Wie wehren sich Unternehmen gegen Lügen und Gerüchte? Teil 2 - Rechtliche Ansprüche (inkl. Checkliste)“

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Dr. Marc Laukemann diskutiert im zweiten Teil seiner Serie über rechtliche Strategien gegen Gerüchte und geschäftsschädigende Aussagen. Die Unterscheidung zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen ist für die rechtliche Bewertung entscheidend. Tatsachenbehauptungen sind nur erlaubt, wenn sie wahr oder ausreichend begründet sind, während Meinungsäußerungen geschützt sind, solange sie nicht pauschal herabsetzend oder beleidigend sind. Zur Abwehr geschäftsschädigender Äußerungen stehen Unternehmen rechtliche Mittel wie Unterlassungs-, Schadensersatz- und Widerrufsansprüche zur Verfügung. Laukemann bietet außerdem eine Checkliste für rechtliche Schritte an und betont die Wichtigkeit einer Kombination aus Präventionsmaßnahmen und rechtlichen Mitteln zum Schutz von Unternehmen. Als Gründungspartner von LFR Wirtschaftsanwälte bringt Laukemann umfassende Erfahrung in der Rechtspraxis mit und zeigt, wie Unternehmen effektiv auf Gerüchte und geschäftsschädigende Aussagen reagieren können.

Von Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann*



Während der erste Teil dieser Serie sich mit kommunikativen Strategien beschäftigt hat, beleuchtet Teil 2 die rechtlichen Abwehrmöglichkeiten gegen Gerüchte und geschäftsschädigende Aussagen.


I. Unterscheidung zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen

Die rechtliche Bewertung hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung oder eine Meinungsäußerung handelt:

  • Tatsachenbehauptungen: Diese sind nur zulässig, wenn sie wahr sind oder auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage beruhen. Unwahre Tatsachenbehauptungen sind stets unzulässig (§ 4 Nr. 1 UWG). Eine Tatsachenbehauptung ist erweislich wahr, wenn sie bewiesen werden kann.
  • Achtung: Auch wahre geschäftsschädigende Tatsachen dürfen nach § 4 Nr. 1 UWG im Wettbewerb nur sehr zurückhaltend geäußert werden. Zulässig sind wahre, aber geschäftsschädigende Tatsachenbehauptungen nur, soweit ein sachlich berechtigtes Informationsinteresse der angesprochenen Verkehrskreise besteht. Außerdem muss der Wettbewerber einen hinreichenden Anlass haben, den eigenen Wettbewerb mit der Herabsetzung des Mitbewerbers zu verbinden.,vgl. LG Hamburg, Urt. v. 09.07.2019 - Az.: 406 HKO 22/19
  • Meinungsäußerungen: Meinungen sind durch die Meinungsfreiheit geschützt, dürfen jedoch nicht in Form pauschaler Herabsetzungen oder formaler Beleidigungen erfolgen (vgl. § 4 Nr. 2 UWG).
  • Bsp.: Die pauschale Abwertung der Leistungen eines Mitbewerbers („Problematisch ist, dass sich merkwürdige Anbieter auf dem Markt befinden“)) ist jedenfalls dann nach §§ 3, 4 Nr. 2 UWG unlauter, wenn die konkreten Umstände, auf die sich die abwertende Äußerung bezieht, nicht mitgeteilt werden, vgl. BGH Urteil vom 19.05.2011 - I ZR 147/09.
  • Bsp.: Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass kritische Meinungsäußerungen über Mitbewerber („Dieser habe noch „eine ganze Reihe von vertraglichen Pflichten zu erledigen“) noch kein Wettbewerbsverstoß darstelle, sondern noch von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt sei, vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 28.03.2019 6 U 203/18.


II. Voraussetzungen für rechtliche Ansprüche

Geschäftsschädigende Äußerungen sind unlauter, wenn sie:

  • die Wertschätzung eines Mitbewerbers herabsetzen,
  • unwahre Tatsachen behaupten,
  • ohne hinreichenden Anlass oder sachliches Interesse erfolgen.

Gerichte prüfen solche Fälle im Rahmen einer Interessenabwägung. Dabei spielen die Grundrechte der Meinungsfreiheit, der Schutz des Gewerbebetriebs und die Verhältnismäßigkeit der Äußerung eine Rolle.


III. Anspruch auf Schadensersatz

  • Unterlassungsanspruch: Das betroffene Unternehmen kann verlangen, dass der Verletzer die unlauteren Äußerungen unterlässt.
  • Schadensersatzanspruch: Wenn durch die unlauteren Äußerungen ein Schaden entstanden ist, kann dieser ersetzt werden. Bei der Berechnung des Schadens sind sowohl die entgangenen Gewinne als auch ersparte Aufwendungen zu berücksichtigen.
  • Widerrufsanspruch: In bestimmten Fällen kann das Unternehmen verlangen, dass der Verletzer die unlauteren Äußerungen widerruft.


IV. Checkliste: Rechtliche Schritte

1. Liegt eine nicht nur rein private, sondern auch geschäftliche Handlung oder ein Fall vergleichender Werbung vor?

2. Bei einer Tatsachenbehauptung:

  • Ist die betreffende Handlung überhaupt geeignet, die Wertschätzung des betroffenen Mitbewerbers in den Augen der angesprochenen Verkehrskreise zu verringern?
  • Beeinträchtigt die Handlung die Interessen des Mitbewerbers in unverhältnismäßiger Weise? Wobei das Informationsinteresse der Verbraucher und die Wertungen der Grundrechte zu berücksichtigen sind.

3. Bei einem Werturteil

  • Ist der konkrete Wortlaut der anschwärzenden Äußerung hinreichend klar und die Aufstellung der Behauptung auch nachweisbar (dokumentiert)?
  • Handelt es sich um eine vertrauliche Mitteilung und bestand ein berechtigtes Interesse an der Mitteilung?

4. Ist die Äußerung gut dokumentiert?

5. Seit wann hat der Betroffene Kenntnis von der Äußerung?

6. Kommt neben den Ansprüchen auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz auch ein Anspruch auf Widerruf der geschäftsschädigenden Äußerung in Betracht?

7. Soll nur zivilrechtlich vorgegangen werden oder kommt auch ein strafrechtliches Vorgehen nach §§ 185 bis 187 StGB (Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede) in Betracht?

Teil 1: https://www.anwalt.de/rechtstipps/wie-wehren-sich-unternehmen-gegen-luegen-und-geruechte-teil-1-strategien-und-reaktionsmoeglichkeiten-214046.html

Fazit: Prävention und Reaktion auf Gerüchte

Gerüchte und geschäftsschädigende Aussagen können erhebliche Konsequenzen für Unternehmen haben. Durch die Kombination aus präventiven Maßnahmen, einer durchdachten Kommunikationsstrategie und dem Einsatz rechtlicher Mittel können Unternehmen effektiv gegen geschäftsschädigende Gerüchte und unwahre Behauptungen vorgehen.



* Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann ist Gründungspartner von LFR Wirtschaftsanwälte München, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz, zertifizierter Wirtschaftsmediator (IHK) und systemischer Business Coach (IHK). Der Beitrag basiert auf seinen persönlichen Erfahrungen als Interessenvertreter in hochkonfliktären Wirtschafts- und Gesellschaftskonflikten.


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Foto(s): https://unsplash.com/de/fotos/fzOITuS1DIQ

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