EA288 - der Abgasskandal geht in die zweite Runde!

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Nachdem sich die Zweifel an der Redlichkeit Volkswagens in Bezug auf die Verwendung einer Abschalteinrichtung für den Motor mit der internen Bezeichnung EA288 auch bei den Gerichten verdichten, berichtete auch die ARD in einem Bericht des Magazins Report vom 01. Dezember 2020 erneut über Abschalteinrichtungen zum Einhalten der Emissionsgrenzwerte bei diesem Motor.

Es sind interne Papiere des Konzerns bekannt geworden, aus denen unmissverständlich hervorgeht, dass mindestens bis Mitte des Jahres 2016 auch in diesem Motor eine Software zur Manipulation von Abgaswerten auf dem Prüfstand verbaut wurde.

Der EA288 ist der Nachfolgemotor vom Skandal-Motor EA189 – dem Betrugsmotor, der den Abgasskandal auslöste. Der EA288 wird ebenso wie der EA189 in zahlreichen Modellen des gesamten Volkswagenkonzerns eingesetzt. Es gibt ihn in den Schadstoffklassen Euro5, Euro 6 und Euro 6d-temp.

Auch die Rechtsprechung zum EA288 änderte sich in der letzten Zeit. Während zunächst die Klagen mangels eines Rückrufbescheides von den Landgerichten überwiegend abgewiesen worden sind, haben nun mehr und mehr Gerichte den Klagen stattgegeben.

So zB. LG Düsseldorf AZ 11 O 190/18, LG Offenburg AZ 3 O 38/18, LG Regensburg AZ 73 O 1181/19, LG München I AZ 3 O 13321/19, LG Duisburg AZ 1 O 1181/19 , LG Heilbronn 6 O 257/19; LG Darmstadt Az 13 O 88/20, LG Potsdam Az 11 O 167/20,LG München II Az 3 O 13321/19.

So haben sich die Oberlandesgerichte Celle und Oldenburg nicht auf die dürftige Argumentation der Volkswagen AG eingelassen und erließen Beweisbeschlüsse, die versprechen Licht ins Dunkle zu bringen.

Der 7. Senat des OLG Celle ordnete in einem von uns geführten Verfahren in einem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 14. Juli 2020 (Az. 7 U 532/18) an, dass das Kraftfahrtbundesamt offenzulegen habe, ob Volkswagen alle Fakten zur eingesetzten Software vollständig und wahrheitsgemäß dargelegt hat.

Wenn dem nicht so ist und VW den Einsatz welcher Abschaltvorrichtung auch immer verschwiegen hat, dann wäre das Genehmigungsverfahren rechtswidrig erfolgt und die fraglichen Fahrzeuge hätten weder zugelassen noch verkauft werden dürfen.

Auch das OLG Oldenburg erließ im September 2020 einen Beweisbeschluss (Az. 8 U 188/19) und möchte durch einen Gutachter geklärt wissen, ob „in den Motoren EA288 die Wirkung von Emissionskontrollsystemen dadurch verringert werde, dass aufgrund der installierten Software mithilfe von physikalischen Randbedingungen – der Fahrkurven, der Lenkwinkelerkennung und der Zeiterfassung – der Prüfzyklus NEFZ erkannt wird und daraufhin entsprechende „Abgasnachbehandlungsevents“ „platziert“ werden“. Mit anderen Worten, ob auch hier eine manipulative Software wirkt, die dabei hilft, die Grenzwerte auf dem Prüfstand einzuhalten.

In beiden Beweisbeschlüssen stützen sich die Senate auf die von uns in sämtlichen EA288-Verfahren eingeführte VW-interne „Entscheidungsvorlage zum EA288“, aus welcher hervorgeht, wie durch die Erkennung von Fahrzyklen, die Abgasemissionen beeinflusst werden.

Bei genauem Lesen dieser Papiere wird schnell deutlich, dass VW auch für den Nachfolgemotor eine Strategie für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte entwickelt hat – allerdings ausschließlich auf dem Teststand.

Dass die Angaben von VW mit großer Vorsicht zu genießen sind, hat man in Offenburg erkannt. In einem Urteil weist man den VW Konzern ausdrücklich auf seine Wahrheitspflicht hin:

„Ergänzend ist in diesem Zusammenhang, dass es auch konkrete Indizien dafür gibt, dass die Beklagte (VW) bezüglich der Teststandserkennung keinesfalls das zuletzt behauptete reine Gewissen hatte….hat sie in dem Prozess die Teststandserkennung zunächst nicht eingeräumt, sondern als pauschal unzutreffend bezeichnet….zudem hat die Beklagte (VW) die ausdrückliche Frage, ob in dem Fahrzeug eine Umschaltlogik verbaut sei , verneint. Eingeräumt wurde die Teststandserkennung erst auf ausdrückliche schriftliche Nachfrage des Gerichts, wobei zunächst die weitere Frage, ob anknüpfend an die Teststandserkennung irgendwelche Änderungen gegenüber dem Normalbetrieb vorgenommen wurden, wahrheitswidrig mit „Nein“ beantworten wurden.“

Auch das von uns erstrittene Urteil vom Landgericht Darmstadt (Urteil vom 31.08.2020, Az. 13 O 88/20), auf welches im TV-Beitrag eingegangen wurde, spricht eine ähnliche Sprache. Das Gericht folgte in diesem Verfahren komplett unserem Vortrag und die Volkswagen AG muss nun den Skoda Octavia 2.0l gegen Zahlung von 20.770 Euro zurücknehmen. Der Kläger hatte den Wagen für 24.230 Euro im Jahr 2017 neu gekauft.

In seiner Urteilsbegründung ging das Gericht davon aus, dass die Motoren aus der neuen Baureihe EA288 mit einer illegalen Software versehen worden sind. Diese sei auch so programmiert worden, dass die Abgasrückführung in zwei verschiedenen Betriebsmodi gesteuert wird.

Wir sind uns ganz sicher - der Abgasskandal geht in die 2. Runde!

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