Ehevertrag nachträglich ändern

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Eheverträge sind nicht in Stein gemeißelt. Haben sich die für den Abschluss eines Ehevertrages maßgeblichen Umstände geändert, kann auch ein rechtsverbindlich abgeschlossener Ehevertrag mit der Zustimmung beider Ehepartner nachträglich geändert, angefochten oder auf Rechtsverstöße und Sittenwidrigkeit geprüft werden. Wie geht das vor sich?

Warum wollen manche Paare ihren Ehevertrag nachträglich ändern?

Haben Sie vor oder während Ihrer Ehe einen Ehevertrag abgeschlossen, hatten Sie sicherlich gute Gründe. Zum Beispiel, dass Sie

  • beide selbstständig und finanziell unabhängig sind,
  • eine Unternehmerehe führen,
  • unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben
  • oder einen hohen Altersunterschied aufweisen.

Ändert sich eine dieser Prämissen, kann es sein, dass die ehevertraglich vereinbarten Regelungen der Entwicklung Ihres Lebensalltags nicht mehr gerecht werden. Sie werden also ein Interesse daran haben, den Ehevertrag inhaltlich den Gegebenheiten anzupassen oder den Ehevertrag vollständig aufzuheben.

Beispiel: Es gibt nun doch Kinder

Als Sie heirateten, waren Sie sich einig, dass Sie keine Kinder haben werden. Sie fühlten sich aufgrund Ihres beruflichen Engagements finanziell unabhängig. Aus diesem Grund beurkundeten Sie einen Ehevertrag und schlossen den Versorgungsausgleich und gegenseitige Unterhaltsansprüche für den Zeitraum der Trennung und nach der Scheidung aus. Als dann doch ein Kind geboren wurde, hatten Sie das Bedürfnis, sich vollumfänglich der Erziehung und Betreuung des Kindes zu widmen. Ihre Berufstätigkeit gaben Sie auf. Da Sie Zweifel haben, wie sich Ihre Beziehung zum Partner entwickelt, denken Sie darüber nach, wie Sie und Ihre Kinder versorgt sind, falls es tatsächlich zur Trennung und Scheidung kommt. Laut Ehevertrag hätten Sie keine finanziellen Ansprüche.

Welche Optionen gibt es nun?

Änderung oder Aufhebung im gegenseitigen Einvernehmen

Voraussetzung für eine Änderung oder Aufhebung eines bestehenden Ehevertrages ist, dass der Ehepartner bereit ist, einer Änderung oder Aufhebung zuzustimmen. Wird die Zustimmung verweigert, müssen Sie andere Wege gehen. Wird der Ehevertrag vollständig aufgehoben, gelten wieder die gesetzlichen Regelungen, es sei denn, Sie schließen den Ehevertrag in geänderter Form erneut ab.

Soll der Ehevertrag geändert oder aufgehoben werden, gelten die gleichen Formvorschriften wie bei Abschluss des Ehevertrages. Dies bedeutet, dass Sie eine Änderung oder Aufhebung im gegenseitigen Einvernehmen bei einem gemeinsamen Notartermin unterzeichnen und beurkunden lassen müssen. Es genügt also keinesfalls, mündlich oder privatschriftlich zu vereinbaren, dass Sie den Ehevertrag ändern oder aufheben wollen. Eine solche Erklärung wäre rechtlich völlig unverbindlich und zwar auch dann, wenn der Ehepartner vorbehaltlos zustimmt. Sie riskieren, dass der zustimmende Ehepartner aus irgendwelchen Gründen seine Zustimmung nachträglich widerruft und der Ehevertrag nach wie vor unverändert fortbesteht.

Praxistipp: Anwaltliche Beratung VOR Notartermin

Bevor Sie einen Notartermin vereinbaren und den Ehevertrag ändern oder aufheben möchten, sollten Sie sich möglichst anwaltlich beraten lassen. Allein der Wunsch, etwas zu ändern, ist noch kein ausreichender Grund. Nur wenn sich Ihre persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse tatsächlich so verändert haben, dass der Ehevertrag ins Leere läuft, bestehen Aussichten, dass eine Änderung zweckmäßig ist. Außerdem könnten Sie Ihren bislang vielleicht zweifelnden Ehepartner von der Notwendigkeit einer Änderung oder Aufhebung besser überzeugen.

Ehevertrag anfechten

Verweigert der Ehepartner die Zustimmung zur Änderung oder Aufhebung des bestehenden Ehevertrages, bleibt die Option, den Ehevertrag anzufechten. Dafür benötigen Sie einen Anfechtungsgrund. Wichtig ist, die dafür gesetzlich vorgegebene Frist zu beachten. Wurden Sie bei Abschluss des Vertrages getäuscht oder durch Drohung zur Unterschrift veranlasst, muss die Anfechtung innerhalb von einem Jahr erfolgen, nachdem Sie die Täuschung entdeckt haben oder die Zwangslage ihr Ende gefunden hat. Sind zehn Jahre vergangen, ist die Anfechtung im Regelfall jedoch ausgeschlossen.

Vorab empfiehlt sich, einen Rechtsanwalt zu konsultieren und den Vertrag überprüfen zu lassen. Ihr Anwalt kann prüfen, ob und inwieweit eine Regelung im Ehevertrag die Grenzen des Erlaubten überschreitet und wie die Chancen auf eine erfolgreiche Anfechtung sind. Bestehen Chancen auf eine erfolgreiche Anfechtung, kann der Anwalt beim Familiengericht beantragen, den Ehevertrag insgesamt oder in Teilbereichen für unwirksam zu erklären. Wegen der Details kommt es darauf an, aus welchem Grund Sie die Anfechtung erklären.

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Wurden Sie bei Abschluss des Ehevertrages über den Inhalt des Ehevertrages oder einer darin enthaltenen Regelung arglistig getäuscht, kommt eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in Betracht.

Beispiel: Reichtum verschleiert

Sie haben ehevertraglich den Zugewinnausgleich ausgeschlossen. Ihr Ehepartner hatte damals erklärt, dass er zwar eine Immobilie besitzt, diese aber so wertlos sei, dass außer Kosten praktisch keine Wertentwicklung zu erwarten sei. Tatsächlich erwies sich die Immobilie als ausgesprochen werthaltig und hat im Laufe der Ehejahre erheblich an Wert zugelegt.

Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung

Wurden Sie unter Drohung mit Gewalt oder einem sonstigen Übel veranlasst, den Ehevertrag zu unterschreiben, kommt die Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung in Betracht. Dazu kommt es nicht darauf an, dass die Drohung als solche rechtswidrig war. Vielmehr musste die Drohung nur ein unangemessenes Werkzeug darstellen, um Sie zum Abschluss des Ehevertrages zu veranlassen.

Beispiel: Drohung mit Rufmord

Sie sind hoch verschuldet. Ihr Ehepartner drohte, Ihre Verschuldung in Ihrem sozialen Umfeld zu verbreiten, wenn Sie nicht bereit sind, einen Ehevertrag zu unterschreiben, in dem Sie auf finanzielle Ansprüche jedweder Art verzichten. Die Art und Weise, wie Sie zur Unterschrift veranlasst wurden, stellte ein unangemessenes Mittel dar, um Ihre Unterschrift unter den Ehevertrag zu erreichen.

Ehevertrag ist aus sich heraus unwirksam

Es kann sein, dass der Ehevertrag Regelungen enthält, die aus sich heraus bereits unwirksam sind. Oft geht es um den Verstoß gegen zwingende gesetzliche Regelungen oder um die Frage der Sittenwidrigkeit. Spätestens, wenn es zur Scheidung kommt, steht der Ehevertrag auf dem Prüfstand.

Verstoß gegen zwingendes Recht

Erweist sich eine Klausel wegen des Verstoßes gegen eine gesetzliche Regelung als nichtig, ist grundsätzlich der gesamte Ehevertrag unwirksam.

Beispiel: Verzicht auf Kindes- oder Trennungsunterhalt

Nach § 1614 BGB ist es nicht möglich, für die Zukunft auf Trennungsunterhalt oder Kindesunterhalt zu verzichten.

Sittenwidrigkeit

Stehen Eheverträge aus Anlass der Scheidung auf dem Prüfstand, geht es meist um die Frage der Sittenwidrigkeit. Eheverträge sind sittenwidrig und unwirksam, wenn ein Ehepartner die wirtschaftliche oder emotionale Abhängigkeit des anderen ausnutzt, um ihn oder sie zum Abschluss eines Ehevertrages zu veranlassen.

In der Gesamtschau aller Elemente muss sich eine unangemessene Benachteiligung eines Ehegatten ergeben. Zudem müssen außerhalb der Vertragsurkunde verstärkende Umstände auf eine Zwangslage, soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit oder eine intellektuelle Unterlegenheit hinweisen. Ein Ehevertrag, in dem gleichzeitig Gütertrennung, Ausschluss des Unterhalts und des Versorgungsausgleichs vereinbart wird, lässt den Rückschluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Ehepartners und eine subjektiv einseitige Benachteiligungsabsicht gegenüber dem anderen zu (BGH XII ZB 109/16).

Eheverträge sind sittenwidrig und unwirksam, wenn diese:

  • zu einer evident einseitigen Lastenverteilung innerhalb der Ehe führen,
  • diese Lastenverteilung durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigt ist und
  • es dem dadurch belasteten Ehepartners bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe nicht zuzumuten ist, eine derartige Vereinbarung akzeptieren zu müssen.

Kommt es zur Scheidung, muss der Ehevertrag zusammen mit dem Scheidungsantrag dem Familiengericht vorgelegt werden. Es ist Aufgabe des Familiengerichts, im Wege einer Inhaltskontrolle und Ausübungskontrolle zu prüfen, ob der Ehevertrag einer Prüfung standhält. Die Gründe für eine Beanstandung sind so vielfältig wie die Lebensumstände.

Beispiel: Heirat an Bedingungen geknüpft, Notlage ausgenutzt

Der Ehepartner hatte erklärt, die schwangere Mutter des gemeinsamen Kindes nur zu heiraten, wenn diese dem Abschluss eines Ehevertrages zustimmt, durch den sie zudem wirtschaftlich benachteiligt wird.

Beispiel: In Verhandlungen nicht involviert gewesen

Ein Ehepartner war in die Verhandlungen, die dem Abschluss des Ehevertrages vorausgingen, in keiner Weise eingebunden, während die Mutter des betroffenen Ehepartners zu dessen Vorteil wesentlichen Einfluss ausübte.

Beispiel: Kein Entwurf vorgelegt

Dem Ehepartner wurde vor dem Notartermin kein Entwurf des zu unterzeichnenden Vertrages zur Prüfung zur Verfügung gestellt. Der Vertragsentwurf wurde dem Partner im Notartermin zum ersten Mal vorgelesen und sofort unterzeichnet.

Wille, den Ehevertrag zu ändern, kann in Scheidung münden

Ob derjenige, der den Vertrag zu seinen Gunsten ändern will, dies nun rechtlich erreicht oder nicht – allein der Widerstand des anderen kann ein vielleicht schon ohnehin fragiles Ehegebilde zusammenstürzen lassen. Oft kommt der Wille nach Veränderung nicht von ungefähr, und statt sich auf ein neues Vertragswerk zu einigen, setzt man sich plötzlich mit einem anderen auseinander: dem Scheidungsantrag.

Benötigen Sie Hilfe in beide Richtungen, kontaktieren Sie uns als erfahrene Kanzlei in Mediation und Scheidungsverfahren. Mediation deswegen, da das Kind noch nicht in den Brunnen gefallen sein muss – oft sind es Missverständnisse in komplexen Fragen, die ggf. einer gütlichen Lösung zugeführt werden können. Hilft dieser Versuch nichts oder ist fern jeder Bereitschaft, unterstützen wir Sie auch beim Erreichen einer möglichst einvernehmlich abzuwickelnden Scheidung.

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Foto(s): iurFRIEND

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