EuGH-Urteil zum Thermofenster in Dieselfahrzeugen - Was die Entscheidung für Autokäufer bedeutet

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Seit einigen Wochen warteten Verbraucher und ihre Anwälte gespannt auf die erwartete verbraucherfreundliche Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Thermofenster in Dieselfahrzeugen. Nun ist das Urteil da!  Am 14.07.2022 hat der EuGH entschieden: Ein sogenanntes Thermofenster in einem Dieselfahrzeug ist eine unzulässige Abschalteinrichtung, wenn die Abgase nur in einem bestimmten Temperaturbereich vollständig gereinigt werden (Az. C-128/20). Konkret ging es um ein Fahrzeug mit dem Motortyp EA189 des Volkswagen-Konzerns, bei dem die Abgasreinigung nur bei einer Temperaturspanne zwischen 15 bis 33 Grad Celsius ihre volle Funktion erfüllt. Was die Entscheidung für Autokäufer bedeutet, erklären wir im folgenden Rechtstipp.

Bisher lag die Messlatte für eine Verurteilung der Fahrzeughersteller aufgrund der strengen Rechtsprechung des BGH sehr hoch. Doch der Dieselabgasskandal ist insbesondere rund um den EA288-Motor noch nicht vollständig aufgearbeitet, auch wenn in der letzten Zeit viele Verbraucher mit ihren Schadensersatzklagen im Dieselskandal vor Gericht scheiterten. Vor allem beim Thema Thermofenster winkten die meisten Gerichte bislang ab. Die Fahrzeughersteller vertraten den Standpunkt, dass das Thermofenster notwendig sei, um den Motor des Fahrzeugs zu schonen. Mit dem Begriff Thermofenster ist gemeint, dass die Abgasrückführung temperaturabhängig gesteuert wird. Tatsächlich haben viele Hersteller solche Thermofenster in die Software ihrer Fahrzeuge eingebaut. Je nach Außentemperaturen, Hersteller und Motor verhält sich dann die Abgasreinigung unterschiedlich. Sie wird reduziert oder sogar ganz abgeschaltet. Das bedeutet aber letztlich nichts anderes, als dass die Stickoxidemissionen höher sind. 

Steht nun eine große Wende in den Dieselfällen bevor? Gut möglich!

Zumindest hatte der BGH eine Verhandlung, die für den 30. Juni 2022 angesetzt war, wieder abgesagt, um die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) abzuwarten. Hintergrund war, dass ein EuGH-Generalanwalt kurz zuvor in einem Diesel-Verfahren klar gemacht hatte, dass Verbraucher Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn in ihren Fahrzeugen unzulässige Abschalteinrichtungen die Abgasreinigung manipulieren. Der Anspruch gilt auch dann, wenn Vorsatz und Sittenwidrigkeit des Herstellers nicht nachzuweisen sind. Damit widerspricht der Generalanwalt mit seinen Anträgen der bisherigen Rechtsprechung des BGH. Daraufhin hatten auch zahlreiche Gerichte der unteren Instanzen erst einmal die Diesel-Gerichtsverfahren ausgesetzt, um auf den Urteilsspruch des EuGH zu warten.

Was müssen betroffene Dieselkäufer jetzt beachten?

Nach der Entscheidung des EuGH können viele betroffene Dieselfahrzeugkäufer auf Schadensersatz hoffen. Ist im Fahrzeug ein Thermofenster verbaut, so werden die Gerichte diese Tatsache jetzt wohl nicht mehr einfach übergehen können. Wir verstehen den EuGH so, dass es nun die Aufgabe der nationalen Gerichte ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob das verbaute Thermofenster tatsächlich notwendig ist. Die angebliche Motorschonung allein ist nach Aussage des EuGH jedenfalls kein hinreichender Grund. Für betroffene Autokäufer von Fahrzeugen aus dem VW-Konzern ist jetzt wichtig zu wissen, dass zum Jahresende 2022 die dreijährige Verjährungsfrist ablaufen könnte, denn seit etwa 2019 wird in den Medien von Schummelsoftware auch beim EA288-Motor berichtet. Deshalb empfehlen wir unbedingt noch vor Jahresende verjährungshemmende Maßnahmen einzuleiten, wenn die Betroffenen ihren möglichen Schadensersatzanspruch nicht verlieren wollen. Grundsätzlich haben Betroffene im Fall des Obsiegens Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Das heißt, sie erhalten den gezahlten Kaufpreis zurück, müssen sich aber nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung noch einen Nutzungsersatz für die seit Kauf gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Alternativ kann man auch eine pauschale Summe wegen der Wertminderung des Fahrzeugs aufgrund der Dieselproblematik verlangen. Das sind in der Regel 25 % des Kaufpreises. In vielen Fällen ist der Hersteller auch zum Abschluss eines Vergleichs bereit. Dann können die Kunden ihr Fahrzeug auch behalten und erhalten eine pauschale Summe zur freien Verfügung, ohne dass das Gerichtsverfahren aufwendig bis zum Ende geführt werden muss.

Sie haben ein Fahrzeug, das von der Dieselproblematik betroffen ist?

Betroffen sind vor allem VW-, Audi-, Škoda- und Seat-Modelle. Der sicherste Weg zur Verjährungshemmung ist die rechtzeitige Klageerhebung. Dies übernehmen wir gerne für Sie. Gerne können wir auch vorab bei Ihrer Rechtsschutzversicherung eine Deckungsanfrage stellen, damit Sie sicher sein können, dass Sie kein Kostenrisiko haben. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf, entweder telefonisch, per E-Mail oder über das unten stehende Kontaktformular. Wir freuen uns, für Sie Ihre Ansprüche durchsetzen zu können.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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