Erfolgreiche Rückabwicklung eines Autokaufs wegen Anfechtung und Rücktritt

  • 7 Minuten Lesezeit

Die Kanzlei Hobohm Natalello Giloth aus Mainz freut sich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Kanzlei erneut einen Mandanten erfolgreich bei der Rückabwicklung des Automobilkaufs vor dem Landgericht Mainz und Oberlandesgericht Koblenz vertreten hat. Unser Mandant hatte ein Fahrzeug gekauft, das einen nicht offenbarten vorherigen Unfallschaden aufwies. Dieser Schaden war so erheblich, dass er nicht mehr als Bagatellschaden angesehen werden konnte.

Dieser Fall zeigt erneut, wie wichtig eine fundierte Rechtsberatung im Kaufrecht bzw. Automobilrecht ist. Wir haben für unseren Mandanten nicht nur eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt, sondern auch den Rücktritt vom Kaufvertrag. Diese doppelte Strategie hat sich als entscheidend für den Erfolg erwiesen.

Die Kanzlei gewann in beiden Instanzen.


Die Beweislast beim Rücktritt

Die Parteien stritten darüber, ob der Mainzer Automobilhändler unseren Mandanten über den vorherigen Unfall informiert hatte. Der Händler behauptete, dies getan zu haben, unser Mandant bestritt dies. In dieser Situation kommt es auf die Beweislast an, da keine Partei den Nachweis erbringen konnte.

Wenn wir nur eine Anfechtung erklärt hätten, hätte unser Mandant beweisen müssen, dass der Händler ihn arglistig getäuscht hat. Das wäre schwierig gewesen, da der Händler seine Aussage bestritt.

Da wir aber auch einen Rücktritt erklärt haben, hat sich die Beweislast umgekehrt. Der Händler musste nun beweisen, dass er unseren Mandanten nach § 442 BGB aufgeklärt hatte und dieser daher vom Mangel wusste. Das konnte er nicht, und daher war unser Mandant zum Rücktritt berechtigt.

Wir sind stolz darauf, dass wir unserem Mandanten zu seinem Recht verholfen haben. Wenn Sie als Händler oder Privatperson auch ein Problem mit einem mangelhaften Fahrzeug haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir beraten Sie gerne und vertreten Sie kompetent und engagiert.


Die Beweislast beim Rücktritt im Detail:

Bei einem Anspruch aus § 434 I S. 2 Nr. 2, 437 I Nr. 2, 323 I, 346 II BGB, also wegen des Rücktritts vom Vertrag, trägt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs jedoch der Verkäufer die Darlegungs- und Beweislast für eine erfolgte Aufklärung. Es handelt sich nämlich bei einem Unfallfahrzeug um einen Mangel und der Verkäufer hätte darzulegen und zu beweisen, dass der Käufer hiervon nach §§ 442 BGB Kenntnis hatte.

Die Tatsache, dass ein Fahrzeug einen Unfallschaden erlitten hat, ist insoweit nach der Rechtsprechung des BGH – ausgenommen Bagatellschäden – bereits objektiv ein Sachmangel. Der BGH hat hierzu in einem gleich gelagerten Fall ausgeführt:


„Da es somit hinsichtlich von Unfallschäden an einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) fehlt und die in Rede stehende Sollbeschaffenheit sich auch nicht aus der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) ergibt, ist das Fahrzeug nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB frei von Sachmängeln, wenn es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Für die gewöhnliche Verwendung eignet sich ein gebrauchter Personenkraftwagen grundsätzlich dann, wenn er keine technischen Mängel aufweist, die die Zulassung zum Straßenverkehr hindern oder die Gebrauchsfähigkeit aufheben oder beeinträchtigen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 434 Rdnr. 70). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Das Fahrzeug weist jedoch nicht eine Beschaffenheit auf, die bei einem Gebrauchtwagen üblich ist und die der Käufer erwarten kann.

19 Bei einem Gebrauchtwagen ist, sofern keine besonderen Umstände gegeben sind, jedenfalls der normale alters- und gebrauchsbedingte Verschleiß üblich und hinzunehmen (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434, unter II 1 a bb, m.w.N.). Welche Beschaffenheit üblich ist, hängt im Übrigen von den Umständen des Einzelfalles ab, wie beispielsweise dem Alter und der Laufleistung des Fahrzeugs, der Anzahl der Vorbesitzer und der Art der Vorbenutzung; für das, was der Käufer erwarten darf, kann ferner der Kaufpreis oder der dem Käufer erkennbare Pflegezustand des Fahrzeugs von Bedeutung sein (OLG Düsseldorf, Schaden-Praxis 2007, 32; Palandt/Weidenkaff, aaO, Rdnr. 29 und 30; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rdnr. 1236). Bei Beschädigungen des Fahrzeugs kann es für die Unterscheidung, ob es sich um einen möglicherweise nicht unüblichen und daher hinzunehmenden "Bagatellschaden" oder um einen außergewöhnlichen, nicht zu erwartenden Fahrzeugmangel handelt, auf die Art des Schadens und die Höhe der Reparaturkosten ankommen.

20 Der Revision ist darin beizupflichten, dass zur Abgrenzung zwischen einem "Bagatellschaden" und einem Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenbarungspflicht von Schäden und Unfällen beim Gebrauchtwagenkauf zurückgegriffen werden kann. Danach muss der Verkäufer eines Gebrauchtwagens einen Schaden oder Unfall, der ihm bekannt ist oder mit dessen Vorhandensein er rechnet, grundsätzlich auch ungefragt dem Käufer mitteilen, wenn er sich nicht dem Vorwurf arglistigen Verschweigens aussetzen will, es sei denn, der Schaden oder Unfall war so geringfügig, dass er bei vernünftiger Betrachtungsweise den Kaufentschluss nicht beeinflussen kann. Die Grenze für nicht mitteilungspflichtige "Bagatellschäden" ist bei Personenkraftwagen sehr eng zu ziehen. Als "Bagatellschäden" hat der Senat bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden anerkannt, nicht dagegen andere (Blech-) Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering (in einem Falle aus dem Jahre 1961 332,55 DM) war (Senatsurteile vom 3. Dezember 1986 - VIII ZR 345/85, WM 1987, 137, unter II 2 b und vom 3. März 1982 - VIII ZR 78/81, WM 1982, 511, unter II 2 a und b, jeweils m.w.N.; vgl. Senatsurteil vom 20. März 1967 - VIII ZR 288/64, NJW 1967, 1222). Ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 22. Juni 1983 - VIII ZR 92/82, WM 1983, 934, unter II 2). Alleine die Tatsache, dass das Fahrzeug bei einem Unfall einen erheblichen Schaden erlitten hat, stellt einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB dar. Auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs kann der Käufer, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als "Bagatellschäden" gekommen ist.

21 Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall - wie die Revision zu Recht geltend macht - kein "Bagatellschaden", sondern ein Fahrzeugmangel vor. Nach den vom Landgericht seiner Entscheidung - im Zusammenhang mit der Prüfung des Bereicherungsanspruchs - zugrunde gelegten Feststellungen des Sachverständigen handelt es sich bei den Karosserieschäden an der linken Tür und dem linken hinteren Seitenteil des Fahrzeugs nicht nur um Lackschäden, sondern um Blechschäden, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ursprünglich tiefer als die bis zu 5 mm starke Schichtstärke des Spachtelauftrags waren. Der Kostenaufwand zur fachgerechten Beseitigung dieser Blechschäden beträgt nach der Kalkulation des Sachverständigen 1.774,67 €. Ein solcher Schaden kann jedenfalls bei einem knapp fünfeinhalb Jahre alten Fahrzeug mit einer Laufleistung von rund 54.000 km nicht als "Bagatellschaden" angesehen werden, mit dem ein Käufer vernünftigerweise rechnen muss.


22 Demgegenüber kommt es nicht darauf an, dass - wie das Landgericht ausgeführt hat - sich eine Einbeulung von wenigen Millimetern rückstandsfrei beseitigen lässt und auch nicht die entfernte Möglichkeit besteht, dass eine oberflächliche Beschädigung von kleinflächigen Bereichen der Tür und des hinteren Seitenteiles die Fahr- oder Verkehrstüchtigkeit des PKW beeinträchtigt. Denn ein Gebrauchtwagen ist nicht schon dann mangelfrei, wenn er sich nur für die gewöhnliche Verwendung eignet, also zulassungsfähig und fahrtüchtig ist. Soweit das Landgericht meint, ein erheblicher Unfallschaden sei nicht allein mit Blick auf die Reparaturkosten zu bejahen, weil andernfalls auch aufgrund erheblicher Instandsetzungskosten zur Beseitigung bloßer Lackschäden oder kleinster Dellen in der Karosserie ein erheblicher Unfallschaden bejaht werden könnte, verkennt es, dass es hier nicht um bloße Lackschäden oder "kleinste Dellen" in der Karosserie, sondern um einen beträchtlichen Blechschaden geht. Dieser Schaden ist auch im Hinblick auf die Reparaturkosten von 1.774,67 € nicht als unerheblich anzusehen.

23 2. Da der Gebrauchtwagen bei Gefahrübergang nicht unfallfrei war, konnte die Klägerin gemäß § 437 Nr. 2 Alt. 1, § 326 Abs. 5, § 323 BGB vom Vertrag zurücktreten. Einer vorangehenden Fristsetzung zur Nacherfüllung durch Nachbesserung der nicht fachgerecht ausgeführten Reparaturarbeiten bedurfte es nicht, weil der Mangel nicht behebbar ist (§ 326 Abs. 5 BGB). Durch Nachbesserung lässt sich der Charakter des Fahrzeugs als Unfallwagen nicht korrigieren. Eine Ersatzlieferung ist bei dem hier vorliegenden Gebrauchtwagenkauf unmöglich (vgl. BGHZ 168, 64, 71 ff.). Die in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeugs liegende "Pflichtverletzung" ist schließlich nicht unerheblich, so dass dem Rücktritt auch nicht § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB entgegensteht.“


Dementsprechend stellt die Tatsache eines Vorunfalls bei einem Gebrauchtwagen bereits im Rahmen des objektiven Mangelbegriffs einen Sachmangel dar.

Der BGH hat insoweit klargestellt, dass die Eigenschaft „Unfallwagen“ zu sein auch nicht behebbar ist.

Dementsprechend verbleibt einem Verkäufer, der für einen vorhandenen Vorunfall außerhalb des hier sehr eng gezogenen Bagatellbereichs nicht haften will, nur die Möglichkeit einer „negativen“ Beschaffenheitsvereinbarung (Verkauf des Kfz „als Unfallfahrzeug“) oder – falls ihm ein Vorunfall nicht bekannt ist, und es deshalb nur um Risikoverteilung gehen kann – eines vertraglichen Gewährleistungsausschlusses.

Im Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern – wie vorliegend - ist dies freilich durch § 475 BGB ausgeschlossen.

Die einzige Möglichkeit, die dem Verkäufer hier verbleibt, ist die Aufklärung des Käufers. Setzt er diesen vor Vertragsschluss von dem Vorunfall in Kenntnis, ist die Gewährleistung insoweit gem. § 442 BGB kraft Gesetzes (und nicht kraft einer nach § 475 BGB unzulässigen Parteivereinbarung) ausgeschlossen.

Der Verkäufer trägt hierfür die Beweislast, da er sich insoweit auf einen Gewährleistungsausschluss nach § 442 BGB beruft.


(BeckOGK/Stöber, 1.8.2022, BGB § 442 Rn. 127, 128; BGH WM 1972, 556 (557); NJW-RR 1988, 79; BeckRS 2016, 16917 Rn. 17; OLG München DAR 2006, 634; BeckRS 2019, 3111 Rn. 21; OLG Köln BeckRS 2015, 09906; Grüneberg/Weidenkaff Rn. 6; MüKoBGB/Westermann Rn. 21.



Unsere Anwälte in Mainz:

Rechtsanwalt Alexander Hobohm Rechtsanwalt Dr. jur. André Natalello
Rechtsanwalt Christian Giloth
Rechtsanwalt Klaus Hobohm
Rechtsanwältin Bärbel Glaser 
Rechtsanwalt Elias Horst
Rechtsanwalt Philipp Ruble 
Rechtsanwältin Christina Klimmer-Berres

www.hobohm-kollegen.de

06131-9725322

Rheinallee 1e , 55116 Mainz

Foto(s): Hobohm Natalello Giloth GbR

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Alexander Hobohm

Beiträge zum Thema