Mercedes Abgasskandal: BGH-Urteil abgesagt, doch keine Entscheidung zum Thermofenster

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Die lange erwartete Klärung durch den BGH, ob das Mercedes-Thermofenster als illegale Abschalteinrichtung anzusehen ist, findet nun doch nicht statt. Die Klägerin hat ihren Revisionsantrag im letzten Moment zurückgezogen.

Am vergangenen Mittwoch hat der Bundesgerichtshof zum zweiten Mal ein Daimler-Verfahren kurz vor dem angesetzten Termin abgesagt. Überprüft werden sollte ein Urteil des OLG Koblenz, in dem die Richter zugunsten der Stuttgarter entschieden hatten, dass dem Käufer kein Anspruch auf Schadensersatz zustehe. Dagegen hatte die klageführende Partei Revision beim BGH eingelegt, die sie jetzt kurzfristig wieder zurückzog. Somit ergeht vorerst kein höchstrichterliches Urteil in dieser Sache. Aus welchem Grund der Antrag rückgängig gemacht wurde – darüber hüllen sich Mercedes und die Klägerin in Schweigen. Zu vermuten steht, dass man sich mittlerweile großzügig verglichen hat, um einen BGH-Urteilsspruch, der Strahlkraft auf alle noch anhängigen Daimler-Verfahren ausgeübt hätte, zu vermeiden. Mercedes erklärt allerdings auf Nachfrage, dass man nichts „wegverglichen“ und der Entscheidung ganz im Gegenteil mit großer Gelassenheit entgegengeblickt habe. Weshalb die Klägerin einen Rückzieher machte, bleibt somit vorerst ein Geheimnis.

Thermofenster: Motorschutz oder Täuschung der Kunden?

Obwohl die Verwendung eines Thermofensters bisher nicht ganz so eindeutig wie die Betrugssoftware von VW als illegale Abschalteinrichtung klassifiziert werden kann, gibt es allerdings deutliche Hinweise, dass es sich auch beim Erstgenannten um eine Mogelpackung handelt. Das Thermofenster soll zwar laut Hersteller vor allem dem Motorschutz dienen, doch ist unbestreitbar, dass durch dessen Nutzung die Abgaswerte im Test- und im Realbetrieb stark voneinander abweichen. Während auf dem Prüfstand die strengen Euro-Normen problemlos eingehalten werden, sind die Stickoxid-Emissionen draußen auf der Straße um den Faktor 10 und mehr höher. In den USA musste Mercedes deshalb knapp 2 Mrd. Euro an Entschädigungszahlungen leisten, in Deutschland forderte das KBA die Stuttgarter zu mehreren Rückrufaktionen auf. Betroffen sind die Motoren: OM 622, OM 626, OM 642, OM 651 und (neu) OM 607. Verbaut in zahlreichen Modellreihen des Konzerns. Insgesamt reden wir – Stand heute – von 300.000 Daimler-Dieseln in Deutschland (700.000 in Europa), die mit behördlich moniertem Thermofenster unterwegs sind.

Mercedes: Immer neue Enthüllungen zu Schummelmotoren

Es steht zu befürchten, dass die bisher indizierten fünf o.g. OM-Dieselmotoren noch nicht das Ende des Mercedes-Abgasskandals bedeuten, sondern periodisch weitere Enthüllungen zu erwarten sind. Egal, ob Abschalteinrichtung oder Thermofenster: Es handelt sich aus Käufersicht stets um – beim Kauf unbekannte – Manipulationen der Abgasnachbehandlung. Anwälte stufen deshalb auch das Thermofenster als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB ein: Die betroffenen Modelle bewegen sich bloß im Testbetrieb innerhalb der zulässigen Grenzwerte, um so die notwendige Typgenehmigung zu erhalten. Sobald der Diesel auf der Straße ist, erhöht sich die Schadstoffmenge um den Faktor 10. Damit liegt eine bewusste Täuschung des Kunden vor, die diesen wiederum zu Rückabwicklung und Schadensersatz berechtigt. Die Begründung „Motorschutz“ ist fadenscheinig und wird von vielen Gerichten deshalb auch nicht akzeptiert. Weil die Hersteller außer dem fragwürdigen Software-Update freiwillig zu keinerlei weiterer Nachbesserung bereit sind, bleibt dem getäuschten Kunden nur der Weg der Klageerhebung, um zu seinem Recht zu gelangen. Die deutschen Gerichte entscheiden in der Vielzahl der Diesel-Fälle pro Verbraucher. So war es bisher bei VW, und so steht es auch bei Mercedes & Co. zu erwarten.

BGH-Entscheidung zum Mercedes-Abgasskandal auf 2021 vertagt

Die nächste Möglichkeit für eine höchstrichterliche Entscheidung steht nunmehr im März kommenden Jahres im Raum. Für den 9.3.2021 hat der BGH einen Termin in einem weiteren Daimler-Fall angesetzt. Des Weiteren warten wir immer noch die Beurteilung des Europäischen Gerichtshofs in der Causa „Thermofenster“. Beide Urteile würden für mehr Klarheit bei der Einschätzung durch die nachgelagerten Gerichte, bei denen sich mittlerweile zehntausende anhängiger Mercedes-Klagen stapeln, sorgen und sind deshalb dringend notwendig.

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