Die erste Entscheidung des BGH zu den Cum-Ex-Geschäften zeigt: Augen auf bei allzu verlockenden Steuertipps

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In einem wegweisenden Urteil hat der BGH entschieden, dass Cum-Ex-Aktiengeschäfte den Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO darstellen und nicht nur eine Gesetzeslücke finanziell nutzen[1]. Die dabei angegriffene Handlung ist das Einreichen einer falschen Steuerbescheinigung durch den Käufer der Aktien. Entschieden wurde darüber hinaus über die Einziehung von Taterträgen nach § 73 ff. StGB. Die von der Verteidigung angeführte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum wirtschaftlichen Eigentum betreffe den hier verhandelten Fall nicht, weil es sich um Leerverkaufsabreden gehandelt habe, die kein wirtschaftliches Eigentum begründen konnten.

Hierzu ist das Geschäft des Leerverkaufs genauer zu erläutern: Bei diesem über Jahre hinweg von vielen Akteuren des Finanzmarktes betriebenen Geschäft wurden Aktien unmittelbar vor der Hauptversammlung mit dem Anspruch auf Dividende verkauft, ohne dass der Käufer sie tatsächlich besaß (so genannte Leerverkäufe). Dabei stellt die Lieferung der Wertpapiere zwei Tage später, also nach der Hauptverhandlung, ein börsenübliches Verhalten dar[2].

Den damaligen gesetzlichen Regelungen entsprechend wurde die Steuer vom Emittenten, also von dem Herausgeber der Aktien, einbehalten und an die Steuerbehörden abgeführt. Demjenigen, der zu diesem Zeitpunkt die Aktien hielt, wurde daher die Nettodividende gutgeschrieben und eine Steuerbescheinigung ausgestellt[3]. Verkäufer lieferten jedoch Aktien, die sie nach der Hauptversammlung ohne Dividendenanspruch (sog. "Ex-Aktien") erworben hatten und leisteten zur Kompensation an das Bankhaus je eine zuvor bewusst in Kauf genommene Schadenersatzleistung, die sogenannte Dividendenkompensationszahlung.

In seiner Presseerklärung hat der BGH insbesondere die vorsätzliche Begehung herausgestellt. Denn die im Verfahren Beteiligten hätten gerade arbeitsteilig auf die Auszahlung nicht abgeführter Kapitalertragsteuer hingewirkt. Allen Beteiligten sei als Bankkaufleuten bekannt gewesen, dass diese Steuer weder auf Seiten der Leerverkäufer noch sonst einbehalten wurde. Gleichwohl stellte das Bankhaus sich selbst Steuerbescheinigungen zur Vorlage bei den Finanzbehörden aus, mit denen es - fälschlicherweise - den angeblichen Einbehalt der Steuer bestätigte. Zum Zeitpunkt der Begehung der Taten sah das Gesetz bereits in den insoweit einschlägigen Vorschriften eine klare und eindeutige Regelung vor, gegen die die Beteiligten verstoßen haben. Dies ergibt sich schon daraus, dass nur die tatsächlich einbehaltene Kapitalertragsteuer zur Anrechnung und Auszahlung angemeldet werden darf.

Durch dieses Urteil ist jedoch noch keine endgültige Entscheidung in sämtlichen Fällen getroffen. Die Staatsanwaltschaften ermitteln in einer Vielzahl von Fällen. Die FAZ spricht gar von einem der größten Steuerskandale der Nachkriegszeit. [4]

[1] Presseerklärung des BGH: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/2021146.html;jsessionid=7ECA3868870D9A03736A7DFE93D24E4F.2_cid359

[2] vgl. § 4 Abs. 1 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Börse; Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 909/2014

[3] Kritisch zur Rolle des Staates: https://www.cicero.de/wirtschaft/bgh-urteil-cum-ex-deals-gesetzgeber-steuerbetrug-angeheizt

[4]  https://www.faz.net/aktuell/finanzen/cum-ex-anwalt-berger-in-haft-17430478.html.


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