Europaweiter Blitzmarathon: Geblitzt worden - was nun?

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anwalt.de-Redaktion
  • Wer geblitzt wurde, sollte nicht gleich bei den Behörden nachfragen.
  • In der Regel sendet die zuständige Behörde einen Anhörungsbogen oder Zeugenfragebogen.
  • Die Verjährung eines Geschwindigkeitsverstoßes kann sich aufgrund der Unterbrechnung der Verjährung unterschiedlich gestalten.
  • Die Zahlung der Geldbuße schließt einen noch rechtzeitig möglichen Einspruch nicht aus.
  • Auch ein Fahrverbot kann durch rechtzeitigen Einspruch verhindert werden, erfordert aber gute Gründe, um das Gericht zu überzeugen.

Der Blitzmarathon ist inzwischen ein alljährliches Ereignis. Sollte jemand das Pech haben, geblitzt worden zu sein, möchte er oder sie gerne wissen, wie es weitergeht. Aber auch für die, die es außerhalb des Blitzmarathons erwischt hat und sogar für die, die es nicht erwischt hat, lohnt sich das Weiterlesen.

Bußgeldrechner gibt erste Auskunft

Ein roter Blitz und viele gehen instinktiv vom Gas. Sofort wandert der Blick auf den Tacho. Gedanken kommen auf: Wie viel war man zu schnell? Was kostet das wohl? Gibt es Punkte? Ist gar der Führerschein weg? Antworten auf letztere Fragen gibt unser Bußgeldrechner.

Warten auf Post, nicht nachhaken

Andererseits zweifeln viele, ob der Blitz nicht jemand anderem galt? Bis erste Gewissheit herrscht, heißt es, auf Post zu warten. Vorherige Nachfragen sollte man dabei unterlassen. Sonst bringt man die Behörde mitunter erst auf eine Spur oder belastet sich gar unnötig selbst. Das kann insbesondere für die Verjährung eine Rolle spielen. Die tritt bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung drei Monate nach dem Verstoß ein, solange wegen der Handlung weder ein Bußgeldbescheid ergangen noch Anklage erhoben worden ist. Eine weitere Verfolgung der Ordnungswidrigkeit ist damit ausgeschlossen. Leider ist das nicht automatisch der Fall, wenn drei Monate nach der Kontrolle noch kein Schreiben im Briefkasten gelandet ist. Betroffene sollten aber gerade dann an eine Verjährung denken, wenn jetzt plötzlich doch noch was kommt.

Wann tritt Verjährung ein?

Wenn man nicht angehalten wurde, erhält der Halter des Fahrzeugs voraussichtlich einen Anhörungsbogen oder einen Zeugenfragebogen. Denn bisher ist der Bußgeldstelle nur das von der Polizei übermittelte Kennzeichen bekannt. Der Anhörungsbogen bezeichnet den Halter dabei selbst als Beschuldigten. Einen Zeugenfragebogen schickt die Bußgeldstelle hingegen, wenn sie Zweifel hat, dass es sich bei der Person auf dem Blitzerfoto um den Halter handelt. So etwa, wenn dort eine Frau abgebildet ist, obwohl als Fahrzeughalter ein Mann eingetragen ist oder es sich um ein Firmenfahrzeug handelte, das auf eine juristische Person zugelassen ist. Der Zeugenfragebogen ist für das mögliche Erreichen einer Verjährung in der Regel vorteilhafter, weil er die Ermittlungen verzögert und die Verjährung nicht unterbricht.

Bei Anhörungsbogen läuft Verjährungsfrist von Neuem

Der Anhörungsbogen ist daran zu erkennen, dass er sich insbesondere durch Aussagen wie „… wird Ihnen der Vorwurf gemacht …“ gegen einen selbst richtet. Da sich der Vorwurf dabei aber gegen den Halter richtet, gilt er als Beschuldigter. Als solcher muss er sich nicht selbst belasten. Der Anhörungsbogen stellt insofern eine schriftliche Vernehmung dar, die die Verjährung unterbricht. Das Perfide daran ist: Die dreimonatige Verjährung beginnt bereits dann erneut, wenn der zuständige Sachbearbeiter der Behörde den Versand des Anhörungsbogens angeordnet hat. Er muss dem Betroffenen also gar nicht zugehen. Die Abgabe in den Versand muss allerdings die Behörde beweisen. Beim heute oft eingesetzten automatisierten Verfahren mittels EDV ist dabei das Datum auf dem Anhörungsbogen maßgeblich.

Zeugenfragebogen unterbricht die Verjährung dagegen nicht

Soll der Halter hingegen als Zeuge zum Geschwindigkeitsverstoß Stellung nehmen, läuft die Verjährung weiter. Das ist an Inhalten wie „… wird festgestellt, dass mit Ihrem Fahrzeug …“ zu erkennen. Mehrdeutige Aussagen gehen dabei zulasten der Behörde. Auch eine Mischung aus Anhörungsbogen und Zeugenfragebogen unterbricht die Verjährung nicht (OLG Zweibrücken, Beschluss v. 26.08.2002, Az: 1 Ss 132/02).

Neben dem Anhörungsbogen gibt es eine ganze Reihe weiterer Unterbrechungsgründe. Die zählt abschließend § 33 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) auf. Eine Mehrzahl solcher Unterbrechungen ist dabei möglich. Die ursprüngliche Verjährung kann sich dadurch von drei Monaten auf bis zu zwei Jahre nach dem Verstoß ausdehnen.

Bei ergangenem Bußgeldbescheid auf Zustellung achten

Entscheidend ist dabei letztendlich, wann der Bußgeldbescheid dem Betroffenen zugeht. Denn wie bereits oben erwähnt, kommt es für die Verjährung darauf an, wann der Bußgeldbescheid ergangen ist. Ergangen heißt dabei nicht, dass der Betroffene ihn bereits erhalten hat. Vielmehr ist damit gemeint, dass die Behörde ihn erlässt, also unterzeichnet und in den Versand gibt. Ab diesem Zeitpunkt muss er dann allerdings binnen zwei Wochen dem Betroffenen zugestellt sein, sonst ist es endgültig zu spät.

Und wenn man gleich angehalten wurde?

Wenn jemand direkt angehalten wurde, dann stellt die erste Vernehmung durch die Polizei eine sogenannte Unterbrechung der Verjährung dar. Das heißt, die Verjährung beginnt von Neuem. Weil der Tag des Verstoßes mit dem Tag der Vernehmung zusammenfällt, ändert sich jedoch nichts an den drei Monaten. Bei einem Verstoß am 03.04.2019 ist das für die Verjährung maßgebliche Fristende der Ablauf des 02.07.2019. Und das unabhängig davon, ob es sich bei dem letzten Tag der Verjährungsfrist um einen Sonn-, Feiertag oder sonstigen Tag handelt. Ein danach zugesandter Anhörungsbogen ändert an dieser Verjährungsdauer dann nichts mehr, weil es nur auf die bereits durch die von der Polizei durchgeführte erste Vernehmung ankommt.

                            

Die bloße Zahlung der Geldbuße bedeutet noch kein Einspruchsverzicht. Der Verzicht erfordert stets eine schriftliche Erklärung (OLG Stuttgart, Beschluss v. 16.10.1997, Az.: 1 Ss 505/97). Vorbei ist es allerdings nach Ablauf der Einspruchsfrist gegen den Bußgeldbescheid von 14 Kalendertagen nach dessen Erhalt.

Wann droht mir ein Fahrtenbuch?

Ein Fahrtenbuch droht dem Fahrzeughalter, wenn sich der Fahrer auf einem Bild nicht feststellen lässt, weil das Gesicht beispielsweise verdeckt ist. Grund dafür ist, dass es in Deutschland keine Halterhaftung gibt. Das heißt, eine Strafe darf nur gegen den verhängt werden, der den Verstoß persönlich begangen hat. Eine Fahrtenbuchauflage dient dazu, bei künftigen Verstößen eine Feststellung zu erleichtern. Dass sie gleich beim ersten Verkehrsverstoß erfolgt, ist meist nur der Fall, wenn der Verkehrsverstoß einigermaßen schwer war.

Zunächst müssen aber erst alle angemessenen Ermittlungsmaßnahmen von der Behörde ergriffen worden sein. Entscheidend ist zudem, dass der Halter dabei so weit wie möglich und zumutbar mitgeholfen hat, den Fahrer zu ermitteln. So sollte er einen bekannten Fahrer benennen oder zumindest den Täterkreis eingrenzen, wenn er ein Fahrtenbuch vermeiden will. Unter Umständen sind auch Nachfragen im Bekanntenkreis nachzuweisen. Ein Zeugnisverweigerungsrecht, weil etwa ein naher Angehöriger hinter dem Steuer saß, ist dabei kein Grund, der gegen eine Fahrtenbuchauflage spricht (VG Gelsenkirchen, Urteil v. 21.03.2012, Az.: 14 K 3097/11).

Gibt es Ausnahmen vom Fahrverbot?

Wer seinen Führerschein braucht, fürchtet in der Regel ein Fahrverbot mehr als das mitverhängte Bußgeld. Wie lange das Fahrverbot dauert, steht im Bußgeldbescheid. Dabei ist an die Einspruchsfrist zu denken, sonst kommt die Hilfe zu spät. Um das Fahrverbot herumzukommen, erfordert gute Gründe. Ohne Anwalt gelingt es in der Regel kaum, die Gerichte zu überzeugen. In jedem Einzelfall wird genau abgewogen. Folgendes steht dabei meist im Mittelpunkt einer Verhandlung:

  • Berufliche Gründe, gerade wenn ohne Fahrmöglichkeit eine Existenzbedrohung vorliegt
  • Persönliche Gründe, wie etwa eine Schwerbehinderung
  • Augenblicksversagen, also eine leicht fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung

Sollte es mit der Vermeidung des Fahrverbots klappen, muss man mit einer Erhöhung des Bußgelds rechnen. Gerade auch, um den Eindruck eines Freikaufens vom Fahrverbot zu vermeiden, ist die Rechtsprechung bei der Frage eines Fahrverbotsverzichts jedoch streng.                

Drohendes Fahrverbot wegen zu schnellen Fahrens?

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Ein Anwalt wird in solchen Fällen natürlich auch nach anderen Angriffspunkten suchen. Einer davon sind mögliche Fehler bei der Geschwindigkeitsmessung. Selbst lang verwendete Messmethoden wie Radar und Lichtschranke sind nicht immer fehlerfrei. Hinzukommt immer noch der Faktor Mensch. Die nachträgliche Überprüfung von Geschwindigkeitsmessungen auf ihre Richtigkeit war dabei zuletzt 2013 Hauptthema auf dem Verkehrsgerichtstag.

Weitere Informationen zu Geschwindigkeitskontrollen und insbesondere einigen Blitzer-Mythen finden Sie darüber hinaus in diesem Rechtstipp.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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