Enterbung vorbeugen und Erbe sichern: Ist dies möglich und welche Maßnahmen sind hierfür in die Wege zu leiten?

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1. Enterbung vorbeugen und Erbe sichern

Enterbung ist ein Thema, das oft mit Enttäuschung und Überraschung verbunden ist. 

Viele Menschen erfahren oft spät, manchmal sogar erst nach dem Tod eines Angehörigen, dass sie von der Erbschaft ausgeschlossen wurden. 

Dies kann zu tiefgreifenden familiären Konflikten führen und hinterlässt bei den Betroffenen häufig ein Gefühl der Hilflosigkeit. 

Doch gibt es Möglichkeiten, einer Enterbung vorzubeugen? 

In diesem Ratgeberartikel soll beleuchtet, werden, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt bzw. welche Maßnahmen ergriffen werden können, um einer Enterbung vorzubeugen und das Erbe zu sichern.


2. Das Erbrecht im deutschen Recht zugunsten von Ehegatten und Kindern

Im deutschen Recht sind Ehegatten und Kinder des Erblassers besonders geschützt. 

Sie gehören zu den sogenannten Pflichtteilsberechtigten. Das bedeutet, dass sie auch bei einer Enterbung durch den Erblasser einen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses haben. Dieser Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Dieser Schutz soll verhindern, dass nahe Angehörige ohne triftigen Grund vollständig von der Erbschaft ausgeschlossen werden.

Das Pflichtteilsrecht ist in den §§ 2303 ff. BGB geregelt.


3. Möglichkeiten der Enterbung durch den Erblasser

Der Erblasser hat grundsätzlich die Freiheit, über sein Vermögen nach dem Tod zu verfügen. Dies schließt auch die Möglichkeit ein, Personen zu enterben. Eine Enterbung kann explizit im Testament festgelegt werden. Allerdings muss der Erblasser dabei die Pflichtteilsrechte der nahen Angehörigen beachten. Eine vollständige Enterbung ist somit nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, beispielsweise bei schwerwiegenden Verfehlungen gegenüber dem Erblasser oder weit vor dem Todeszeitpunkt und mit komplizierten Konstruktionen (um Pflichtteilsergänzungsansprüche zu umgehen).


4. Welche Rechtsfolge hat eine Enterbung

Eine Enterbung führt nicht dazu, dass die enterbte Person keinerlei Ansprüche mehr hat. Als Pflichtteilsberechtigter hat sie immer noch Anspruch auf den Pflichtteil. 

Der Pflichtteilsanspruch umfasst die hälfte des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 BGB i. V. m. §§ 1922 ff. BGB).

Zudem besteht unter Umständen ein Pflichtteilsergänzungsanspruch, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Vermögenswerte verschenkt hat, um den Pflichtteil zu umgehen. Dieser Anspruch besteht jedoch nur innerhalb bestimmter Fristen und unter bestimmten Bedingungen (sog. Abschmelzungsmodell).


5. Wie kann einer Enterbung vorgebeugt werden

Es gibt verschiedene Ansätze, um einer Enterbung vorzubeugen:

  1. Offene Kommunikation: Ein offenes Gespräch innerhalb der Familie über die Erbfolge kann Missverständnisse und Konflikte vermeiden.
  2. Testamentsgestaltung: Durch eine klare und rechtssichere Formulierung im Testament können Unklarheiten und spätere Streitigkeiten vermieden werden.
  3. Vermögensübertragung zu LebzeitenDurch Schenkungen oder vorweggenommene Erbfolge kann der Erblasser zu Lebzeiten sein Vermögen gezielt verteilen.
  4. ErbvertragEin Erbvertrag bindet den Erblasser und kann so zukünftige Änderungen der Erbfolge einschränken.
  5. Mediation: Bei familiären Konflikten kann eine Mediation helfen, eine einvernehmliche Lösung zu finden und Enterbungen vorzubeugen.

Wie Sie richtig gelesen haben, gibt es keinen rechtlichen Anspruch, um eine Vermögensverschiebung zu Lebzeiten zu verhindern. 

Die Erbenstellung und das Recht des Erben entsteht erst mit dem Todesfall. Ab diesem Zeitpunkt stehen dann auch rechtliche Möglichkeiten wie der Pflichtteilsergänzungsanspruch, die Anfechtung eines Testaments etc. zur Verfügung. Aber eben erst ab dann.

6. Fazit

Enterbung ist ein komplexes Thema, das oft emotionale und rechtliche Herausforderungen mit sich bringt. 

Durch frühzeitige Planung, offene Kommunikation und rechtliche Beratung können jedoch viele Probleme vermieden werden. 

Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass trotz der Möglichkeit zur Enterbung das deutsche Erbrecht einen gewissen Schutz für nahe Angehörige vorsieht. 

Letztendlich kann eine sorgfältige und vorausschauende Erbplanung dazu beitragen, den Familienfrieden zu bewahren und sicherzustellen, dass der letzte Wille des Erblassers respektiert und auch akzeptiert werden kann.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub

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