Der schlafende Richter

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Zu nicht minder kuriosen Ergebnissen als der BGH in der in unserem vorherigen Rechtstipp  dargestellten Entscheidungen kommt das Bundesverwaltungsgericht, wenn es um die Beurteilung seiner Kollegen geht.

Ein Rechtsstreit im Verwaltungsrecht hatte eine ungewöhnliche Wendung genommen, als eine Partei die These aufstellte, dass ein ehrenamtlicher Richter während der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht bei Bewusstsein gewesen sei. Diese Anschuldigung wurde später formal als Besetzungsrüge gemäß § 138 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erhoben. Die Argumentation war, dass Richter, die nicht aufmerksam sind, als abwesend betrachtet werden sollten.

Beschwerde wegen Inaktivität eines Richters. Dem Einspruch ging die Unterstellung voraus, dass das Gericht wegen eines nicht aufmerksamen Richters in der mündlichen Verhandlung nicht regelkonform besetzt war. Jedoch befand das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), dass die Darstellung der betroffenen Partei nicht den formalen Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügte. Gemäß dieser Vorschrift sollte in der Beschwerdebegründung die fundamentale Relevanz der Rechtsfrage erörtert oder der Verfahrensfehler spezifiziert werden. Die konstante oberste Gerichtsentscheidung besagt, dass bestimmte Fakten präsentiert werden müssen, die darauf hindeuten, dass die Aufmerksamkeit des Richters während der entscheidenden Phasen der Verhandlung fehlte.

Details wie der genaue Zeitpunkt, die Dauer und die Verhaltensnuancen des Richters müssen ausführlich erläutert werden. Ebenso ist festzustellen, welche wesentlichen Aspekte während der angeblichen Inaktivität des Richters versäumt wurden.

Augenverschluss ist nicht ausreichend Die Anwältin, die den Einspruch einreichte, behauptete, dass der ehrenamtliche Richter außerstande gewesen sei, der Verhandlung zu folgen. Sie führte an, dass der Richter seine Augen für einen längeren Zeitraum kontinuierlich geschlossen hatte. Dies wurde durch seine Körperhaltung und sein Verhalten bestätigt. Dennoch konnte die Anwältin weder die Dauer des vermeintlichen Schlafs präzisieren, noch konnten ihre Beobachtungen von der anderen Seite bestätigt werden. Das BVerwG stellte fest, dass die physische Haltung des Richters nicht zwingend auf Schlaf hindeutet und auch als Zeichen von mentaler Entspannung oder erhöhter Konzentration gedeutet werden kann. Gerade im Verwaltungsrecht, in dem die Gerichte aufgrund der besonderen Verantwortung für die Parteien gehalten sind, von Amts wegen zu ermitteln, scheint ein solcher Ausspruch geradezu zynisch. 

Darüber hinaus merkte das Bundesverwaltungsgericht an, dass die Anwältin offenbar nicht gegen ihre beruflichen Verpflichtungen und gegen das Gebot der prozessualen Fairness verstoßen wollte. Denn hätte sie während der nahezu zweistündigen Verhandlung tatsächlich die "sichere Anzeichen einer signifikanten geistigen Abwesenheit des ehrenamtlichen Richters" bemerkt, hätte sie dies ansprechen müssen. Das Gericht bemängelte schließlich die Unklarheit der Angaben zur genauen Phase und Dauer der vermeintlichen Inaktivität des Richters.

Auch hier soll es dann der Anwalt richten... Erst einmal die Richter wecken und der erfahrene Anwalt bringt auch gleich eine Thermoskanne Kaffee für das Gremium mit. 

Haben Sie vergleichbar kurioses erlebt? Rufen Sie uns gerne in einer unserer Kanzleien an.


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