Doppelte Geldbuße für VW durch "ne bis in idem" verhindert

  • 3 Minuten Lesezeit

Unsere Kanzlei


EuGH-Urteil: Doppelbestrafung auch bei Verwaltungssanktionen strafrechtlicher Natur

Am 14. September 2023 fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil, das Volkswagen (VW) vor einer erheblichen Geldbuße bewahrte und gleichzeitig wichtige rechtliche Fragen aufwarf. Der Grundsatz "ne bis in idem," was übersetzt so viel bedeutet wie "nicht zweimal in derselben Sache," wurde auf Verwaltungssanktionen ausgedehnt, die wegen unlauterer Geschäftspraktiken verhängt wurden. Diese Entscheidung des EuGH unter dem Aktenzeichen C-27/22 hat erhebliche Auswirkungen auf die Rechtsprechung und hat nichts mit dem Medizinrecht zu tun.

Hintergrund: Die Doppelbestrafung und VW

Im Jahr 2016 verhängte die italienische Wettbewerbsbehörde gegen VW eine Geldbuße in Höhe von fünf Millionen Euro. Dies geschah unter anderem aufgrund des Vorwurfs, manipulierte Schadstoffsoftware in Fahrzeugen auf den Markt gebracht zu haben. VW legte gegen diese Entscheidung Einspruch beim Regionalen Verwaltungsgericht in Italien ein.

In der Zwischenzeit wurde VW auch in Deutschland mit einer Geldbuße in Höhe von einer Milliarde Euro belegt, ebenfalls wegen des Einbaus und der Vermarktung der Schadstoff-Software. Der Konzern akzeptierte diese Strafe und zahlte sie. VW argumentierte, dass die italienische Entscheidung nun rechtswidrig sei, da der Grundsatz "ne bis in idem," wie in Artikel 50 der EU-Grundrechtecharta verankert, doppelte Bestrafung für dieselbe Tat verbiete.

Das EuGH-Urteil: Doppelbestrafung auch bei Verwaltungssanktionen

Der EuGH entschied, dass der Grundsatz "ne bis in idem" auch auf Verwaltungssanktionen anwendbar ist, wenn sie strafrechtlichen Charakter haben. Dies stützte der Gerichtshof auf die repressive Zielsetzung und den hohen Schweregrad der Verwaltungssanktionen.

Der EuGH stellte auch klar, dass dieser Grundsatz nationalen Regelungen entgegensteht, die eine verhängte Geldbuße aufrechterhalten, selbst wenn dieselbe Tat bereits in einem anderen EU-Mitgliedsstaat bestraft wurde. Dabei ist entscheidend, welche Strafe zuerst rechtskräftig wurde, nicht, welche Geldbuße zuerst verhängt wurde. Sobald eine endgültige Entscheidung vorliegt, ist keine weitere Strafverfolgung möglich.

Einschränkungen des Grundsatzes und ihre Bedingungen

Trotz dieser klaren Entscheidung des EuGH gibt es Einschränkungen des Grundsatzes "ne bis in idem." Sie gelten, wenn die Kumulierung von Verfahren oder Sanktionen erstens keine übermäßige Belastung darstellt, zweitens klar vorhersehbar ist, bei welchen Handlungen sie in Betracht kommt, und drittens die Verfahren koordiniert und in einem engen zeitlichen Zusammenhang geführt wurden.

Im Fall VW kam es jedoch nicht zu einer solchen Kumulierung. Daher hat der Konzern die wesentlich höhere Geldbuße in Deutschland beglichen und bleibt gemäß der Rechtsprechung des EuGH von weiteren Sanktionen im Zusammenhang mit denselben Vorwürfen verschont.

Fazit: Ein wichtiger Präzedenzfall in der Rechtssprechung

Das Urteil des EuGH zur Anwendbarkeit des Grundsatzes "ne bis in idem" auf Verwaltungssanktionen strafrechtlicher Natur hat weitreichende Auswirkungen auf die Rechtsprechung und ist nicht auf das Medizinrecht beschränkt. Es stärkt den Schutz vor doppelter Bestrafung und sorgt für Klarheit bei der Anwendung dieses wichtigen Rechtsprinzips. Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung des EuGH bei der Auslegung und Anwendung grundlegender europäischer Rechtsprinzipien und hat das Potenzial, die Rechtsprechung in verschiedenen Rechtsgebieten nachhaltig zu beeinflussen.

Warum Wir?

Sowohl zweckmäßige Aufklärung als auch die schnelle und effektive Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen bedarf Erfahrung sowie einer Spezialisierung oder Fachanwaltschaft im Medizinrecht. 

Diesen Kenntnisstand transparent machen dabei Fachanwaltstitel oder Schwerpunkte der Kanzlei. 

Unsere Medizinrechts-Kanzlei bietet diese Merkmale und verfügt über Erfahrung mit Gutachtern, den Umgang mit Versicherern sowie der Expertise in der Darstellung Ihrer Ansprüche.

Bei Scharffetter & Blatt sind wir Anwälte aus Überzeugung. Wir freuen uns darauf Ihnen zu Ihrem Recht zu verhelfen.

Vereinbaren Sie in medizinrechtlichen Fällen gerne einen Termin für eine kostenlose Ersteinschätzung Ihres Falles:

Scharffetter.com

Rechtsanwalt für Medizinrecht Marco Schneider

Foto(s): Scharffetter & Blanke

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Marco Schneider

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten