EuGH in GIMLE-Urteil: Anschaffungswert statt Zeitwert bei Beteiligungen

  • 1 Minuten Lesezeit

Im Zusammenhang mit der Emission von Schuldverschreibungen werden in den Bilanzen Beteiligungen an anderen Unternehmungen nach dem IFRS-Verfahren bisweilen nach dem Zeitwert („fair value”) eingestellt. Der Zeitwert divergiert von dem Anschaffungswert. Seit dem Inkrafttreten des BilMoG aus dem Jahre 2009 findet der beizulegende Zeitwert auch in Deutschland Anwendung. Die Überschätzung des Wertes eines an sich unrentablen Gesellschaftsanteils bei der Zeitwertbemessung führt in einem Insolvenzverfahren oder einer Restrukturierung zu unerwarteten schmerzlichen Lücken für die Anleger. Die bisherigen marktüblichen Gleichungen für die Anteilswertberechnung zeigen verschiedenartige Werte auf, die teilweise unter Ausnahmebedingungen zu erreichen sind und imaginäre Bestandteile beinhalten können.

Das so genannte Realisationsprinzip, das seit Jahrhunderten die kaufmännische Bilanzierung prägte, ging von einer Buchung nach dem Anschaffungswert aus. Gebucht wurde der Kaufpreis. Spätere Wertsteigerungen fanden in nicht zu buchenden stillen Reserven Raum. Diese Vorsicht dient dem Gläubigerschutz.

Der EuGH hat einer Fair-Value-Bewertung eine Absage erteilt.  Nach wie vor gilt das Realisationsprinzip. In dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Oktober 2013 – C-322/12 wird festgestellt, der in Art. 2 Abs. 3 bis 5 der Vierten Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom  25. Juli 1978 aufgrund von Artikel [44 Abs. 2 Buchst. g EG] über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen genannte Grundsatz der Bilanzwahrheit erlaube es nicht, vom Grundsatz der Bewertung der Vermögensgegenstände auf der Grundlage ihrer Anschaffungs- und Herstellungskosten nach Art. 32 dieser Richtlinie zugunsten einer Bewertung auf der Grundlage ihres tatsächlichen Werts abzuweichen, wenn die Anschaffungs- und Herstellungskosten dieser Vermögensgegenstände offenkundig niedriger sind als ihr tatsächlicher Wert.

Damit ist - in einfachen Worten formuliert - grundsätzlich eine Buchung einer Beteiligung (oder eines Finanzinstruments) nach dem Zeitwert bzw. nach dem Fair-value-Wert untersagt. Wurde nichts bezahlt, darf auch nichts gebucht werden. Bilanzierungen unter Einbeziehung von überhöht bewerteten Beteiligungen nach dem Fair-value-Ansatz können nach dem obigen EuGH-Urteil logischerweise eine staatliche Subvention darstellen, die einer EU-rechtlichen Erlaubnis bedürften und zur Bilanznichtigkeit führen könnten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Wilhelm Segelken

Beiträge zum Thema