Erfolgreiche Abwehr von Gerüchten im Wirtschaftsleben: Teil 1 - Strategien und Reaktionsmöglichkeiten

  • 5 Minuten Lesezeit

von Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann*


„Gerüchte sind der Wellenschlag unterdrückter Information“ wusste bereits der französische Diplomat und Schriftsteller Roger Peyrefitte, der sich zeitlebens selbst wegen seiner Homosexualität verschiedener Gerüchte ausgesetzt sah. Von ihm stammt auch die Erkenntnis, dass ein „Dementi“ nichts weiter ist als die verneinende Bestätigung einer Nachricht, die bisher ein Gerücht war.

So schwer es ist, mit Gerüchten umzugehen, so gravierend sind die Folgen, wenn sich ein Unternehmen mit geschäftsschädigenden Gerüchten konfrontiert sieht.

Im ersten Teil dieses zweiteiligen Beitrages geht es um die kommunikativen Strategien und Reaktionsmöglichkeiten im Umgang mit Gerüchten im Wirtschaftsleben. Im Teil 2 werden wir uns mit den rechtlichen Rahmenbedingungen beschäftigen.

Unzweifelhaft können Gerüchte im Wirtschaftsleben schwerwiegende Folgen haben und sind oft unvermeidbar. Es gibt jedoch Strategien, um sich erfolgreich gegen Gerüchte zu wehren.

Es ist wichtig, rational und sachlich zu bleiben, wenn man auf Gerüchte reagiert. Hektisches Handeln ist fehl am Platz. Es kann sinnvoll sein, zunächst etwas Zeit verstreichen zu lassen, bevor man öffentlich reagiert. Eine schnelle und unüberlegte Reaktion kann das Gerücht nur weiterverbreiten. Die Antwort darauf, wie man mit Gerüchten umgehen sollte ist jedoch nicht einfach da jede Situation anders ist.

Die Erfahrung zeigt, dass Gerüchte vor allem dann wirken, wenn die Stimmung zu einem bestimmten Thema bereits negativ stigmatisiert ist oder die Person einen schlechten Ruf hat.

Unternehmen sollten sich auf Reputationsrisiken konzentrieren und sich auf alle möglichen Gerüchte vorbereiten.


I. Welche Reaktionsmöglichkeiten gibt es?


1. Das bloße Verneinen eines Gerüchts (Dementi)

Ein Dementi ist – wie das Zitat von Peyrefitte zeigt - oft keine effektive Antwort auf ein Gerücht. Es kann sogar dazu führen, dass das Gerücht weiterverbreitet wird. Dementis und Gegendarstellungen gehen oft ins Leere — oft wirken sie in ihrer Unbeholfenheit eher wie eine Bestätigung des Gerüchts, als ein echtes Dementi („Ein Dementi ist keine zugkräftige Nachricht“).

  • Ein Dementi ist dann erforderlich, wenn rechtliche Gründe dafürsprechen oder der Bestand des Unternehmens gefährdet ist.


2. Das Entkräften von Gerüchten

Eine bessere Strategie ist es, das Gerücht zu entkräften, indem man es mit Fakten widerlegt oder es als übertrieben oder unglaubwürdig darstellt.

  • Rationale Stellungnahmen zu Gerüchten, besonders dann, wenn Rechtsanwälte einbezogen sind, treffen oft auf eine Öffentlichkeit, die stark emotionalisiert ist und deshalb jeder Form von rationaler Argumentation kritisch gegenübersteht.

Deshalb empfiehlt es sich etwas Zeit verstreichen zu lassen, bevor man öffentlich reagiert.


3. Das lediglich Ignorieren von Gerüchten

Es kann auch hilfreich sein, das Gerücht zu ignorieren und sich auf positive Nachrichten zu konzentrieren.

Unternehmen sollten auch darauf achten, dass sie Vertrauen in der Öffentlichkeit genießen, da Glaubwürdigkeit ein hohes Gut ist. Insgesamt ist es wichtig, sich bewusst zu sein, dass Gerüchte im Wirtschaftsleben unvermeidbar sind.


II. Wie können sich Unternehmen vorbeugend gegen mögliche Gerüchte wappnen?


1. Ausarbeiten eines Notfallplans

Unternehmen sollten sich auf alle möglichen Gerüchte vorbereiten und eine kluge Strategie entwickeln, um sich erfolgreich gegen Gerüchte zu wehren. Eine Checkliste zur Abwehr von Gerüchten kann dabei helfen, die richtigen Fragen zu stellen und eine effektive Strategie zu entwickeln. Rationalität, Sachlichkeit und Glaubwürdigkeit sind dabei entscheidende Faktoren. Bevor daher die Strategie festgelegt wird, wie auf Gerüchte zu reagieren ist, sollte das Unternehmen folgende Fragen klären:

  • Ist das Gerücht zutreffend oder falsch?
  • Wie hoch ist der zu erwartende Schaden?
  • Wer könnte dahinter stecken? Kursiert es intern oder extern?
  • Mit welcher Absicht wurde das Gerücht gestreut?
  • Zieht es weitere Kreise?
  • Ist es vielleicht nur ein "Lockmittel", um bestimmte Informationen zu erlangen, an die man sonst nicht herankommt?

Wie die Checkliste bereits deutlich macht, ist es von großer Bedeutung, vor der Reaktion auf das Gerücht eine Erfolgsabschätzung der geplanten Selbstdarstellung vorzunehmen und die Erkenntnisse der Wahrnehmungspsychologie zu nutzen, wonach auch die Gewinnung von Aufmerksamkeit steuerbar ist.


2 . Wie nimmt die Öffentlichkeit meine Stellungnahme wahr?

Wer vor der Herausforderung steht, ein am Markt grassierendes Gerücht über sein Unternehmen wieder auszuräumen, sollte sich vor seiner Reaktion auch Gedanken darüber machen, ob und wenn ja wie der Markt auf die Stellungnahme des betroffenen reagiert. Wer die Aufmerksamkeit auf seine Stellungnahme lenken will, sollte unbedingt folgende Fragen im Vorfeld klären:

  • Was interessiert andere?
  • Wie wecke ich Gefühle?
  • Mit wem werde ich verglichen?
  • Gibt es Vorurteile mir gegenüber?
  • Auf welche Widerstände werde ich stoßen?
  • Was ist der richtige Zeitpunkt?
  • Auf welche Stimmung trifft meine Initiative?

Die ehrliche und kritische Auseinandersetzung mit vorstehenden Fragen und Antworten, sollte kein Betroffener allein mit sich ausmachen, sondern unbedingt externe Dritte (Marketingprofis, Anwälte, Freunde) zu Rate ziehen.


3. Was sind die besten Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung von Gerüchten


(1) Ein Gerücht, dessen Quelle genannt wird, hat umgehend weniger Wirkung.

  • Bennen Sie den Urheber des Gerüchtes, sofern er zweifelsfrei ermittelbar ist.

(2) Eine Quelle, die ein Interesse daran hat, eine Mitteilung zu verbreiten, macht diese Mitteilung weniger glaubwürdig.

  • Stellen Sie die wirtschaftlichen Interessen der Quelle heraus!

(3) Wenn nichts mehr hilft: Arbeiten Sie mit Gegen-Gerüchten:

  • Derartige Gegengerüchte könnten lauten: „Die Mitglieder der Gruppe auf dem Social Media Account xy finden es sehr schlau, über Produkt zu erzählen, dass dies einen seltsamen Geschmack habe. Angesichts der Lage, in der sie (die Gegner) sich befinden, ist es begreiflich, weswegen diese ein Interesse daran haben, dieses Gerücht zu verbreiten.“

(4) Verwässern Sie das Gerücht

  • „Gerüchte über ….laufen momentan gegen mehrere Unternehmen aus der Branche…. (Anm.: Hier gilt es, den Bereich so auszudehnen, um auch die gegnerische Fraktion einzuschließen.) Diese Gerüchte, deren Ziel es offensichtlich ist, diesen Industriezweig zu schwächen, ist wahrscheinlich seitens …… eingeführt worden.“

(5) Arbeiten Sie mit Gegenfeuer, d.h. Sie streuen ein anderes, weniger dramatisches Gerücht über dieselbe Person/Unternehmen.

  • Wir haben zu unserer großen Verblüffung erfahren, dass Mitarbeitern des Unternehmens XY vorgeworfen wird….., nach wie vor Flüge für Geschäftsreisen im Inland auf Firmenkosten zu buchen. Dieses Vorgehen entspricht nicht unserer Firmenpolicy und wir unverzüglich abgestellt (z. B. wenn es massive Vorwürfe wegen Verstößen gegen Kinderarbeit in ausländischen Betriebsstätten gibt). Ziel dieser Taktik ist es, ein Gerücht zu lancieren, das andere Gerüchte unglaubwürdig erscheinen lässt.


Im 2. Teil dieser Beitragsreihe gehen wir auf die rechtlichen Rahmenbedingungen ein.


* Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann ist Gründungspartner von LFR Wirtschaftsanwälte München, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz, zertifizierter Wirtschaftsmediator (IHK) und systemischer Business Coach (IHK). Der Beitrag basiert auf seinen persönlichen Erfahrungen als Interessenvertreter in hoch konfliktären Wirtschafts- und Gesellschaftskonflikten.


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Foto(s): https://unsplash.com/de/fotos/WYd_PkCa1BY

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