gnadengesuch möglichst hohe Erfolgsaussichten hat, ist es sinnvoll diesen durch einen erfahrenen Strafverteidiger stellen zu lassen. Sie sollten sich daher unbedingt an einen Anwalt wenden, um die Erfolgsaussichten in Ihrem konkreten Fall zu klären und gegebenenfalls einen Gnadenantrag bestmöglich auszugestalten.


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