Die Niederlegung der Geschäftsführung
- 3 Minuten Lesezeit

Zuerst haben Sie sich gefreut.
Nach 20-jähriger Tätigkeit im Unternehmen, zuletzt als Abteilungsleiter, hat man endlich Ihren Wert erkannt und Sie zum Geschäftsführer ernannt. Vergütungsmäßig hält sich der Aufstieg zwar in Grenzen, aber "Geschäftsführer"! Das klingt doch schon ganz anders als bloß "Abteilungsleiter".
Dann kamen Ihnen Bedenken.
Je tiefer Sie Einblick gewonnen haben in die finanzielle Situation "Ihrer" GmbH, desto mehr wurde Ihnen bewusst, dass der Laden eigentlich schon seit einiger Zeit nicht mehr so richtig läuft. Die Geschäftsführung hatte zwar immer von einer "schwierigen Marktlage" und "herausfordernden Situation" gesprochen, aber dass sie so tiefrote Zahlen schreiben, das ist Ihnen dann doch neu.
Und jetzt haben Sie Angst.
Als Geschäftsführer, haben Sie irgendwo im Internet gelesen, ist man in gewisser Weise für alles verantwortlich. Vor allem muss man die finanzielle Situation der Gesellschaft immer im Auge haben und, im Falle von Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung, sofort reagieren und einen Insolvenzantrag stellen. Sonst macht man sich strafbar und schadensersatzpflichtig. Da hilft dann auch keine D&O-Versicherung. Eine Verletzung der Insolvenzantragspflicht kann also Ihre Existenz und die Ihrer Familie vernichten.
Was also tun?
Im Grunde genommen wollen Sie das Amt des Geschäftsführers so schnell wie möglich wieder loswerden.
Die Gesellschafterversammlung könnte Sie natürlich abberufen. Aber das tut sie leider nicht. Offenbar brauchen die jetzt, wo es den Bach runtergeht, einen Sündenbock, der den Kopf hinhält. Und das sollen Sie sein.
Kann man die Geschäftsführung nicht einfach niederlegen?
Ja, das geht grundsätzlich schon. Allerdings müssen Sie dabei ein paar Punkte beachten.
Ich gebe Ihnen nachfolgend einmal die rechtlichen Rahmenbedingungen an die Hand:
1. Ein Geschäftsführer kann sein Amt grundsätzlich jederzeit niederlegen. Erfolgt die Niederlegung "zur Unzeit", macht er sich jedoch gegebenenfalls schadensersatzpflichtig. Dazu Näheres weiter unten Ziffer 5.
2. Die Niederlegung muss gegenüber dem Organ der Gesellschaft erklärt werden, welches für die Ernennung des Geschäftsführers zuständig ist. Das ist in der Regel die Gesellschafterversammlung, kann aber laut Satzung auch ein Beirat/Aufsichtsrat sein. Am besten erklärt man die Niederlegung daher - im Normalfall - gegenüber allen Gesellschaftern schriftlich.
3. Mit Zugang der Niederlegungserklärung endet das Amt des Geschäftsführers. (Lassen wir die Details. Das hier ist anwalt.de und nicht die NZG).
4. Die Beendigung der Geschäftsführerstellung muss in das Handelsregister eingetragen werden. Zur Anmeldung berechtigt ist der/sind die Geschäftsführer.
Hier gibt es folgendes Problem: Wenn der Geschäftsführer sein Amt "mit sofortiger Wirkung" niederlegt, ist er nicht mehr zur Anmeldung berechtigt, sondern muss sich darauf verlassen, dass das sein Nachfolger macht. Deshalb ist es häufig sinnvoll, die Niederlegung nicht mit sofortiger Wirkung zu erklären, sondern "aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister". Dann kann man die Anmeldung nämlich noch selber vornehmen.
Für die Anmeldung zum Handelsregister ist eine Unterschriftsbeglaubigung durch den Notar erforderlich.
5. Wann eine Niederlegung zur Unzeit vorliegt, ist gesetzlich nicht definiert, sondern da kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Problematisch ist eine Niederlegung des Amtes durch den einzigen Geschäftsführer, wenn die Gesellschaft insolvenzreif ist und Insolvenz anmelden müsste. Wenn der einzige Geschäftsführer in dieser Situation "Hals über Kopf" von Bord geht, ist die Gesellschaft vorübergehend "führerlos" und verletzt ggf gesetzliche Pflichten/Fristen.
Das Problem besteht meines Erachtens nicht, wenn es noch einen anderen Geschäftsführer gibt. Eine Niederlegung zur Unzeit liegt meines Erachtens auch dann nicht vor, wenn der Geschäftsführer die Gesellschafter auf die Insolvenzantragspflicht hingewiesen hat und die Gesellschafter ihn ausdrücklich anweisen, keinen Insolvenzantrag zu stellen.
Aber, wie gesagt, das ist eine Frage des Einzelfalles.
6. Die Amtsniederlegung lässt den Anstellungsvertrag zunächst unberührt. Wenn man das Anstellungsverhältnis ebenfalls beenden möchte, muss man kündigen. Hierfür gelten die im Anstellungsvertrag geregelten Kündigungsfristen, sofern kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt.
7. Wie man in einer solchen Situation am sinnvollsten vorgeht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. In der Regel empfiehlt es sich, die Gesellschafter nicht mit seiner Entscheidung zu überraschen, sondern das Vorgehen gemeinsam abzustimmen. Dies gilt in jedem Fall dann, wenn man weiterhin in anderer Funktion für die Gesellschaft tätig sein möchte.
Alles klar oder haben Sie noch Fragen? Kein Fall ist exakt so wie der andere. Ein Anwalt berät Sie sicher gern, was in Ihrem individuellen Fall für Sie das Beste ist.
Dr. Wolfgang Gottwald
Rechtsanwalt
Artikel teilen: