Die Fälle des unlauteren Wettbewerbs in der Türkei

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- Im Hinblick auf ausländische Gesellschaften sowie Gesellschaften mit ausländischen Anteilsinhabern -


Soweit ein Kaufmann, Handelsprodukte, Produktions- und Betriebsgeheimnisse oder jegliche anderweitigen Informationen, die aufgrund der Geschäftsbeziehungen erlangt wurden, außerhalb des Übermittlungszweckes verwendet, verhindert er zugleich die Begründung eines fairen und unverfälschten Wettbewerbes. Zusammenfassend hat dies zur Folge, dass ein Kaufmann, welcher die Handelsgüter oder die Handelsprodukte unbefugt verwendet, somit einen unlauteren Wettbewerb begründet.

Unabhängig von den jeweiligen rechtlichen Beziehungen der Parteien, begründet durch eine Vertriebsvereinbarung, einem Kaufvertrag oder auf sonstige Weise, ist der Kaufmann nicht berechtigt vertraulichen Informationen unbefugt zu verbreiten; eine derartige Handlung hat ebenso die gleichen rechtlichen Konsequenzen zur Folge. Entscheidend in diesem Zusammenhang sind die Befugnisse, die der Überlassende bezüglich der Handelsprodukte und Immaterialgüter gegenüber dem Empfänger einräumt. Soweit von den vorbezeichneten Befugnissen, z.B. die Verbreitung der Produktinformationen, die Produktions- und Designgeheimnisse oder die Produktion, nicht umfasst sind, wird der Tatbestand des unlauteren Wettbewerbes erfüllt.

Ein Kaufmann, welcher aufgrund des unlauteren Wettbewerbs einen Nachteil in der Türkei erlitten hat, kann demnach zunächst folgende rechtliche Schritte einleiten:

  1. Selbstständiges Beweissicherungsverfahren: Zum Beweis von unlauteren Wettbewerbshandlungen bedarf es der Sicherstellung von Beweismitteln bei den angegebenen Adressen, den Produktionsstätten sowie auf den Webseiten. Um eine Vernichtung, Änderung oder Unterdrückungen der Beweise zu verhindern, kann hierbei das selbstständige Beweissicherungsverfahren herangezogen werden.
  2. Einstweilige Verfügungen: Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kann die Beseitigung der durch den unlauteren Wettbewerb begründeten materiellen und immateriellen Schäden, das Einsammeln der jeweiligen Produkte, die Beschlagnahme der Produkte, die Einstellung der Produktion, das Unterlassen des Unlauteren Wettbewerbs sowie die Korrektur der falschen oder irreführenden Aussagen, oder im Falle des Exports und Imports der Waren, die Beschlagnahme dieser am Zoll, zudem beantragt werden.

Soweit der Tatbestand des unlauteren Wetteberwebs erfüllt und dieser somit begründet wird, können folgende Klagen zusätzlich in der Türkei erhoben werden:

  1. Klage über Feststellung des unlauteren Wettbewerbs: Durch Einleitung einer Feststellungsklage können durch das zuständige Gericht die den unlauteren Wettbewerb begründenden Umstände ermittelt und durch ein Urteil festgestellt werden. Die Einleitung dieses Verfahrens wird bevorzugt, soweit die Feststellung des unlauteren Wettbewerbs genügt.
  2. Klage auf Unterlassung oder vorbeugende Unterlassung:  Im Falle eines bestehenden oder noch andauernden unlauteren Wettbewerbs besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Unterlassungsklage / vorbeugenden Unterlassungsklage. Gegen eine andauernde oder möglicherweise zukünftige unlautere Wettbewerbshandlung müssen zum Unterlassen oder zur Verhinderung dieser die vorbezeichneten Klagen erhoben werden.
  3. Klage auf Beseitigung: Diese Klage wird zum einen zur Beseitigung der den unlauteren Wettbewerb begründen Sachlage, im Falle des unlauteren Wettbewerbs durch falsche oder irreführende Aussagen, zur Berichtigung dieser sowie zum anderen zur Vorbeugung von Rechtsverletzungen erhoben. Für den Fall, dass zum Zeitpunkt der Klageerhebung eine bestehende und noch andauernde unlautere Wettbewerbshandlung gegeben ist und die Beseitigung der Folgen eines bereits vollzogenen rechtswidrigen Eingriffs beabsichtigt wird, ist diese Klage zu bevorzugen.  

Da im Rahmen der vorgenannten Klage ein Schadensersatz nicht zugleich geltend gemacht werden kann, wird empfohlen sie zusammen mit einer Schadensersatzklage einzureichen.


  1. Klage auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens: Bei Vorliegen der Voraussetzungen der unerlaubten Handlungen entsprechend des türkischen Bürgerlichen Gesetzbuches besteht die Möglichkeit, gegen den Verantwortlichen des unlauteren Wettbewerbs eine Klage auf materiellen sowie immateriellen Schadensersatzes zu erheben. Mit anderen Worten:  Im Vergleich zu anderen Klagen aufgrund des unlauteren Wettbewerbes bedarf es, um eine Schadensersatzklage erheben zu können, des Vorliegens folgender Voraussetzungen: eine rechtswidrige Handlung, ein Verschulden des Handelnden, Schaden oder die Gefahr eines Schadenseintrittes sowie ein rechtswidriger Kausalzusammenhang.  In diesen Fällen stellt die Einleitung eines Mediationsverfahrens vor Erhebung einer Klage eine Prozessvoraussetzung dar. Als immateriellen Schaden ist bei Kaufleuten, welche durch eine juristische Person verkörpert werden, die Rufschädigung geltend zu machen.
  2. Straftatbestand des unlauteren Wettbewerbs – Strafverfahren: Auch unerlaubte Handlungen erfüllen den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs; daher kann gegen den Verantwortlichen des unlauteren Wettbewerbs Strafanzeige erstattet werden. Gemäß § 62 des türkischen StGB wird hierbei eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren vorgesehen.

Je nach Umstände des Einzelfalls kommt ebenso das Stellen einer Strafanzeige wegen des Deliktes der rechtswidrigen Beschaffung, Aufzeichnung oder Verbreitung personenbezogener Daten sowie des Deliktes der Untreue in Betracht.  

Als Schutzmaßnahme wird ausländischen Gesellschaften sowie Gesellschaften mit ausländischen Anteilsinhabern empfohlen, vor dem Eintritt in die türkische Wirtschaft bei Abschluss der Verträge mit den in- und ausländischen Geschäftspartnern, insbesondere in Bezug auf die Aspekte der Übertragung des Knowhows und der Nutzung der gewerblichen Schutzrechte vorsichtig und gewissenhaft zu handeln und angemessene Vertragsstrafen schriftlich festzulegen. Soweit die zu übertragenden Informationen im Rahmen der gewerblichen Schutzrechte in der Türkei nicht registriert, gemeldet sind, werden durch die unverzügliche Anmeldung dieser Informationen dem Inhaber umfassende Rechte eingeräumt.


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