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Entscheidung des Europäischen Gerichts über die Bedeutung der Landeskreditbank Baden-Württemberg

  • 4 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Mit der Frage, wie bedeutend die Landeskreditbank Baden-Württemberg (LBBW) ist, musste sich nun das Europäische Gericht (EuG) beschäftigen. Die deutsche Landesbank aus Baden-Württemberg hatte als erste und bisher einzige Bank gegen die von der Europäischen Zentralbank (EZB) vorgenommene Einstufung als bedeutende Bank geklagt, um den – ihrer Ansicht nach – für sie unnötigen bürokratischen Aufwand und die damit verbundenen hohen Verwaltungskosten zu reduzieren. 

Hintergrund des Falls ist die Einrichtung der Bankenunion, die zukünftige Finanzmarktkrisen verhindern soll, indem unter anderem bedeutende Banken nicht mehr der nationalen Kontrolle unterstehen, sondern unter die Aufsicht der EZB gestellt werden. Bei der Beaufsichtigung der über 120 bedeutenden Banken macht die EZB keinen Unterschied zwischen den ganz großen Banken und eher kleineren Bankinstituten mit der Folge, dass Letztere dieselben Auflagen zu erfüllen haben wie die international agierenden komplexen Großbanken.   

Neuer Rahmen der Bankenaufsicht

Nach der Finanzkrise zu Beginn des 21. Jahrhunderts entstand in Europa die Bankenunion mit dem Ziel, die Finanzstabilität im Euroraum durch eine einheitliche Aufsicht und Abwicklung der Banken in der Europäischen Währungsunion zu erhöhen. Die erste Säule dieser neu geschaffenen Bankenunion ist ein einheitlicher Aufsichtsmechanismus zur Überwachung von Banken im Euro-Währungsgebiet, deren Insolvenz die gesamte Finanzarchitektur beeinflussen würde. Die bis dahin allein in nationalen Händen liegende Bankenaufsicht hat deshalb im November 2014 einen neuen Rahmen bekommen, nach dem die Aufsicht einer Bank künftig entsprechend ihrer Bedeutung entweder in nationalen Händen verbleibt oder von der EZB übernommen wird. Die EZB übernimmt demnach die Bankenaufsicht nach einheitlichen Regeln für signifikante Großbanken, um so zu verhindern, dass die Krise einer solchen Bank die Rettung durch Steuergelder in Milliardenhöhe erforderlich macht. 

Entscheidende Parameter für die Differenzierung von bedeutenden und unbedeutenden Instituten sind nach Art. 6 der zugrunde liegenden SSM-Verordnung die Größe der Bank, ihre Relevanz für die Wirtschaft der Europäischen Union (EU) oder eines teilnehmenden Mitgliedsstaats sowie die Bedeutung grenzüberschreitender Tätigkeiten. Diese Parameter werden von der EZB jährlich überprüft, sodass sich die Anzahl der von ihr beaufsichtigten bedeutenden Banken jährlich ändert. Aktuell stehen 125 Banken unter der Aufsicht der EZB. Zentrales Kriterium für die Entscheidung der EZB ist dabei in der Regel die Bilanzsumme der jeweiligen Bank. Beträgt die Bilanzsumme über 30 Milliarden Euro oder über 20 Prozent des nationalen Bruttoinlandsprodukts, handelt es sich nach Ansicht der EZB meist um eine große und somit bedeutende Bank, deren Aufsicht allein die EZB übernimmt. 

Bedeutende oder unbedeutende Bank – wozu gehört die LBBW? 

Zu den absoluten Branchenriesen gehört die baden-württembergische Landesbank sicher nicht. Dennoch verfügte sie 2014 über eine Bilanzsumme von 70,2 Milliarden Euro, sodass sie von der EZB entsprechend der aufgestellten Parameter als bedeutende Bank eingestuft und damit ihrer alleinigen Aufsicht unterstellt wurde. 

Damit war die regional tätige Förderbank jedoch nicht einverstanden und wehrte sich als erste europäische Bank überhaupt gegen die direkte Unterstellung unter die Bankenaufsicht der EZB. Ihrer Ansicht nach rechtfertigt die Größe allein noch keine direkte Beaufsichtigung durch die EZB. Die vollständige Kontrolle durch die EZB ist ihrer Meinung nach unangemessen, weil sie gerade kein komplexes, vielschichtiges, international tätiges Bankinstitut, sondern lediglich eine regional agierende Förderbank kleiner und mittelständischer Unternehmen ist, die vom Land getragen werde. Da das einheitliche Bankenaufsichtssystem dazu dient, in Europa international tätige komplexe Bankinstitute nach einheitlichen Kriterien effektiv zu überwachen, sei die EZB-Aufsicht bei ihr völlig verfehlt, weil sie diese Kriterien durch die regional beschränkte Tätigkeit mit Landesgarantie gerade nicht erfüllt. Damit entstünden für sie als kleine Landesbank unnötige erhebliche bürokratische Anforderungen und Kosten, die zulasten des zur Verfügung stehenden Förderpotenzials gehen würden.  

Mit dieser Begründung reichte die LBBW am 12.03.2015 Klage beim für Nichtigkeitsklagen zuständigen EuG ein und beantragte dort, den entsprechenden Beschluss der EZB für nichtig zu erklären. Auf diesem Weg will die Landesbank erreichen, dass sie als unbedeutende Bank in Zukunft wieder von der zuständigen nationalen deutschen Behörde und somit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie der Deutschen Bundesbank beaufsichtigt wird. 

Landeskreditbank bleibt unter Aufsicht der EZB 

Mit ihrer Klage hatte die Landesbank jedoch keinen Erfolg, denn das Gericht der EU stellte fest, dass die EZB die Landesbank aufgrund ihrer Bilanzsumme zu Recht als bedeutende Bank eingestuft und unter ihre alleinige Aufsicht gestellt hat. Nach der Ansicht des Europäischen Gerichts kann von der erfolgten Einstufung nach der ausschlaggebenden Bilanzsumme nur dann abgewichen werden, wenn spezifische und tatsächliche Umstände darauf hindeuten, dass die unmittelbare Aufsicht durch eine nationale Behörde die Ziele und Grundsätze des Aufsichtsstandards besser erreichen kann. Diesen Punkt hat die Landeskreditbank jedoch gerade nicht nachgewiesen, denn sie vertrat lediglich die Ansicht, dass durch ihr geringes Risikoprofil die angestrebte Finanzstabilität auch mit der Aufsicht durch die deutsche Behörde erreicht werden kann. Statt die bessere Eignung der Landesaufsicht zu belegen, hat sie damit nur versucht zu beweisen, dass deren Aufsicht ausreicht. 

Fazit: Die baden-württembergische Landesbank konnte vor dem Europäischen Gericht nicht durchsetzen, wieder zu einer weniger bedeutenden Bank herabgestuft zu werden. Sie muss daher – auch wenn sie nur regional tätig ist – wegen ihrer Bilanzsumme weiterhin die aufsichtsrechtlichen Auflagen der EZB erfüllen. 

(EuG, Urteil v. 16.05.2017, Az.: T-122/15) 

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