Der Versorgungsausgleich im Rahmen der Scheidung

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Die Ehe ist letztlich ein Vertrag zwischen zwei Personen. Ähnlich der Kündigung eines sonstigen Vertrages gibt es vielerlei zu berücksichtigen und zu wissen. Insbesondere bei langen Ehen spielt der „Versorgungsausgleich“ eine große Rolle. Der folgende Beitrag soll diesen näher beleuchten und dessen maßgebliche Rolle im Rahmen der Scheidung aufzeigen.


Was ist der Versorgungsausgleich? 

Der Versorgungsausgleich im Rahmen der Scheidung ist die Aufteilung der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften und sonstiger Altersvorsorge beider Ehepartner; er findet nur statt, wenn eine Ehe geschieden wird oder diese bereits geschieden wurde. Rentenanwartschaften begründen das Recht, gewisse (finanzielle) Versorgungen im Rentenalter beziehen zu können. Relevant und von besonderer Bedeutung sind diese Anwartschaften insbesondere für denjenigen Partner, welcher (zeitweise) keiner Berufstätigkeit nachgehen konnte, weil er zum Beispiel Kinder betreut hat und hierdurch nur geringe (eigene) Rentenanwartschaften erwerben konnte. 

Ausgangspunkt für den Versorgungsausgleich ist § 1587 BGB. § 1587 BGB folgend findet zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten statt, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, der betrieblichen Altersvorsorge oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge. § 1587 BGB ist dabei nicht abschließender Natur, sondern zählt lediglich exemplarisch Anrechte auf. 

In § 2 Abs. 2 VersAusglG werden diese Anrechte näher definiert. Durch den Versorgungsausgleich erwirbt der Ehepartner in der Regel Ansprüche gegen einen Versorgungsträger, d.h. nicht gegen den geschiedenen Ehepartner, sodass der anspruchsberechtige Ehepartner in ein Rechtsverhältnis zwischen dem Ehepartner und dessen Versorgungsträger eingreift [Müko-BGB/Maaß, 9. Auflage 2022, BGB § 1587, Rn. 1]. Im Gegensatz hierzu steht zum Beispiel der Unterhaltsanspruch oder der Zugewinnausgleich, welche jeweils wiederkehrende/einmalige Leistungsansprüche direkt gegen den geschiedenen Ehepartner begründen. Soweit Anrechte außerhalb der Ehe erworben worden sind, sind diese nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. 

Wie soeben dargelegt, tangiert der Versorgungsausgleich das Rechtsverhältnis mit dem Versorgungsträger – soweit eine Vereinbarung zwischen den Ehepartner vorliegen würde, dass auch die nicht in der Ehezeit erworbenen Anrechte einbezogen werden sollen, käme es zu einem nicht gerechtfertigten Eingriff in die rechtliche Stellung des Versorgungsträgers und hiermit verbunden der Versichertengemeinschaft [Müko-BGB/Maaß, 9. Auflage 2022, BGB § 1587, Rn. 11].


Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs 

Der Versorgungsausgleich rechtfertigt sich insbesondere aus der Pflicht, die Altersversorgung des Ehegatten sicherzustellen [BGH NJW 1979, 1289; BGH NJW-RR 2012, 323]. Durch den Versorgungsausgleich werden die während der Ehe erworbenen Versorgungspositionen gemäß des ursprünglichen Zwecks der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt, sodass die Unterhaltssicherung im Alter gewährleistet wird [BGH NJW-RR 2012, 323 Rn. 11]. Sofern die Ehe nicht geschieden worden wäre, hätte der andere Ehegatte an den erworbenen Versorgungspositionen aufgrund der ehelichen Unterhaltsgemeinschaft partizipiert. 

Bereits vor der Einführung des Versorgungsausgleichs wurde es für den erwerbstätigen Ehegatten für verpflichtend gehalten, nicht nur den laufenden Unterhalt zu bestreiten, sondern auch für die zukünftige Sicherung des Unterhalts des anderen Ehegatten zu sorgen – basierend auf der ehelichen Unterhaltsverantwortung [BGH NJW 1952, 377; BGH NJW 1979, 1289]. 

Dieser Verantwortung kommt der unterhaltspflichtige Ehepartner dadurch nach, dass beispielsweise die Pflichtbeiträge der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden. Die hierdurch erworbenen Versorgungsanwartschaften dienen aufgrund der wahrgenommenen Unterhaltsverantwortung der Sicherung beider Ehegatten [BGH NJW-RR 2012, 323]. Kommt es letztlich zum Scheitern der Ehe, bewirkt der Versorgungsausgleich, dass die Versorgungsanwartschaften, welche in der Zeit der Ehe gesammelt wurden, dem ursprünglichen Zweck, d.h. der beiderseitigen Alterssicherung, zugeführt werden  .


Berechnung des Versorgungsausgleichs 

Wie hoch der Versorgungsausgleich letztlich ausfällt, hängt davon ab, welche Rentenanwartschaften während der Ehezeit erworben worden sind und wie lange die Ehe andauerte. Wie der zeitliche Rahmen der Ehezeit zu ermitteln ist, regelt § 3 VersAusglG. Hiernach beginnt die Ehezeit mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist und endet mit dem letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags (ab diesem Zeitpunkt erfasst der Unterhaltsanspruch des unterhaltsberechtigten Ehegatten auch die Aufwendungen für eine entsprechende, angemessene Altersvorsorge, § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB). 

§ 3 Abs. 3 VersAusglG bestimmt, dass bei einer Ehezeit von lediglich bis zu drei Jahren ein Versorgungsausgleich nur stattfindet, wenn ein Ehegatte dies beantragt. Die in der Ehezeit erworbenen Anrechte sind einzeln zwischen den Ehegatten hälftig aufzuteilen, d.h. dass der Ausgleich für jede einzelne Rentenanwartschaft durchgeführt und jeder bestehende Anspruch grundsätzlich hälftig geteilt wird. Hierdurch erwirbt der Ehepartner das ihm zustehende Anwartschaftsrecht als eigenes Recht gegenüber dem jeweiligen Versorgungsträger. 


Auskunftsansprüche 

Häufig stellt sich das Problem, dass (geschiedene) Ehepartner nur ungern Auskunft über ihre Vermögensverhältnisse erteilen. Um zu gewährleisten, dass es zu einem (gerechten) Versorgungsausgleich kommt, bestehen gegenseitige Auskunftspflichten. § 4 VersAusglG ermöglicht, dass sich die Eheleute bereits vor Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens einen Überblick über ihre Situation hinsichtlich eines zu erwartenden Versorgungsausgleichs verschaffen können [Müko-BGB/Maaß, 9. Auflage 2022, VersAusglG § 4, Rn. 2]. Sobald das Scheidungs-/ und oder Versorgungsausgleichsverfahren anhängig wird, tritt die Bedeutung von § 4 VersAusglG zurück, da § 220 FamFG eine verfahrensrechtliche Auskunftspflicht statuiert.


Durchführung des Versorgungsausgleichs 

Über den Versorgungsausgleich entscheidet das Familiengericht. Der Versorgungsausgleich stellt sich dabei als Teil des Scheidungsverfahrens dar; das Gericht prüft diesen von Amts wegen. In der Folge muss der Versorgungsausgleich im Grundsatz nicht gesondert bei Gericht beantragt werden. 

Um über den Ausgleich entscheiden zu können, wird das Gericht die Ehepartner zur Auskunft über ihre jeweiligen Anrechte auffordern. Für das Versorgungsausgleichsverfahren besteht für die Ehegatten grundsätzlich Anwaltszwang. Gemäß § 114 Abs. 1 FamFG müssen sich Ehegatten vor dem Familiengericht in Ehesachen und Folgesachen – und der Versorgungsausgleich steht im Verbund mit der Ehesache und gilt damit als Folgesache – von einem Anwalt vertreten lassen. Dies ist auch dann der Fall, wenn das Versorgungsausgleichverfahren abgetrennt, § 140 FamFG, wird. Ausgenommen vom Anwaltszwang ist der Versorgungsausgleich dann, wenn es sich nicht mehr um eine Folgesache handelt. 


Ausschluss des Versorgungsausgleichs

Soweit es sich, wie bereits dargestellt wurde, um eine sehr kurze Ehedauer, d.h. bis zu drei Jahren, handelte und keiner der beteiligten Ehepartner einen Antrag auf Versorgungsausgleich stellt, wird dieser seitens des Gerichts nicht automatisch vorgenommen. Dass der Ausschluss des Versorgungsausgleichs prinzipiell möglich ist, zeigt § 6 VersAusglG (zudem § 1408 Abs. 2 BGB), wonach dieser ausgeschlossen werden kann. Dies kann nicht nur durch eine Scheidungsfolgenvereinbarung erfolgen, sondern bereits im Vorfeld der Ehe durch einen Ehevertrag. 

Bei Abschluss einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich, die vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung geschlossen wird, bedarf es jedoch der notariellen Beurkundung, § 7 Abs. 1 VersAusglG. Gleiches gilt für eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich im Rahmen des Ehevertrages, § 7 Abs. 3 VersAusglG, welcher auf § 1410 BGB verweist. § 1410 BGB ordnet für den Ehevertrag gleichermaßen die notarielle Beurkundung an. Sowohl eine Scheidungsfolgenvereinbarung als auch der Ehevertrag, § 1410 Abs. 2 BGB, sind an § 8 VersAusglG zu messen. Mithin unterliegen entsprechende Regelungen der Inhalts- und Wirksamkeitskontrolle durch das Familiengericht. Soweit sich der Ausschluss des Versorgungsausgleiches als sittenwidrig darstellt, ist dieser unwirksam.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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