Ein Unglück kommt selten allein - Steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn bei Scheidung

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Von Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.) Elisa Roggendorff (roggendorff@lfr-law.de)


Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 14.02.2023 IX R 11/21 entschieden, dass eine Veräußerung des Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Einfamilienhaus an den früheren Ehepartner im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Ehescheidung als privates Veräußerungsgeschäft der Einkommensbesteuerung gemäß § 23 EStG unterfallen kann.

Im Entscheidungsfall hatte der Kläger zusammen mit seiner früheren Ehefrau ein Einfamilienhaus erworben und dieses zunächst mit ihrem gemeinsamen Kind bewohnt. Nachdem die Ehe in die Krise geriet, zog der Ehemann aus dem Objekt aus. Die Ehefrau verblieb mit dem gemeinsamen Kind in der Immobilie. Anschließend wurde die Ehe geschieden.

Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung im Scheidungsverfahren kam es zwischen den getrennt lebenden Ehepartnern zum Streit über die Immobilie. Nachdem die Ehefrau dem Kläger mit Teilungsversteigerung gedroht hatte, veräußerte der Ehemann seinen hälftigen Miteigentumsanteil binnen der 10 Jahres Frist des § 23 EStG an die Ehefrau. Diese nutzte die Immobilie weiterhin mit dem gemeinsamen Kind zu eigenen Wohnzwecken.

Das Finanzamt unterwarf den Gewinn aus der Veräußerung des Miteigentumsanteils der Einkommensteuer. Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab.

Der BFH bestätigte das Urteil des FG München vom 11.03.2021, 11 K 2405/19. Die Steuerfreiheit nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG setzt voraus, dass die Immobilie ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (Alt. 1 – Zeitraum unerheblich) oder Alt. 2 im Jahr der Veräußerung (unabdingbar) und in den beiden vorangegangenen (vollen) Kalenderjahren zu ei-genen Wohnzwecken genutzt wurde, vgl. BFH IX R 27/19, BStBl II 21, 680.

Eigene Wohnzwecke setzt die persönliche Nutzung als (rechtliche oder wirtschaftliche) Eigen-tümer voraus (BFH IX R 18/03, BFH/NV 06, 936). Die Überlassung an einen Ehegatten, Lebenspartner und ein minderjähriges Kind im Rahmen des Getrenntlebens genügen nach der Rechtsprechung nicht (FG Hess EFG 2016, 201, rkr; FG Mchn EFG 2021, 1625 mwN, Rev IX R 11/21 anhängig).

Eine das Vorliegen eines privaten Veräußerungsgeschäfts ausschließende Zwangslage, wie z.B. bei einer Enteignung oder einer Zwangsversteigerung, lag nach Ansicht des Senats nicht vor. Obwohl der Ehemann durch seine Exfrau erheblich unter Druck gesetzt wurde, erfolgte die Veräußerung an die geschiedene Frau freiwillig.

Neben einer Besteuerung nach § 23 EStG gibt es weitere steuerliche Aspekte, die im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung von (bisherigen) Ehepartnern zu beachten sind. Ertragsteuern sollten daher bei jeder Vermögensauseinandersetzung geprüft und berücksichtigt werden.


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