Persönliche Haftung ausgesch. Geschäftsführer und Vorstände für Wettbewerbs- u. Schutzrechtsverstöße

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Von RA Dr. Marc Laukemann, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie gewerblichen Rechtsschutz

Bis 2014 hatte die Rechtsprechung häufig ohne weitere Begründung eine persönliche Haftung des Geschäftsführers einer GmbH bzw. des Vorstandes einer AG für aus dem Unternehmen heraus begangene Wettbewerbsverstöße und Immaterialgüterrechtsverletzungen angenommen.

In derselben Weise wurde vereinzelt auch eine deliktische Durchgriffshaftung von Organmitgliedern auf Grund einer besonderen Organisationsverantwortung angenommen. Seit 2014 schränkt die Rechtsprechung diese Grundsätze ein und lehnt eine Außenhaftung des Geschäftsführers allein auf Grund seiner Organposition definitiv ab.

Persönliche Haftung für Verstöße gegen gewerbliche Schutzrechte

Insbesondere bei Immaterialgüterrechtsverletzungen (wie Verstöße gegen Urheberrecht, Patente, und Designs) droht eine persönliche Haftung jedoch nach wie vor. Darüber hinaus kommt strafrechtliche Haftung in Betracht, wenn aus dem Unternehmen heraus gegen wettbewerbs- bzw. immaterialgüterrechtliche Straftatbestände verstoßen wird.

Aktuell gilt Folgendes:

  • Der Geschäftsführer haftet nach Auffassung des BGH (Patentsenat), wenn die Gesellschaft fremde Schutzrechte verletzt und dadurch einen Schaden erleidet, wenn dies auf eine Pflichtverletzung seinerseits zurückgeht. Auch wenn der I. Zivilsenat des BGH dies für Urheberrechte, Designs und Geschmacksmuster anders sehen dürfte, bleibt ein erhebliches Risiko für Organmitglieder hier bestehen.
  • Daneben haftet der Geschäftsführer bzw. Vorstand für eigenhändig begangene Delikte Dritten persönlich auf Unterlassung und Schadensersatz.
  • Darüber hinaus haftet er Dritten auch für Verkehrspflichtverletzungen. Voraussetzung ist, dass er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und dabei zumutbare Verhaltenspflichten verletzt.
  • Dieser Anspruch richtet sich auf Unterlassung und auf Schadensersatz. Eine sogen. Störerhaftung, auf die die Rechtsprechung früher zurückgegriffen hat, bedarf es daneben nicht mehr.
  • Ansprüche aus §§ 33 I, III und 141 S. 2, 139 PatG gegen den Geschäftsführer scheiden aus, weil er selbst nicht bereichert ist. Die Haftung des Geschäftsführers wird sinnvoll begrenzt, indem ihm nur ein Organisationsverschulden innerhalb seiner Abteilung vorgeworfen werden kann. Da eine Unterlassungsvollstreckung nach § 890 ZPO nicht möglich ist, wenn gleichzeitig die Gesellschaft in Anspruch genommen werden kann, senkt auch dies die Gefahr für den Geschäftsführer.

Persönliche Haftung für Wettbewerbsverstöße

Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere Wettbewerbshandlungen (UWG) der GmbH besteht nach der neuen Rechtsprechung des BGH danach nur, wenn er daran durch positives Tun beteiligt war, oder wenn er die Wettbewerbsverstöße auf Grund einer nach allgemeinem Deliktsrecht begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. Damit reicht die schlichte Kenntnis des Geschäftsführers von Wettbewerbsverletzungen für eine Haftung nicht mehr aus. Erforderlich ist vielmehr, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, dass nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. Erlangt daher ein Geschäftsführer lediglich Kenntnis davon, dass bei der unter seiner Leitung stehenden Geschäftstätigkeit Wettbewerbsverstöße begangen werden oder ihre Begehung unmittelbar bevorsteht, so trifft ihn persönlich die Verpflichtung im Verhältnis zu von der Maßnahme betroffenen außenstehenden Dritten (z. B. Wettbewerbern oder Verbrauchern) eine Verletzung durch das Wettbewerbsrecht geschützter Interessen zu verhindern. Allerdings erkennt die Rechtsprechung eine Pflicht des Geschäftsführers an, bei pflichtwidrig herbeigeführten Gefahrenlage für Dritte vorzugehen, um möglicherweise eintretende Schädigungen abzuwenden.

Zwar sind Geschäftsführer und Vorstände nach § 43 I GmbHG und § 93 I 1 AktG zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung verpflichtet. Diese Pflicht umfasse zwar auch die Verpflichtung dafür zu sorgen, dass Rechtsverletzungen unterbleiben. Diese Pflicht bestehe aber nur gegenüber der Gesellschaft und führen gerade nicht zu einer Haftung gegenüber Dritten. Der BGH begründet seine Rechtsprechungswende damit, dass dem Geschäftsführer ansonsten ein unzumutbar hohes Haftungsrisiko aufgebürdet würde.

Haftung für ausgeschiedene Geschäftsführer wegen Irreführung über Firmennamen?

Dass die Haftungsrisiken damit im Einzelfall aber weiter bestehen, verdeutlicht ein Urteil des OLG Düsseldorf auf dem Dez. 2018 (Urteil v. 13.12.2018 – Az.: 2 U 37/18). Das Gericht hat einen bereits als GmbH-Geschäftsführer ausgeschiedenen Beklagten zur Unterlassung der Verwendung einer beanstandeten Firmenbezeichnung (hier den Begriff „Anstalt“ für eine privatrechtliche Einrichtung“) verurteilt. Die Gefahr der Wiederholung des beanstandeten Verstoßes würde alleine durch die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit nicht entfallen, weil der Beklagte als Repräsentant die Verletzungshandlung in gleicher Weise als selbstständiger Unternehmer oder Verantwortlicher eines anderen Unternehmens weiterbetreiben oder wieder aufnehmen kann.

So heißt es in dem Urteil:

Da die beanstandete Firmenbezeichnung gegen das Irreführungsverbot verstößt, kann die Klägerin von den Beklagten gemäß §§ 8 Abs. 1 UWG, 3, 5 Abs. 1 UWG Unterlassung verlangen.

Neben der Beklagten zu 1) sind auch die Beklagten zu 2) und zu 3) zur Unterlassung verpflichtet. Zwar haftet der Geschäftsführer für Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft nur dann persönlich, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war, oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber einem außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße zu verhindern (BGH, GRUR 2014, 883 – Geschäftsführerhaftung). Die schlichte Kenntnis des Geschäftsführers von Wettbewerbsverletzungen scheidet demnach als haftungsbegründender Umstand aus. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, dass nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. Derartiges ist jedoch bei der hier in Rede stehenden rechtsverletzenden Benutzung einer bestimmten Firmierung, über die typischerweise auf Geschäftsführerebene entschieden wird, der Fall (so auch BGH, a.a.O., Rz. 19).

Die Abberufung des Beklagten zu 3) als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) lässt die Wiederholungsgefahr und damit den Unterlassungsanspruch nicht entfallen, da der Repräsentant die Verletzungshandlung in gleicher Weise als selbstständiger Unternehmer oder Verantwortlicher eines anderen Unternehmens weiter betreiben oder wieder aufnehmen kann (BGH, WRP 2009, 1001 – Internet-Radio-Recorder; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 8 UWG, Rz. 2.20).“

Haftungsvermeidungsstrategien

Geschäftsführer und Vorstände bleiben in der Pflicht sorgfältig zu arbeiten und vorausschauend zu agieren. Jeder Geschäftsführer bzw. Vorstand sollte im eigenen Interesse ein Risikomanagement einrichten, mit dem Ziel, Risiken von der Gesellschaft abzuwenden. Es gilt der Grundsatz, dass Gefahren für die Gesellschaft gleichzeitig Haftungsrisiken für ihn sind.

Zu den Instrumentarien zur Risikominimierung gehören auch die Organisation von Betriebsabläufen und die Delegation von Aufgaben. Die richtige Unternehmensorganisation kann ihn haftungsrechtlich entlasten. Delegation allein hilft nicht, er bleibt grundsätzlich in der Aufsichtspflicht. Zur Haftungsvermeidung gehört zwar auch eine Directors & Officers-Versicherung als Element der Risikobegrenzung, die aber gerade bei Schutzrechtsverletzungen wie vorstehend beschrieben nicht immer eingreift.

Der beste Schutz zur Haftungsvermeidung sind eine frühzeitige umfassende Information (und spätere regelmäßige Updates). Scheidet ein Geschäftsführer oder Vorstand aus, sollte er vor Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung sorgsam prüfen, ob und welche Risiken auf ihn noch zukommen können und sich hiergegen, soweit wie möglich absichern (z. B. durch explizite Freistellungsvereinbarungen). Empfehlenswert ist in jedem Fall die rechtzeitige individuelle Beratung durch einen spezialisierten Anwalt an.



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