Missbrauch von Vorsorgevollmachten

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Immer mehr Senioren leben allein und stehen nur vereinzelt in Kontakt mit Angehörigen. Mit sich immer mehr einschränkender Alltagskompetenz, häufig in Verbindung mit psychischen Beeinträchtigungen wie z. B. Demenz, können sie damit leicht Opfer von Missbrauch durch unredliche Dritte werden.

Insbesondere (vermögende) Senioren sind dieser Gefahr ausgesetzt.

Ausführlich berichtet wird in den Medien zwar über Delikte wie Schockanrufe oder den „Enkeltrick“. 

Weniger bekannt und erheblich unterschätzt ist die Gefährdungslage durch Vorsorgevollmachten. Einsamkeit oder der plötzliche Verlust des langjährigen Partners verursacht vor allem bei Senioren tiefgreifende Zukunftsängste. Die Sorge, im "Fall der Fälle" ohne Ansprechpartner, ohne Zuwendung und ohne praktische Unterstützung dazustehen verleitet sie dazu, vermeintlich hilfsbereite Dritte ohne ausreichende Vertrauensgrundlage für sämtliche Lebensbereiche zu bevollmächtigen. Relativ einfach durchführbar ist eine Vollmachtserteilung beispielsweise durch Verwendung einer Formularvollmacht. Im guten Glauben, damit für "Notsituationen" gerüstet zu sein, übertragen die Geschädigten sämtliche Handlungsbefugnisse auf die Bevollmächtigten ohne sich ausreichend mit der Reichweite und dem Regelungsinhalt der Vollmacht beschäftigt zu haben.

Sowohl den Geschädigten selbst als auch ihren Angehörigen ist die erhebliche Gefahr, die ab diesem Zeitpunkt besteht, nicht bewusst. 

Durch zielgerichtete Einflussnahme ist es unredlichen Bevollmächtigen möglich, die Geschädigten - zunächst meist in aller Stille - über einen (u. U. langen Zeitraum) systematisch an sich zu binden mit dem Ziel, eigene finanzielle Interessen sicherzustellen (z. B. Immobilien zu übertragen, Konten aufzulösen, Wertsachen zu unterschlagen). Dies alles ohne dass Angehörige oder Freunde davon erfahren, rechtzeitig konkreten Verdacht schöpfen und dagegen einschreiten können. 

Wie gelingt den Bevollmächtigten das?

Sie stellen sich als hilfsbereite Unterstützer dar und betonen, dass eine eigene Interessenlage nicht besteht.

Gleichzeitig stellen sie ihren Einfluss auf die Geschädigten durch Schaffung einer Isolationslage sicher. Dies geschieht meist schleichend. Die Angehörigen werden in schlechtem Licht dargestellt. Der Festnetzanschluss wird gekündigt. Das Mobiltelefon befindet sich plötzlich außer Reichweite, wird überwacht oder Anrufe direkt umgeleitet. Plötzlich sind die Geschädigten für niemanden mehr erreichbar.  

Häufig wird gegenüber Angehörigen behauptet, die Geschädigten wollten keinen Kontakt mehr zu Angehörigen oder Freunden. Besuchs- und Kontaktverbote werden ausgesprochen, bei Zuwiderhandlung werden gerichtliche Schritte angedroht. 

Aus Scham, Unsicherheit und Angst ziehen sich die Geschädigten zurück und setzen sich selbst nicht mehr aktiv mit Angehörigen oder Freunden in Verbindung.

Die wirkliche Gefährdungslage können sie nicht mehr erkennen und schon gar nicht entsprechend handeln. Ab diesem Zeitpunkt sind sie den Bevollmächtigten ausgeliefert und auf Unterstützung von Angehörigen oder Freunden angewiesen. 

Die meisten Menschen sind davon überzeugt, das könne ihnen weder persönlich, noch ihren Angehörigen passieren. Das ist ein Irrtum. 

Dieses Thema besitzt erhebliche Praxisrelevanz. Es existieren unterschiedlichste Konstellationen von Vollmachtsmissbrauch, neben der Verwirklichung finanzieller Interessen findet Vollmachtsmissbrauch in Einzelfällen auch aus persönlichen Gründen (Rache, Missgunst, Familienkonflikte) statt. Es muss sich also nicht immer um außenstehende Dritte handeln. Die Gefahr kann auch von einzelnen Familienmitgliedern ausgehen.

Maßgebend ist in allen Fällen von Vollmachtsmissbrauch sofortiges Handeln.

Wenn der Verdacht auf missbräuchliches Verhalten einmal aufgetreten ist, sollte umgehend rechtliche Beratung in Anspruch genommen werden. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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