EuGH stärkt Rechte von Handelsvertretern

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EuGH legt den Begriff des Neukunden für den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters weit aus

Eine für Handelsvertreter erfreuliche Entscheidung hat der EuGH am 07.04.2016 zum Aktenzeichen C-315/14 getroffen.

Gegenstand des Verfahrens war die Vorlage des Bundesgerichtshofs in der Sache Marchon Germany ./. Karaszkiewicz.

Die Beklagte ist Großhändlerin und handelt unter anderem mit Brillengestellen verschiedener Marken, die sie durch Handelsvertreter an Optiker vertreiben lässt, wobei jeder Handelsvertreter nur für eine Marke tätig werden darf. Die Klägerin wurde von der Beklagten als Handelsvertreterin mit dem Vertrieb von Brillengestellen einer Marke beauftragt. Zu Beginn der Zusammenarbeit wurde der Klägerin eine Liste von Optikern zur Verfügung gestellt, an die die Beklagte bereits Gestelle anderer Marken lieferte.

Nach der Vertragsbeendigung verlangte die Klägerin die Zahlung eines Ausgleichs nach § 89b HGB und forderte u.a. auch einen Ausgleich für die Kunden, die auf der Liste standen, die aber aufgrund ihrer Tätigkeit nunmehr weitere Marken geordert hatten.

Der BGH hat das Verfahren dem EuGH vorgelegt, damit dieser im Wege der Vorabentscheidung zur Auslegung des Begriffs „Neukunde“ im Sinne der Handelsvertreterrichtlinie Stellung nehmen konnte.

Der EuGH hat seiner Entscheidung folgenden Leitsatz vorangestellt:

„Art. 17 II der Handelsvertreterrichtlinie (RL 86/653/EWG) ist dahin auszulegen, dass die von einem Handelsvertreter für Waren geworbene Kunden, mit deren Vertrieb ihn der Unternehmer beauftragt hat, auch dann als neue Kunden anzusehen sind, wenn sie bereits wegen anderer Waren Geschäftsverbindungen mit dem Unternehmer unterhielten, sofern der Verkauf der erstgenannten Waren durch diesen Handelsvertreter die Begründung einer speziellen Geschäftsverbindung erfordert hat“ (zitiert in gekürzter Form nach Korte, GWR 2016, 273).

Gegenstand der Entscheidung war die Frage, ob ein Kunde auch dann als „neu“ im Sinne des Ausgleichsanspruchs gilt, wenn er bislang nur andere Produkte des Unternehmens gekauft hat, oder ob jede vorherige Geschäftsverbindung der Einordnung als „neuer Kunde“ entgegensteht.

In seiner Entscheidung hat der EuGH ausdrücklich betont, dass die Handelsvertreterrichtlinie dem Schutz des Handelsvertreters dienen soll, so dass sie auch in dessen Interesse auszulegen sei. Danach könne auch als Neukunde gelten, wer zuvor vergleichbare Waren bei dem Unternehmer erworben habe. Entscheidend sei für die Abgrenzung nur, ob seitens des Handelsvertreters „Vermittlungsbemühungen und eine besondere Verkaufsstrategie im Hinblick auf die Begründung einer speziellen Geschäftsverbindung, insbesondere soweit diese Waren zu einem anderen Teil der Produktpalette des Unternehmers gehören“, erforderlich waren.

Fraglich dürfte für die gerichtliche Praxis in Deutschland nunmehr jedoch sein, welche Anforderungen an diese besonderen Vermittlungsbemühungen zu stellen sein werden.

Denn bislang genügte für die Entstehung des Ausgleichsanspruchs für „echte“ Neukunden jede kausale Mitwirkung des Handelsvertreters für das Zustandekommen des Geschäfts. Nach den Ausführungen des EuGH ist aber für die Einstufung eines Bestandskunden als Neukunden offenbar erforderlich, dass der Handelsvertreter gesteigerte Anforderungen erfüllen muss, damit der Bestandskunde als Neukunde zu werten ist.

Welche dies sind, wird die Rechtsprechung herausarbeiten müssen.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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