Die Insolvenz des Bauträgers - Kurzübersicht der Möglichkeiten

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Dieser Beitrag soll nur einen kurzen Einstieg ermöglichen. Zur Vertiefung empfiehlt sich der Beitrag zur Insolvenz des Bauträgers

Die Insolvenz eines Bauträgers kündigt sich meist vorher an. Das Bauvorhaben wird nicht weitergeführt; Handwerker beklagten sich, dass sie nicht bezahlt werden.

Der Erwerber steht ratlos vor dieser Situation, muss jedoch wissen, dass er NIE ohne anwaltlichen Rat den Rücktritt erklären sollte. Denn dann verliert er seine Sicherheit.

1. Vor Stellung des Insolvenzantrags

Wenn noch kein Insolvenzantrag gestellt wurde, stehen dem Erwerber mehrere Möglichkeiten zu. Diese sind auch vom Bautenstand abhängig:

Ist noch gar nicht begonnen worden, ist es einfach. Dann sind entweder keine oder nur die 1. Rate gezahlt worden. Mängel gibt es dann nicht. Man kann eine Fertigstellungsfrist setzen, um später ein Abrechnungsverhältnis zu schaffen. Beim Einfamilienhaus ist die eigene Fertigstellung relativ einfach, anders als beim Mehrfamilienhaus. Hier wird nicht ein Erwerber das ganze Haus fertigstellen. Im letzteren Fall sollte man unbedingt mit anderen Erwerbern und auch der Bank des Bauträgers Kontakt aufnehmen, um zu prüfen, ob eine Weiterarbeit sinnvoll und machbar ist. Wenn noch gar nichts gezahlt wurde, sollte man prüfen, ob nicht doch der Rücktritt erklärt wird. Denn die Fertigstellung wird vermutlich erhebliche Schwierigkeiten und Verzögerungen mit sich bringen.

Gerade der Bereich Mehrfamilienhaus ist wegen der Mehrzahl der Erwerber so schwierig, dass man allgemein gar keine Lösung vorgeben kann. Im Bereich EInfamilienhaus kann man Fristen setzen. Auch hier gibt es keine einfache Lösung. So ehrlich mus man sein. Es ist mit Verzögerungen zu rechnen, was wiederum Geld kostet. Baut man selbst weiter, wofür man die Voraussetzungen schaffen muss, sind Mehrkosten zu erwarten.

Leider hat der Gesetzgeber die Möglichkeit ausgeschlossen, dass ein Erwerber aus wichtigem Grund kündigt. DIeses war vor der Reform des Werkvertragsrechts möglich. Nun kann man sich auf diese Möglichkeit nicht stützen und muss ein Abrechnungsverhältnis schaffen. Weil der Gesetzgeber das Recht zur außerordentlichen Kündigung ausgeschlossen hat und - Stand jetzt- es keine anderslautende obergerichtliche Rechtsprechung gibt, kann man derzeit nicht ohne erhebliches Risiko kündigen.

Es bleibt die Möglichkeit einer "aufgedrängten verfrühten Abnahme", oder ein Abrechnungsverhältnis. Jüngst dazu entschieden:

"Eine vor dem Entstehen des Abrechnungsverhältnisses erfolgte Aufforderung mit Fristsetzung ist als Anspruchsvoraussetzung ausreichend, wenn die als fertig gestellt angebotene Leistung zu diesem Zeitpunkt fällig war." OLG Koblenz, Urteil vom 15.12.2022 - 1 U 516/22

Ferner bestünde die Möglichkeit einer Klage auf Umschreibung des Eigentums ( Kleinjohann in IBR 2023, 351). Da dieses üblicherweise den Verträgen nicht entspricht, muss dieses sorgfältig geprüft werden und setzt einen längeren Verzug voraus, entsprechende Zahlungen.

2. Nach Stellung des Insolvenzantrags

Ist der Insolvenzantrag gestellt, wird der Bauträger üblicherweise nicht mehr - allein - entscheiden können. Der vorläufige Insolvenzverwalter kann aber auch noch nicht allein entscheiden. Da der Zeitraum der Prüfung oft sehr lange dauert, ist zunächst Geduld gefragt. Man kann versuchen mit Bauträger und vorläufigen Insolvenzverwalter Kontakt aufzunehmen und prüfen, ob und wie es weitergeht. In der Praxis gestaltet sich dieses aber schwierig.

Der Erwerber ist aber nicht daran gehindert Fristen zu setzen. Es ist aber zu beachten, dass in diesem Stadium nicht zu erwarten ist, dass man schadlos aus der Sache kommt. Spätestens jetzt ist der Weg zu einem Rechtsanwalt anzuraten. Dieser kann dann prüfen, ob die Zahlungsvoraussetzungen gegeben sind, ob es Rückforderungs - oder Schadensersatzansprüche gibt.

Es ist möglich, dass das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet wird. Dann kann eine Umschreibung verlangt werden. Allerdings sind die Gläubiger des Bauträgers einzubeziehen. Dazu weiter unten.

3. Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Ist das Insolvenzverfahren eröffnet, hat der Insolvenzverwalter ein Wahlrecht. Er kann entscheiden, ob er "erfüllt", also weiterbaut, oder die Erfüllung ablehnt. Baut er weiter, ist dieses der wahrscheinlich günstigste Weg. Die Regel ist dieses nicht.

Erfüllt der Bauträger nicht, kann eine Umschreibung des Eigentums verlangt werden gegen Zahlung des Grundstücksanteils. Ist noch gar nicht gezahlt worden, sollte aber der Rücktritt erwogen werden.

Diesen Grundstücksanteil und den Bautenstand muss man bewerten lassen. Den Insolvenzverwalter wird dieses meist weniger kümmern, aber für die Bank des Bauträgers, zu deren Gunsten eine Grundschuld eingetragen ist, ist dieses relevant. Denn die Bank kann in der Regel ebenfalls wählen und zwar zwischen der Löschung dieser Grundschuld oder der Rückzahlung bis zum anteiligen Wert - so dieses im Bauträgervertrag geregelt ist. Dieses "bis zum anteiligen Wert" entspricht der Regelung in § 3 MaBV. Jedoch muss es sich in der Freistellungserklärung widerfinden - und im Bauträgervertrag.

Bei einem EInfamilienhaus ist die Situation wieder einfacher: Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung ab, wird Kontakt mit der Bank aufgenommen und diese aufgefordert sich zu entscheiden, ob sie löschen lassen will, oder Beträge erstattet. Deshalb ist klar, dass der Erwerber bis zu diesem Zeitpunkt keine Fortführung leisten sollte! 

Will die Bank Zahlungen erstatten, kommt es auf den anteiligen Wert an. Diesen müßte die Bank beweisen ( OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.02.2008 - 4 U 123/06) Dennoch ist es ratsam einvernehmlich einen Sachverständigen mit der Wertermittlung zu beauftragen. Hierbei sind Mängel zu beachten:

Der Globalgläubiger - Bank des Bauträgers - muss Erwerbspreisminderungen zB wegen festgestellter Mängel oder Aufrechnung mit Gegenforderungen, die zu entsprechender Reduzierung der Vertragssumme führen, mit der Folge gegen sich gelten zu lassen hat, dass er zur Freistellung verpflichtet ist. Es ist also der sog. Mehrwert zu entrichten, so ein solcher vorhanden ist. Dieser berechnet sich allerdings nicht nach dem objektiven Verkehrswert des Grundstücks nebst Aufbauten, sondern danach, welcher Wert dem unfertigen Gebäude im Verhältnis zum vereinbarten Kaufpreis zukommt (vgl. das oa Urt. des BGH v. 10.6.1983) Dieses ist aber streitig. EIne Vertiefung würde den hiesigen Rahmen sprengen und darauf käme es nur an, wenn die Berechnung streitig wird.

Zusammenfassend kann man sagen, dass man von dem Insolvenzverwalter verlangen kann sich zu entscheiden, ob er erfüllt oder nicht. Meist wird er das nicht tun. Dann muss man sich an die Bank des Bauträgers wenden, die eine vorrangige Grundschuld eingetragen hat. Wählt diese die Freigabe, hat der Erwerber die Möglichkeit selbst weiter zu bauen. Im Bereich EInfamilienhaus ist dieses überschaubar. Bei Mehrfamilienhäusern mit teils nicht verkauften Einheiten aber praktisch unmöglich. Allerdings wird die Bank bezüglich dieser nicht verkauften Einheiten ein Interesse haben. Hier muss man mit der Bank kooperieren.

Bei einer Erstattung von Zahlungen durch die Bank wird man die Auflassungsvormerkung löschen müssen und man wird kein EIgentümer. Hier geht es dann nur um die Höhe der Erstattung.

Schließlich darf nicht übersehen werden, dass womöglich Dritte, wie Handwerker oder Finanzamt Sicherungshypotheken haben eintragen lassen. Im Hinblick auf §§ 883, 888 BGB ist eine solche Eintragung in vielen Fällen wirtschaftlich nicht sinnvoll, da mit dem Eigentumsübergang der Erwerber die Löschung der Sicherungshypothek und einer entsprechenden Vormerkung verlangen kann (§ 19 GBO). 

Soweit der Erwerber Eigentümer wird, die Bank die Grundschuld hat löschen lassen, kommen zugunsten des Erwerbers ggfs. Ansprüche gegen die ausführenden Betriebe in Betracht. Da die Verträge nicht bekannt sind und die Betriebe oft noch Geld zu bekommen haben, muss man diese Möglichkeit prüfen, auch wenn man nicht zu große Hoffnungen darauf gesetzt werden sollten. 

Wenn man selbst Spaß an der Vertiefung des Bauträgerrechts hat, empiehlt sich eine Fortbildung des Notarverlags. Das Thema lautet "Typische Fehler beim Bauträgervertrag". Dieses zielt zwar auf Notariate, zeigt aber die üblichen Fehler auf, die in Notariaten vorkommen können.

Aus den obigen Ausführungen, die nur einen Teil der schwierigen Problematik darstellen kann, zeigt sich, wie komplex die Rechtslage ist. Der Rechtsanwalt sollte neben dem Baurecht, Makler - und Bauträgerverordnung, Wohnungseigentumsgesetz, auch das Beurkundungsgesetz kennen und wissen, was ein Notar zu prüfen hat.

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Joachim Germer
Rechtsanwalt u. Fachanwalt f.
Bau - u. Architektenrecht





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